Der österreichische Tennisspieler Dominic Thiem
AP/Bernat Armangue
Tennis

Thiem nach Kraftakt im Madrid-Halbfinale

Dominic Thiem steht nach einem Kraftakt im Halbfinale des ATP-1000-Turniers von Madrid. Der als Nummer drei gesetzte Niederösterreicher bezwang am Freitag im Viertelfinale den US-Amerikaner John Isner nach Satzrückstand mit 3:6 6:3 6:4 und trifft am Samstag (16.00 Uhr MESZ) im Duell um den Finaleinzug auf Alexander Zverev, der Rafael Nadal überraschend glatt in zwei Sätzen schlug.

Eineinhalb Sätze wurde der Österreicher von dem US-Aufschlagspezialisten regelrecht an die Wand gespielt. Die knallharten Aufschläge Isners, aber auch dessen nicht weniger scharfe Returns stellten Thiem lange vor unlösbare Aufgaben. Wie so oft bei Spielen von Thiem, kam der Weltranglistenvierte aus Niederösterreich jedoch mit Fortdauer des Matches auf Betriebstemperatur, übernahm Schlag für Schlag die Führung und wendete schließlich das Spielglück zu seinen Gunsten.

„Ich war auch von seiner Return-Leistung überrascht“, meinte der österreichische US-Open-Sieger von 2020 in seiner Analyse der 1:55 Stunden dauernden Partie über den Auftritt von Isner. „Ich habe bis Mitte zweiter Satz gebraucht, mich darauf einzustellen. Man ist gegen ihn auch bei eigenem Aufschlag gefordert, deshalb war ich zu Beginn angespannt. Dann habe ich mich besser auf sein Spiel und Aufschlag eingestellt, und das Match ist gekippt.“

Thiem im Madrid-Semifinale

Dominic Thiem steht beim ATP-1000-Turnier in Madrid im Halbfinale. Der Weltranglistenvierte besiegt den Aufschlagspezialisten John Isner in drei Sätzen. Im Kampf um das Finalticket trifft er auf Alexander Zverev.

Ist Thiem bereit für die „Kapazunder“?

Thiem war jedenfalls über seine starke Leistung nach seiner Wettkampfpause erfreut. Seit 16. März hatte der Österreicher keine ATP-Partie mehr bestritten und beim Training in der Heimat wieder Kräfte gesammelt. „Das Halbfinale hier ist absolut sensationell“, meinte Thiem nach dem Match. „Das hätte ich mir so nicht erwartet.“

Dominic Thiem beim Return gegen John Isner
AP/Bernat Armangue
Lange Zeit musste Thiem an seine Grenzen gehen, um dem Spiel Isners Paroli bieten zu können

„Ich bin schon so gespannt auf mein Halbfinale, auf das ich mich freue. Aber beide Gegner sind eine andere Liga, und ich bin gespannt, ob ich schon bereit bin für solche Kapazunder“, meinte der Österreicher, noch bevor sein Kontrahent um den Einzug ins Finale feststand. Im Halbfinale wartet Alexander Zverev auf Thiem und wird es dem Österreicher nicht leicht machen.

Denn der als Nummer fünf gesetzte Deutsche beherrschte gegen Sandplatzkönig und Lokalmatador Nadal klar das Geschehen und gewann souverän in 1:44 Stunden 6:4 6:4. „Das war sicher einer meiner besten Siege. Aber am Samstag erwartet mich ein Dominic Thiem, der speziell auf diesem Belag sehr stark spielt“, meinte Zverev. „Ich bin sicher nicht Favorit. Unsere letzten Duelle gingen am Ende immer irgendwie in seine Richtung.“

Isner dominiert Thiem

Bereits vor dem Viertelfinale hatte Thiem vor den Qualitäten Isners als exzellenten Aufschlag- und sehr guten Return-Spielers, die in der Höhenlage von Madrid (667 Meter, und damit nur rund 100 Höhenmeter niedriger als zum Beispiel Kitzbühel) besonders zum Tragen kommen, gewarnt, und er sollte Recht behalten.

