Dabei hatte sich Thiem nach seinem Auftakt-Aus beim Turnier in Lyon gegen den Briten Cameron Norrie wieder gut gefühlt und in den letzten Tagen vor Paris wieder sehr gut trainiert. „Es war heute, wie auch in Lyon, einfach alles nicht gut genug. Es haben in allen Teilen von meinem Spiel einige Prozent gefehlt. Vorhand Katastrophe, Rückhand Katastrophe, alles verkrampft, nicht locker genug. Erster Aufschlag zu verkrampft, somit fehlt das Percentage, und es fehlen ein paar km/h“, analysierte Thiem gegenüber der APA.
Generell habe er viel zu defensiv gespielt. „Ich bin da in richtig schlechte Muster zurückgefallen heute“, erklärte der 27-Jährige. Gegen Andujar habe er an diesem Tag nicht sein wirkliches Selbst zeigen können. „Das war nicht die Version von mir, die imstande ist, um große Titel zu spielen“, sagte Thiem, der beim achten Antreten in Roland Garros erstmals in Runde eins gescheitert ist. Zuletzt war er bei den US Open 2019 bei einem der Majors gleich ausgeschieden.
Leichtfertig vergebener Breakball „ein Desaster“
Dabei begann die Partie programmgemäß. Thiem glänzte nicht, konnte aber die ersten zwei Sätze relativ sicher für sich entscheiden. Mit einem unnötigen Aufschlagverlust Ende des dritten Satzes wendete sich die Partie zugunsten des Spaniers. Während der Weltranglisten-68. immer konstanter wurde, wurde Thiem immer fehleranfälliger. „Dass das in Paris so passiert, ist schockierend für mich. Ich war so weit weg von dem, wie ich spielen kann“, haderte der Österreicher.
Thiem über Paris-Aus enttäuscht
Erstmals in seiner Karriere war für Dominic Thiem bei den French Open in Paris bereits in Runde eins Endstation. Entsprechend große war die Enttäuschung beim Weltranglistenvierten.
Obwohl frustriert, wollte sich Thiem im fünften Satz noch einmal aufbäumen. Der Österreicher hatte sogar die Chance, die Weichen auf Sieg zu stellen. Beim Stand von 2:1 erspielte er sich einen Breakball, vergab ihn aber leichtfertig. „Das war ein Spiegelbild der ganzen Leistung. Einen Return mit der Vorhand bei einem langsamen zweiten Aufschlag ins Out zu spielen, ist auf dem Level ein Desaster. Das darf in dieser Situation nie und nimmer passieren“, ärgerte sich der 27-Jährige.
Weitere Saisonplanung offen
Während Andujar nach seinem ersten Sieg über einen Top-Fünf-Spieler positiv schockiert war, setzte sich Thiems durchwachsene Saison fort. Der Österreicher war als Vorjahresfinalist bei den Australian Open im Achtelfinale ausgeschieden und ohne Turniersieg sowie nur einer 9:7-Siegesbilanz nach Paris gekommen. Wie es nun mit Thiem weitergeht bzw. wann er in die Rasensaison einsteigt, weiß er selbst noch nicht. „Ich habe noch keine Ahnung, muss überlegen wegen der Rasensaison. Dann werde ich entscheiden, ob ich die vielleicht früher angehe. Jetzt muss ich mal kurz die Niederlage verdauen.“
Seit dem Triumph bei den US Open am 13. September 2020 läuft es für Thiem nicht rund. Auch anderen Tennisgrößen in der Vergangenheit wie etwa Pete Sampras oder Mats Wilander war es nach großen Erfolgen so gegangen. Das große Ziel erreicht, folgte ein Durchhänger. „Ich glaube, dass Novak (Djokovic) auf einem anderen Level nach seinem Sieg hier 2016 auch Schwierigkeiten hatte. Es ist großartig, so ein großes Ziel zu erreichen, aber gleichzeitig ist danach etwas anders. Es ist ein Lernprozess. Trotz der Niederlage, die sehr wehtut, hoffe ich, dass ich stärker als vorher zurückkommen kann“, meinte Thiem.
„Ich suche noch nach einem Rezept“
Was er braucht, sind Matches, und natürlich Siege zur Steigerung seines Selbstvertrauens. Da spiele es gar keine Rolle, dass Thiem schon länger keine direkten Duelle mit Top-Ten-Spielern mehr gehabt hat. „Vor Indian Wells 2019 habe ich auch eine richtig lange Zeit gegen keine Top-Ten-Spieler gespielt und dann bin ich richtig stark zurückgekommen. Das ist mir jetzt nicht gelungen. Ich suche noch nach einem Rezept.“
Sein Weg zurück? „Eine Mischung aus viel Training und auch Matches, damit ich wieder an meine Bestform rankommen kann.“ Dass nun die Rasensaison ansteht, mag nicht unbedingt hilfreich sein. Allerdings hatten in den vergangenen Jahren die so erfolgreichen French-Open-Auftritte ein gewisses Durchatmen in der kurzen Rasensaison erfordert.
Dass Thiem aber auf Gras auch ausgezeichnet spielen kann, hat er schon bewiesen: 2016 holte er in Stuttgart als bis dato einziger Österreicher einen ATP-Rasen-Titel, 2017 hätte es in Wimbledon noch weiter als bis ins Achtelfinale gehen können. Damals scheiterte er in der Runde der letzten 16 knapp in fünf Sets an Tomas Berdych. Für das Turnier in Stuttgart, das dieses Jahr wegen der Coronavirus-Pandemie in der zweiten French-Open-Woche stattfindet, hatte Thiem nicht genannt. Möglicherweise ändert er nun seine Meinung.