Nicolo Barella
Reuters/Alberto Lingria
Fußball-EM

Italien startet mit neuem Ansehen

Mit einjähriger Verzögerung fällt der Startschuss zur EM-Endrunde in der „Ewigen Stadt“. Die hoch gehandelten Italiener bekommen es im Auftaktspiel am Freitagabend (21.00 Uhr, live in ORF1) im Römer Olympiastadion mit der Türkei zu tun. Die „Squadra Azzurra“ hat sich unter Trainer Roberto Mancini wieder zu einer Macht im Fußball entwickelt. Die Türken rechnen sich dennoch Chancen auf eine Überraschung zur EM-Ouvertüre aus.

In der Gruppe A mit Wales und der Schweiz – die am Samstag (15.00 Uhr, live in ORF1) in Baku aufeinandertreffen – ist die Ausgangslage so abgesteckt, dass hinter Italien alles offen scheint. Für die türkische Trainerlegende Senol Günes hängt „sehr viel vom Eröffnungsspiel ab“, wie er betonte. Der 69-Jährige führte sein Heimatland vor 19 Jahren ins WM-Halbfinale. In der EM-Qualifikation überraschten die Türken unter Günes nun gegen Weltmeister Frankreich mit vier Zählern.

„Das Ziel ist es, am 11. Juli in Wembley das Finale zu spielen“, sagte Mancini vollmundig vor Turnierstart. Der Titel könne „eine Wiedergeburt für den Fußball und für das ganze Land sein“. Italiens Stolz lag 2017 nach der verpassten WM in Russland in Trümmern.

Countdown zum EM-Start

Am Freitag startet nach einem Jahr Verschiebung die erste europaweite EM der Geschichte. Das Eröffnungsspiel zwischen der Türkei und Italien wird um 21.00 Uhr in Rom angepfiffen.

Mancini bringt Italien wieder auf Kurs

Schneller als erwartet brachte Mancini (56) den Europameister von 1968 aber wieder auf Kurs. Zehn Siege gab es in zehn Spielen der EM-Qualifikation. Zuletzt marschierten die Italiener in der Nations League ins Finalturnier und starteten mit drei Siegen in die WM-Qualifikation. Seit einem 0:1 gegen Portugal im September 2018 ist Italien in 27 Spielen ungeschlagen geblieben. Zum Rekord aus den 1930er Jahren fehlen noch drei Spiele.

Roberto Mancini
AP/Antonio Calanni
Teamchef Roberto Mancini führte Italien schneller als gedacht zurück in die Weltspitze

Zuletzt blieb die Mannschaft in acht Partien in Folge ohne Gegentor. Nun gelte es, sich auch auf großer Bühne zu beweisen, merkte Alessandro Florenzi an. Bei der EM 2016 kam im Viertelfinale im Elferschießen gegen Deutschland das Aus. „Diese Mannschaft hat mehr Qualität als vor fünf Jahren. Aber um das auch zu zeigen, müssen wir zumindest über das Viertelfinale hinaus kommen“, sagte der zuletzt für Paris Saint-Germain spielende Rechtsverteidiger.

Neue Welle mit alten Haudegen

Bei den Italienern stimmt die Mischung: Veteranen wie das Abwehrbollwerk Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini sowie Florenzi bringen Erfahrung mit. Torhüter Gianluigi Donnarumma, Federico Chiesa und Nicolo Barella stehen für die neue Welle. Etwas Sorgen bereitet Marco Verratti. Der Mittelfeldmotor von PSG ist nach einer Knieverletzung noch nicht voll fit und wird gegen die Türkei fehlen.

Gruppe A, erster Spieltag

Freitag, 21.00 Uhr, live in ORF1:

Türkei – Italien

Rom, Stadio Olimpico, SR Makkelie (NED)

Türkei: Cakir – Celik, Demiral, Söyüncü, Meras – Tufan, Yokuslu – Karaman, Yazici, Calhanoglu – B. Yilmaz

Italien: Donnarumma – Florenzi, Chiellini, Bonucci, Spinazzola – Barella, Jorginho, Locatelli – Berrardi, Immobile, Insigne

Einen Weltstar haben die Italiener nicht im Team. Das soll kein Nachteil sein. „Wir haben keine Spieler, die auf internationalem Niveau herausstechen und in einer Sekunde Spiele drehen können. Aber gegen große Mannschaften hat das Team den Unterschied gemacht“, sagte Bonucci. Was außerdem für die „Azzurri“ spricht: Sie dürfen im Stadio Olimpico vor 16.000 Tifosi spielen und müssen nicht Tausende von Kilometern zu den Partien im zweiten Spielort Baku fliegen.

Türkei gefährlicher Außenseiter

Gegen die Türkei bekommen es Bonucci (34) und Chiellini (36) mit einem Angreifer zu tun, der altersmäßig zum Duo passt. Burak Yilmaz ist 35, aber als Torjäger nach wie vor gut in Schuss. Mit Lille wurde der Mittelstürmer (16 Tore) wie seine Nationalteamkollegen Zeki Celik und Yusuf Yazici überraschend französischer Meister. Die Türkei verfügt über eine eingespielte Mannschaft mit starken Individualisten wie Hakan Calhanoglu (Milan) und den Innenverteidigern Merih Demiral (Juventus Turin) und Caglar Söyüncü (Leicester).

Immerhin 15 Spieler des türkischen 26-Mann-Kaders verdienen in England, Italien, Deutschland, Spanien oder in den Niederlanden ihr Gehalt. Darunter ist auch Mert Müldür. Der gebürtige Wiener (22) ging 2019 von Rapid zu Sassuolo. Die Türkei hat gegen Italien in zehn Duellen bei sieben Niederlagen noch nie gewonnen. Günes’ Vorgänger Fatih Terim traut dem Außenseiter dennoch alles zu. „Es wird ein Schlager zwischen einer Mannschaft, die voll durchziehen kann und einer, die jedem Probleme bereiten kann. Unterschätzt uns nicht, das wäre ein Fehler. Ich wäre nicht überrascht, die Türkei in Wembley zu sehen“, sagte Terim dem „Corriere della Sera“.