Der deutsche Chelsea-Trainer Thomas Tuchel feiert mit seinen Spielern den CL-Sieg
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Champions League

Chelsea zeigt ManCity in Finale Grenzen auf

Dreimal in den vergangenen sechs Wochen traf Chelsea auf Manchester City, dreimal waren die „Blues“ der Sieger. Am Samstag setzte sich die Auswahl von Trainer Thomas Tuchel nun auch im wohl wichtigsten Duell, nämlich im rein englischen Champions-League-Finale in Porto, durch. „Wir sind der Stein im Schuh von City“, jubelte der 47-jährige Deutsche.

Das Finale der UEFA-Königsklasse gewann Chelsea dank eines Treffers von Kai Havertz in der 42. Minute 1:0. „Für mich geht ein Kindheitstraum in Erfüllung“, sagte der 21-Jährige. Im Überschwang der Gefühle benutzte der deutsche Teamspieler in seinen auf Englisch geführten Interviews mitunter die Wörter „Fuck“ und „Fucking“. „Entschuldigung fürs Fluchen“, schrieb er später auf Twitter.

„Wir warten auf die Chance. Wenn wir in Führung gehen können, dann gehen wir zum dritten Mal in Führung in den letzten drei Spielen. Dann sind wir in den Köpfen drinnen“, erklärte Tuchel. In der zweiten Hälfte parkten sich die Londoner um den überragenden N’Golo Kante in der eigenen Hälfte ein und verhinderten hochkonzentriert und effizient ein Gegentor. Tuchel: „Dann wird es eine Abwehrschlacht, das ist klar. Das war es dann auch.“

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Pep Guardiola und Thomas Tuchel
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Für City-Coach Josep Guardiola ging es um den insgesamt dritten CL-Titel seiner Karriere, Chelsea-Trainer Thomas Tuchel hoffte auf seine Premiere
Pyrotechnik vor dem Spiel
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Im Estadio do Dragao in Porto durften 14.100 Fans das Finale mitverfolgen und wurden mit einer feinen Eröffnungsshow auf die Partie eingestimmt
Chelsea-Fans
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Die mitgereisten Chelsea-Fans genossen jedenfalls die Stimmung im Stadion, nachdem sie monatelang die Spiele ihres Clubs nur vor dem TV sehen konnten
Timo Werner
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Chelsea-Stürmer Timo Werner hatte in der ersten Hälfte zwei sehr gute Torchancen, konnte aber im Abschluss nicht überzeugen
Antonio Rüdiger und Phil Foden
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Manchester City kam in der ersten Hälfte nur zu wenigen Chancen. Wurde es einmal gefährlich, waren die Chelsea-Verteidiger – hier Antonio Rüdiger – zur Stelle
Kai Havertz
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Nach einem genialen Lochpass von Mason Mount ließ sich Kai Havertz auch vom herauseilenden City-Goalie Ederson nicht stoppen und traf zur 1:0-Führung für Chelsea (42.)
Kevin De Bruyne
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Nach einem Zusammenprall mit Chelsea-Spieler Rüdiger war für den benommenen und enttäuschten City-Kapitän Kevin de Bruyne die Partie in der 59. Minute vorbei
John Stones, Raheem Sterling und Ruben Dias
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Nach einem vermeintlichen Handspiel von Reece James protestierten die City-Spieler vergeblich beim spanischen Referee Antonio Mateu Lahoz (60.). Auch der VAR sah übrigens kein Vergehen.
Christian Pulisic vergibt Chance
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Der für Timo Werner eingewechselte Christian Pulisic vergab für Chelsea die große Chance zur Vorentscheidung und schoss am langen Eck vorbei (73.)
Fernandinho und Jorginho
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Manchester City hatte nach der Pause zwar wesentlich mehr Ballbesitz, fand aber keine Lücke in der Chelsea-Abwehr
Chelsea-Spieler jubeln
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Nach dem Schlusspfiff brachen bei den Chelsea-Spielern alle Dämme, der Jubel des Überraschungssiegers war grenzenlos
Chelsea-Spieler jubeln mit CL-Pokal
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Als Lohn für die Bemühungen präsentierten die Chelsea-Spieler voller Stolz die Champions-League-Trophäe

„Wenn ich darüber nachdenke, fange ich an zu weinen“

Im Moment seines bisher größten Triumphs fühlte sich der Trainer wie „in einem Film“ und wollte sein ganzes Glück mit seiner Familie teilen. „Wenn ich darüber nachdenke, fange ich an zu weinen“, sagte Tuchel sichtlich aufgewühlt. Seine Eltern, Ehefrau Sissi und die beiden Töchter erlebten die intensive, wenngleich von Abwehrleistungen geprägte Partie im Stadion mit. „Ich weiß, wie sehr die sich freuen, für die ist es jetzt.“

Josep Guardiola hatte mit seiner Aufstellung viele überrascht, weil er auf einen gestandenen Sechser – einer aus dem Duo Rodri oder Fernandinho hatte beinahe jedes Spiel in der Saison begonnen – verzichtete, stattdessen Ilkay Gündogan und Bernardo Silva im Zentrum aufbot. Im Mittelfeld fehlte dadurch manchmal die Absicherung. Den Treffer von Havertz konnte Mason Mount aus der eigenen Hälfte mit einem durch die Mitte des Feldes geschlagenen Pass vorbereiten.

Dritter deutscher Trainertriumph in Folge

Nach Jürgen Klopp 2019 mit Liverpool und Hansi Flick 2020 mit dem FC Bayern war Thomas Tuchel der dritte deutsche Coach nacheinander, der sein Team zum Champions-League-Sieg führte. Durch den Triumph des Chelsea-Trainers haben nun insgesamt fünf Deutsche das geschafft: Ottmar Hitzfeld gelang es 1997 mit Borussia Dortmund und 2001 mit den Bayern, Jupp Heynckes 1998 mit Real Madrid und 2013 mit den Münchnern.

Dass der ehemalige Mainz- und Dortmund-Trainer Chelsea „passierte“, ist vor allem dem Russen Roman Abramowitsch zu verdanken. Der Eigentümer erkannte ziemlich schnell die Chance, nachdem Tuchel bei Paris Saint-Germain kurz vor Weihnachten vor die Türe gesetzt worden war. Ein schlechter Lauf in der Premier League kostete Clubikone Frank Lampard im Jänner seinen Trainerjob – und hievte Tuchel ins Amt. Dass er damit den Widerstand der Fans provozierte, kümmerte Abramowitsch wenig. Der Erfolg gibt ihm letztlich recht, wiewohl die nun erfolgreiche Mannschaft vor allem von Lampard zusammengestellt wurde. Tuchel habe jedoch „einen sehr großen Anteil“ am Aufschwung der „Blues“, versicherte Abwehrspieler Antonio Rüdiger.

Möglicherweise könnte der Heilsbringer für den Champions-League-Erfolg schon bald mit einem neuen Arbeitspapier belohnt werden. „Ich bin nicht zu 100 Prozent sicher, vielleicht habe ich bereits einen neuen Vertrag, mein Manager hat da was gesagt“, berichtete Tuchel bestens aufgelegt bei der Pressekonferenz. Der Schwabe hatte zu Jahresbeginn einen Vertrag über 18 Monate mit Option auf ein weiteres Jahr unterschrieben. Noch auf dem Rasen des Estadio do Dragao in Porto habe er mit Abramowitsch gesprochen, verriet er. „Ich denke, das war der beste Moment für ein erstes Treffen. Von jetzt kann es ja nur schlechter werden.“