Novak Djokovic
Reuters/Sarah Meyssonnier
French Open

Djokovic entzaubert Rekordsieger Nadal

In einem hochdramatischen und hochklassigen Halbfinal-Match bei den French Open in Paris hat Novak Djokovic am Freitagabend Rafael Nadal mit 3:6 6:3 7:6 (7/4) 6:2 bezwungen und den 14. Titel des Spaniers in seinem „Wohnzimmer“ verhindert. Es war nach insgesamt 105 Siegen erst die dritte Niederlage des Spaniers im wichtigsten Sandplatzturnier.

In seinem sechsten Paris-Endspiel am Sonntag bekommt es der Weltranglistenerste mit Stefanos Tsitsipas zu tun, der zuvor erstmals in seiner Karriere das Finale eines Grand-Slam-Turniers erreicht hatte. Der Grieche setzte sich gegen den Deutschen Alexander Zverev in fünf Sätzen mit 6:3 6:3 4:6 4:6 6:3 durch. Djokovic spielt um seinen zweiten Titel in der französischen Metropole nach 2016.

1:7 hatte die Bilanz von Djokovic gegen Nadal in Paris vor dem aktuellen Turnier gelautet, im Vorjahr hatte der Mallorquiner den Serben bei seinem 13. Titel im Finale mit 6:0 6:2 7:5 regelrecht gedemütigt. Doch am Freitag lieferte Djokovic dem „König von Paris“ ein hochklassiges Duell und ging nach 4:11 Stunden als Sieger vom Court. 30:28 lautet nun die Bilanz für den Serben. 2015 hatte er Nadal im Viertelfinale in drei Sätzen besiegt. „Das war das beste Match, das ich je in meiner Karriere gespielt habe“, sagte Djokovic, nachdem er seinen zweiten Matchball verwandelt hatte. „Die Atmosphäre war atemberaubend.“

Rasanter Start von Nadal

Dabei schien Nadal zu Beginn an seine Dominanz anzuschließen. Im 58. Duell der beiden Superstars geriet Nadal bei seinem allerersten Aufschlag zwar in Bedrängnis, als er sich mit zwei Breakchancen für Djokovic konfrontiert sah. Diese konnte er jedoch souverän abwehren. Auch das erste Aufschlaggame Djokovics war hart umkämpft – nach insgesamt 17 Minuten stand es 2:0 für den Spanier, der daraufhin mit unglaublichem Druck auf 5:0 davonzog. Erst dann konnte der Serbe erstmals anschreiben und schien im Spiel angekommen. Der Weltranglistenerste kämpfte sich auf 3:5 heran und stellte Nadal erstmals vor Probleme. Nadal ließ insgesamt sechs Satzbälle ungenutzt, erst den siebenten verwertete er nach einer Stunde.

Rafael Nadal mit einer Rückhand
APA/AFP/Martin Bureau
Zu Beginn dominierte Nadal das Geschehen auf dem Platz

Im zweiten Satz legte Djokovic den besseren Start hin und ging mit Break 2:0 in Führung. Nadal konterte und schaffte umgehend das Rebreak zum 1:2. Jeder Ball war hart umkämpft, die beiden Routiniers schenkten sich nichts und nahmen volles Risiko. Dem „Djoker“ gelang das vorentscheidende Break zum 4:2 und er konnte seinerseits im Gegenzug drei Breakchancen des Spaniers abwehren. Schließlich servierte er nach 56 Minuten mit Mühe zum 6:3 und damit 1:1-Satzausgleich aus.

Hin und her auf Topniveau in Satz drei

Nach rund zwei Stunden wurde der dritte Satz in Angriff genommen. Erbarmungslos ging es weiter, jeder Ballwechsel wurde zum Spektakel. Nadal wehrte bei 1:1 zwei Breakchancen des Serben ab, 14 Minuten dauerte es, bis er sein Service durchgebracht hatte. Beim nächsten Aufschlaggame von Nadal schlug Djokovic dann aber nach weiteren drei Breakbällen zu und stellte auf 3:2. Doch Nadal zeigte umgehend, dass er die French Open nicht umsonst bereits 13-mal gewonnen hat, und glich unter dem fanatischen Jubel der Zuschauer zum 3:3 aus.

Aber auch Djokovic ist nicht umsonst die Nummer eins der Welt, er ließ Nadal beim nächsten Aufschlag keinen Punkt, die Folge war die 4:3-Führung des Serben. Mit Mühe brachte er dann seinen Aufschlag zum 5:3 durch, Djokovic strebte bei 5:4 30:0 auf den Satzgewinn zu, doch Nadal machte vier Punkte in Folge und glich zum 5:5 aus. Bei Stand 5:6 aus der Sicht Djokovics wehrte der Serbe einen Satzball ab und rettete sich ins Tiebreak, das er mit 7/4 für sich entscheiden konnte. Der dritte Satz, sicherlich einer der sehenswertesten in der Tennisgeschichte, dauerte 92 Minuten

Kurzer Prozess in Satz vier

Nach einer kurzen Unterbrechung, in der beschlossen wurde, dass die Zuschauer entgegen den aktuellen CoV-Bestimmungen doch noch im Stadion bleiben dürfen (normalerweise hätten sie um 22.45 Uhr Roland Garros verlassen müssen) startete Nadal nach 3:40 Stunden auf dem Platz mit einem Break in den vierten Durchgang.