Wie schon im Achtelfinale gegen Alex De Minaur lieferte Thiem auch gegen Isner einen Fehlstart ab. Gegen den 2,08 Meter großen Isner war dieser Nachteil jedoch noch gravierender als gegen den australischen Return-Spieler. Nach zehn Minuten stand es 3:0 für den US-Amerikaner. Der Österreicher fand nur langsam in die Partie und konnte mit Mühe das 0:4 nach 14 Minuten verhindern.

US-Tennisspieler John Isner
Reuters/Sergio Perez
Isner stellte Thiem mit seinen präzisen und harten Schlägen immer wieder vor große Probleme

Erster Satz für Thiem nicht zu retten

Isner ließ im Offensivspiel keine Schwächen erkennen und dominierte wie erwartet mit seinem Service, das mit bis zu 226 km/h über das Netz zischte, die Partie. 89 Asse hatte die Nummer 39 der ATP-Weltrangliste bisher in seinen drei Partien in Madrid geschlagen, Thiem in zwei Spielen zum Vergleich neun.

Gegen Thiem ging es für Isner munter in dieser Tonart weiter. Der Österreicher schlug zwar seinerseits im Verlauf des Matches besser auf, der erste Satz war jedoch nicht mehr zu retten. Isner donnerte sein siebentes As übers Netz und holte damit nach 31 Minuten den ersten Satz mit 6:3.

Die Wende im zweiten Satz

Es war aber nicht nur das Service von Isner, das das Spiel im Manolo-Santana-Stadion prägte, sondern auch die gewaltigen Punktschläge des Amerikaners. Beim 1:1 im zweiten Satz lautete die Bilanz 18:3-Winner für Isner. Im fünften Game des zweiten Satzes wackelte Thiem, fiel aber nicht. Nach 10:21 Minuten und vier Breakchancen für Isner holte sich der Österreicher doch noch den Punkt zum 3:2.

Thiem war in Fahrt gekommen und schnappte sich auch gleich noch zu null das Break zum 4:2. Mit dem Bestätigen des Breaks hatte er jedoch im Anschluss Mühe, schaffte aber nach 40:0 doch noch das 5:2 und setzte damit den Kurs Richtung Dritter Satz. Nach 1:13 Stunden verwertete Österreichs Nummer eins seine erste Chance auf den Gewinn des zweiten Durchgangs.

„Breaktime“: Ein Zuschauer als Prophet

212, 208 und 203: Diese Zahlen stellen die Durchschnittsgeschwindigkeit der Aufschläge Isners in den Sätzen eins bis drei dar. Der US-Amerikaner baute leicht, aber stetig ab. Auch deshalb war Thiem in diesem Aufeinandertreffen nicht mehr nur Passagier in den Ballwechseln, sondern bestimmte das Tempo, vor allem bei eigenem Aufschlag.

Als beim Stand von 4:4 ein Zuschauer „Breaktime“ über den Platz rief, sollte sich diese Prognose prompt bewahrheiten. Thiem ließ nicht mehr locker, Isner verließen sichtbar die Kräfte, und der Österreicher holte sich nicht nur das Break zum 5:4, sondern servierte nach 1:55 Stunden auch zum Matchgewinn aus.

Für Thiem ist es im sechsten Antreten in der spanischen Hauptstadt sein viertes Semifinale in Folge. 2017 und 2018 kam er bis ins Finale (Niederlagen gegen Rafael Nadal/ESP bzw. Alexander Zverev/GER), 2019 unterlag er im Halbfinale Novak Djokovic (SRB). 2020 fiel das Turnier aufgrund der Coronavirus-Pandemie aus.

ATP-1000-Turnier in Madrid

Halbfinale:
Alexander Zverev (GER/5) Dominic Thiem (AUT/3) 6:3 6:4
Matteo Berrettini (ITA/8) Casper Ruud (NOR) 6:4 6:4
Viertelfinal-Tableau:
Alexander Zverev (GER/5) Rafael Nadal (ESP/1) 6:4 6:4
Dominic Thiem (AUT/3) John Isner (USA) 3:6 6:3 6:4
Casper Ruud (NOR) Alexander Bublik (KAZ) 7:5 6:1
Matteo Berrettini (ITA/8) Cristian Garin (CHI/16) 5:7 6:3 6:0