Peter Schröcksnadel
GEPA/Daniel Goetzhaber
Wintersport

Schröcksnadel geht „ohne Wehmut“

Mit dem Amtsantritt von Karl Schmidhofer, der am Samstag bei der Länderkonferenz in Villach einstimmig gewählt worden war, ist die Ära von Peter Schröcksnadel offiziell zu Ende gegangen. In 31 Jahren als Präsident des österreichischen Skiverbands (ÖSV) prägte Schröcksnadel den heimischen Wintersport wesentlich mit. Wenige Wochen vor seinem 80. Geburtstag räumte der Tiroler die Bühne des Skiverbandes. Damit geht die Laufbahn eines der einflussreichsten und bemerkenswertesten Sportfunktionäre zu Ende. Er gehe aber ohne Wehmut, betonte Schröcksnadel.

Der 59-jährige Steirer Schmidhofer wurde einstimmig und ohne Enthaltungen zum neuen Präsidenten gewählt. Bestätigt als Vizepräsidenten wurden Roswitha Stadlober (S), Alfons Schranz (T) und Kurt Steinkogler (OÖ), neu sind Hermann Nagiller (T) und Clauda Strobl-Traninger (K). Dazu kommt ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer als beratender Teil des Präsidiums ohne Stimmrecht.

Schröcksnadel wurde mit stehenden Ovationen der Länderkonferenz-Mitglieder verabschiedet. In die einzigartig erfolgreiche Ära des Tirolers fielen alleine in olympischen Sportarten (ohne Paraski) 1.288 Weltcup-Siege sowie 114 Olympia- und 295 WM-Medaillen. 29 der 30 zwischen 1989/90 und 2018/19 in Folge gewonnen Alpin-Nationencups sowie 24 Gesamtweltcup-Siege wurden in der Epoche des Tirolers geholt.

Schröcksnadel übergibt an Schmidhofer

Karl Schmidhofer ist wie erwartet einstimmig als neuer Präsident des Österreichischen Skiverbandes bestätigt worden. Damit kehrt nach den Streitigkeiten um die Nachfolge von Langzeitpräsident Peter Schröcksnadel wieder Ruhe im ÖSV ein.

Insgesamt 19 Großveranstaltungen wurden ab 1990 unter dem Innsbrucker durchgeführt, darunter drei Alpin-Weltmeisterschaften in Saalbach (1991), St. Anton (2001) und Schladming (2013). Die nächste 2025 in Saalbach-Hinterglemm verfolgt Schröcksnadel als Privatier.

Peter Schröcksnadel, Schladming 2013
GEPA/Wolfgang Grebien
Mit der WM in Schladming erfüllte sich Schröcksnadel noch einen Traum

„Übergebe wertvollen Verband“

„Ich übergebe einen sehr wertvollen Verband, der finanziell gut dasteht, organisatorisch super und sportlich sehr, sehr gut ist“, gab er sich von seiner gelungenen Arbeit überzeugt, ehe er in Villach die Agenden an Schmidhofer übergab.

Die umkämpfte Nominierung seines Nachfolgers hätte Schröcksnadels „Lebenswerk“ fast nachhaltig beschädigt, denn der Findungsprozess lief alles andere als rund und nicht wirklich nach den Vorstellungen Schröcksnadels. Dennoch versprach der Langzeitchef letztlich eine geordnete Übergabe sowie gute Zusammenarbeit in seiner Position als Vorstandsmitglied in der FIS. Er werde sich nicht einmischen, für Rat und Tat aber stets zur Stelle sein.

Unabhängigkeit als Erfolgsfaktor

Der Tiroler war ein Wegbereiter. Denn als er 1990 mitten in den Erfolgsjahren einer Petra Kronberger (derzeit Frauen-Beauftragte im ÖSV) den Job, „den damals keiner haben wollte“, antrat, war der ÖSV ein Sportverein am Gängelband von Politik und Skiindustrie.

Heute ist Ski Austria ein erfolgreiches Millionenunternehmen samt Kapitalgesellschaften und ein Aushängeschild für Wintersport und Tourismus. Den Skisport unabhängig sowie frei von politischen Einflüssen zu halten sei eines seiner Erfolgsrezepte gewesen, so Schröcksnadel. Es ist etwas, was er auch seinem Nachfolger empfiehlt.

Umtriebig schon in jungen Jahren

Der Grund, dass Schröcksnadel ein gutes Händchen für Geschäfte hat, dürfte in seiner Kindheit liegen. Schon mit 15 Jahren musste der am 30. Juli 1941 in Innsbruck geborene und dort aufgewachsene Tiroler für sich selbst aufkommen.

Nach der HAK-Matura 1959 brach der damals in den Bergen mit Lawinensuche umtriebige 23-Jährige sein Jus-Studium ab, weil ihm ein Werbefachmann die Idee mit Skipistenmarkierungen samt Werbung schmackhaft gemacht hatte.