Doch Djokovic stellte einmal mehr seine Kämpferqualitäten unter Beweis, glich zum 2:2 aus und schaffte dann auch das Break zum 4:2. Auch „Rafa, Rafa“-Sprechchöre halfen Nadal nichts mehr, im Gegenteil: Der „Djoker" nahm Nadal, der auch nicht mehr ganz fit wirkte, auch noch den Aufschlag zum 6:2-Endstand ab.

Nadal habe ihm alles abverlangt, betonte der Sieger im Anschluss. „Wenn man gegen Rafa auf seinem Court gewinnen will, muss man sein bestes Tennis spielen. Diesen Abend war es wirklich mein bestes Tennis. Ich glaube, es ist schwierig, Worte zu finden über den Druck, hier gegen ihn zu spielen. Das ist etwas Außergewöhnliches in unserem Sport.“ Nadal war tief enttäuscht. „Ich habe alles gegeben, am Ende hat es leider nicht gereicht“, sagte der 13-malige Paris-Champion.

Tsitsipas mit dem besseren Start

Im ersten Halbfinale startete Tsitsipas besser in die Partie und breakte Zverev früh zur 2:0-Führung. Dieser Vorsprung reichte dann nach 37 Minuten auch für den Gewinn des ersten Satzes mit 6:3. Das Niveau des Spieles war noch ausbaufähig. Beide Spieler begingen elf unerzwungene Fehler. Mit Beginn des zweiten Durchgangs steigerte sich Zverev sichtlich und nahm seinerseits dem Griechen das Game zum 2:0 ab.

Tsitsipas im Grand-Slam-Finale

Der erste Finalist bei den French Open heißt Stephanos Tsitsipas. Der Grieche besiegt den Deutschen Alexander Zverev in fünf Sätzen und steht erstmals in seiner Karriere in einem Grand-Slam-Finale.

Doch Tsitsipas ließ sich nicht so einfach abschütteln, fand gut zurück ins Match, nahm Zverev gleich zweimal den Aufschlag ab und machte am Ende sechs Games in Folge. Tsitsipas wirkte in seinem Spiel solider und hatte auf die Herausforderungen von Zverev immer eine Antwort. Zverev wirkte ratlos, konnte dem Spiel von Tsitsipas nichts entgegenhalten, und nach 3:0-Führung verlor der Deutsche den zweiten Satz nach 39 Minuten mit 3:6.

Zverev gleicht aus

Wie in Satz zwei ging Zverev auch im dritten Set mit einem frühen Break 2:1 in Führung. Doch diesmal wehrte er eine Breakchance von Tsitsipas ab, ließ sich auch von einem Disput mit den Referees nicht aus dem Konzept bringen und holte sich den Satz nach 49 Minuten mit 6:4. Und auch im vierten Satz nahm der Deutsche dem Griechen den ersten Aufschlag zur 1:0-Führung ab. Ohne weitere Breakchance stand es nach weiteren 40 Minuten 6:4 für Zverev, der damit zum 2:2 in Sätzen ausglich und damit einen fünften und letzten Durchgang erzwang.

Besseres Ende für Tsitsipas

Dieser begann für Tsitsipas bei eigenem Aufschlag mit einem 0:40-Rückstand, doch mit einem Kraftakt wehrte der 22-Jährige die drei Breakbälle ab und brachte sein Service durch. Zudem gelang ihm das entscheidende Break zur 3:1-Führung. Zverev konnte sich nicht mehr steigern, der 24-Jährige konnte bei 2:5 zwar noch vier Matchbälle abwehren, in der Folge servierte die Nummer fünf des Turniers allerdings aus und beendete die Partie nach 3:37 Stunden und fixierte sein erstes Grand-Slam-Finale.

„Das Match war intensiv und nervenaufreibend. Das Publikum hat mir Energie gegeben, ich habe bis zum Schluss gekämpft“, sagte Tsitsipas. Der Grieche war sicherlich auch motiviert, denn er wusste, mit einem Sieg über Zverev würde er auf Rang vier im ATP-Ranking vorrücken und damit den Österreicher Dominic Thiem, der in Paris bereits in der ersten Runde gescheitert war, auf Platz fünf verdrängen. Mit einem French-Open-Erfolg könnte er sogar Nadal von Position drei stoßen.

French Open in Paris

(Frankreich, 34,37 Millionen Euro, Sand)

Herren-Einzel

Halbfinale:
Novak Djokovic (SRB/1) Rafael Nadal (ESP/3) 3:6 6:3 7:6 (7/4) 6:2
Stefanos Tsitsipas (GRE/5) Alexander Zverev (GER/6) 6:3 6:3 4:6 4:6 6:3
Viertelfinal-Tableau:
Novak Djokovic (SRB/1) Matteo Berrettini (ITA/9) 6:3 6:2 6:7 (5/7) 7:5
Rafael Nadal (ESP/3) Diego Schwartzman (ARG/10) 6:3 4:6 6:4 6:0
Alexander Zverev (GER/6) Alejandro Davidovich Fokina (ESP) 6:4 6:1 6:1
Stefanos Tsitsipas (GRE/5) Daniil Medwedew (RUS/2) 6:3 7:6 (7/3) 7:5