Ukraine-Trainer Andrij Tschewtschenko
AP/Efrem Lukatsky
Fußball-EM

Bei den Ukrainern ist der Trainer der Star

Auf dem Weg zur EM hat die Ukraine sogar den Europameister hinter sich gelassen. Unter der Regentschaft von Fußballlegende Andrij Schewtschenko spielten die Osteuropäer eine souveräne Qualifikation und wurden ungeschlagener Gruppensieger – noch vor Cristiano Ronaldos Portugiesen. In der EM-Gruppe C bekommt es die Ukraine mit den Niederlanden, Nordmazedonien und Österreich zu tun. Erklärtes Ziel ist der Einzug ins Achtelfinale.

„Ich denke, wir haben gute Chancen, den Aufstieg zu schaffen“, meinte Schewtschenko nach der Auslosung. Mit dem 44-Jährigen sitzt der Star des Teams auf der Bank. Der ehemalige Stürmer von AC Milan und Gewinner des Ballon d’Or (2004) machte in seiner Karriere als Trainer keine Umwege. Im Februar 2016 wurde Schewtschenko Kotrainer der Nationalmannschaft, wenige Monate später wurde er zum Chefcoach befördert, nachdem sich die Ukraine bei der EM 2016 schon nach der Gruppenphase mit drei Niederlagen verabschiedet hatte.

Die WM 2018 in Russland verpassten die „Schowto-Sini“ ("Gelb-Blauen“), der schon bei seiner Bestellung umstrittene Schewtschenko musste sich wachsender Kritik stellen.

Nach verpasster WM 2018 im Aufwind

Danach legten die Ukrainer aber einen Lauf hin. Sechs Siege und zwei Remis schrieben sie in der EM-Qualifikation an. Aufsehen erregte auch das 1:0 gegen Spanien in der UEFA Nations League im Oktober des Vorjahres. Eine Woche davor war die nach einigen Coronavirus-Fällen stark ersatzgeschwächte Mannschaft Weltmeister Frankreich in einem Freundschaftsspiel noch mit 1:7 unterlegen gewesen. In der laufenden WM-Qualifikation hält die Ukraine nach drei Unentschieden in drei Spielen Platz zwei hinter den „Bleus“.

Was auffällt: Die Mannschaft schießt wenige Tore, bekommt aber auch kaum welche. 17:4 lautete das Torverhältnis nach acht Spielen in der EM-Qualifikation. Bester Torschütze war Roman Jaremtschuk mit vier Treffern. Ein würdiger Nachfolger Schewtschenkos ist der Stürmer vom belgischen Club KAA Gent aber nur bedingt.

Ukraine-Stürmer Roman Jaremtschuk schießt Tor
Reuters/Gleb Garanich
Verlässlichster Torschütze der Ukrainer ist aktuell Roman Jaremtschuk

Der Teamchef setzt auf eine kompakte Einheit – und italienische Hilfe. Mit den Assistenten Mauro Tassotti und Andrea Maldera ist ein Grund für die defensive Stabilität womöglich gefunden. Die namhaftesten Akteure sind im Mittelfeld zu finden. Ruslan Malinowskyj ist beim Serie-A-Spitzenclub Atalanta Bergamo gesetzt, Oleksandr Sintschenko spielt bei Englands Meister Manchester City. Ein Problem ergibt sich bei Starspieler Andrij Jarmolenko: Der Stürmer von West Ham United hat nach einem Bänderriss im Knie im Frühjahr kaum gespielt.

Probleme in der Ukraine belasten auch den Fußball

Abseits der acht Legionäre stellen die heimischen Aushängeschilder Dynamo Kiew und Schachtar Donezk mit gemeinsam 17 Spielern einen Großteil des 26-Mann-Kaders. Die internationalen Erfolge der beiden Clubs übertünchen freilich die Probleme in der Heimat. In der ehemaligen Sowjetrepublik hat der seit 2014 laufende bewaffnete Konflikt mit Russland auch im Fußball Spuren hinterlassen.

Mehr als 20 Clubs wurden wegen finanzieller Probleme aufgelöst. Prominente Namen sind Dnipro Dnipropetrowsk und Metalist Charkiw. Dnipro stand 2015 noch im Finale der Europa League, nachdem die Unterstützung des Oligarchen Ihor Kolomojskyj weniger wurde, erfolgte nach Zwangsabstiegen 2019 das endgültige Aus. Metalist schlitterte nach dem Abgang von Eigentümer Serhij Kurtschenko, der sich nach Moskau abgesetzt haben soll, ebenfalls in den Konkurs.

Schachtar trägt seine Heimspiele seit 2016 in Charkiw aus. Davor war das mehr als 1.000 km westlich von Donezk gelegene Lwiw zwei Jahre lang Heimstätte des Clubs aus der schwer umkämpften Ostukraine. Über Wasser halten Schachtar die Millionen des reichsten Ukrainers, Rinat Achmetow. Auch der Oligarch soll im Zuge des Kriegs Milliarden verloren haben, sein Vermögen wuchs inzwischen laut „Forbes“ aber wieder auf 7,5 Milliarden Dollar an. Die erste ukrainische Liga umfasst aktuell 14 Clubs, nachdem sie zwischenzeitlich von 16 auf zwölf reduziert wurde. Ein Aufschwung ist dennoch kaum in Sicht.

EM-Aufgebot der Ukraine

Tor: Georgi Buschtschan (Dynamo Kiew), Andrij Pjatow (Schachtar Donezk), Anatoliy Trubin (Schachtar Donezk)

Abwehr: Eduard Sobol (FC Brügge/BEL), Sergej Kriwzow (Schachtar Donezk), Ilja Sabarny (Dynamo Kiew), Witali Mykolenko (Dynamo Kiew), Olkesandr Sintschenko (Manchester City/ENG), Alexander Karawajew (Dynamo Kiew), Nikolai Matwienko (Schachtar Donezk), Alexander Tymtschik (Dynamo Kiew), Denis Popow (Dynamo Kiew)

Mittelfeld: Georgij Sudakow (Schachtar Donezk), Sergej Sidortschuk (Dynamo Kiew), Taras Stepanenko (Schachtar Donezk), Ruslan Malinowskyj (Atalanta Bergamo/ITA), Nikolaj Schaparenko (Dynamo Kiew), Marlos (Schachtar Donezk), Jewgeni Makarenko (Kortrijk/BEL), Wiktor Zygankow (Dynamo Kiew), Roman Besus (KAA Gent/BEL)

Angriff: Andrej Jarmolenko (West Ham United/ENG), Roman Jaremtschuk (KAA Gent/BEL), Artjom Bessedin (Dynamo Kiew), Oleksandr Subkow (Ferencvaros/HUN), Artem Dowbyk (SC Dnipro-1)

Trainer: Andrij Schewtschenko

Länderspielbilanz Österreich – Ukraine

2 Spiele – 1 Sieg und 1 Niederlage – Torverhältnis 4:4

  • 15.11.2011, Lwiw (Freundschaftsspiel): Ukraine – Österreich 2:1
  • 01.06.2012, Innsbruck (Freundschaftsspiel): Österreich – Ukraine 3:2