„Ich wollte nie reich werden“

Daraus entstanden jene mittlerweile weltweit mit touristischen Informationssystemen tätigen Unternehmen Sitour und Feratel, die Schröcksnadel finanziell so unabhängig machten, dass er den ÖSV ehrenamtlich führen konnte.

Skigebiete, Bergbahnen und Hotels im In- und Ausland zu kaufen und zu sanieren ist ein weiteres Standbein des Tirolers. „Ich wollte nie reich werden, sondern nur nicht pleitegehen“, beschrieb er kürzlich seine Strategie sowohl für sich selbst als auch anfangs den Verband.

In guten und in schlechten Zeiten

Sportlich ragten in seiner Ära wohl die Erfolge von Ausnahmeerscheinungen wie Felix Gottwald, Thomas Morgenstern, Gregor Schlierenzauer, Hermann Maier sowie zuletzt vor allem Marcel Hirscher aus der Athletenschar heraus. Selbst bekannte sich Schröcksnadel stets dazu, im Herzen ein „Alpiner“ zu sein.

Peter Schröcksnadel und Hermann Maier, 2005
GEPA/Franz Pammer
Schröcksnadel mit Superstar Hermann Maier

Raue Zeiten begleiteten die Schröcksnadel-Ära aber ebenso. Die tödlichen Rennunfälle von Gernot Reinstadler (1991) und Ulrike Maier (1994) hätten ihn fast zum Aufgeben gebracht. Insgesamt haben Krisen den hartnäckigen Tiroler aber eher zum Kämpfen motiviert. Etwa, wenn sich Athleten wie Andreas Goldberger, Anna Veith (vormals Fenninger) und zuletzt Katharina Liensberger abzusondern versuchten. Sie alle holte er wieder in den Verband zurück.

„Angefressen bin ich am besten“

Hartnäckig war Schröcksnadel aber vor allem bei Krisen wie etwa den Vorwürfen im Zuge der „Me too“-Bewegung und Dopingskandalen. Überführte Athleten verloren zwar blitzartig Schröcksnadels Vertrauen, in allen anderen Fällen kämpfte er aber bis zum Umfallen um das Image des Verbandes und für seine Sportler – am denkwürdigsten wohl 2006 bei und nach Olympia in Turin.

Peter Schröcksnadel bei einer PK in Turin, 2006
APA/Hans Klaus Techt
Der Dopingskandal von Turin 2006 markierte einen der negativen Höhepunkte in Schröcksnadels Amtszeit

„Wenn ich angefressen bin, dann bin ich am besten“, ärgerte er sich damals über eine seiner Meinung nach „getürkte Sache“. „Wäre ich nicht geblieben, wäre der damals größte Skandal in der Dopinggeschichte an Österreich picken geblieben“, ist Schröcksnadel noch immer überzeugt. Sein spontaner Sager, wonach Österreich „zu klein für gutes Doping“ sei, ist legendär. Ebenso die etwas kuriose Gründung eines europäischen Skiverbandes samt Hallen-EM 2009.

Es ist davon auszugehen, dass Schröcksnadels Nachfolger einen anderen Führungsstil pflegt als der oft verhaltensoriginelle Tiroler, der bis heute selbst begeisterter Skirennfahrer ist und wie einst Niki Lauda für Sportler und Journalisten stets am Handy erreichbar und zudem meist auch das Verbandssprachrohr war. Er sei aber kein Machtmensch, betonte er immer wieder. Vielmehr habe er stets versucht, Teil der Mannschaft zu sein.

Empfehlung an Nachfolger Schmidhofer

Die Coronavirus-Pandemie verlängerte Schröcksnadels Präsidentschaft um ein Jahr. Ein 80-jähriger Präsident wolle er aber auf keinen Fall sein, erklärte der 79-Jährige, warum jetzt der richtige Zeitpunkt für den Abschied gekommen sei. Neben seinem FIS-Job wird sich der vielfache Großvater künftig vor allem einem Krebsforschungsprojekt widmen. Seinem Nachfolger Schmidhofer empfiehlt er, den Verband möglichst frei von politischen Einflüssen zu halten. Denn: „Das ist die wichtigste Entscheidung im Sport.“

Obwohl oft Reibebaum für viele, bekommt Schröcksnadel am Ende rundum viel Lob. Er sei ein Riesenmotivator für den Sport, den Verband und die Sportlerinnen gewesen, so etwa Sportdirektor Anton Giger. „Er war ein derartiger Visionär, dass wir alle oft erst ein, zwei Jahre später verstanden haben, wo er hinwollte.“ Skispringer Stefan Kraft vergab für Schröcksnadels Wirken fünfmal die Bestnote zwanzig.