Der serbische Tennisspieler Novak Djokovic mit dem Pokal der French Open.
APA/AFP/Anne-Christine Poujoulat
Tennis

Djokovic nimmt nun „Golden Slam“ ins Visier

Was Steffi Graf vor 33 Jahren geglückt ist, ist heuer für Novak Djokovic möglich und nach dem zweiten Triumph bei den French Open ein verlockender Gedanke: der „Golden Slam“. 1988 gelang dem deutschen Tennisidol der Gewinn aller vier Grand-Slam-Turniere, dazu gab es Olympiagold in Seoul. „Alles ist möglich, und ich habe mich in eine gute Position für den Golden Slam gebracht“, sagte der Serbe zwei Wochen vor dem Turnier in Wimbledon, wo er zu den Major-Rekordsiegern Roger Federer und Rafael Nadal aufschließen könnte.

Doch im selben Atemzug erinnerte der 34-Jährige an 2016: Damals hatte Djokovic endlich den ersehnten ersten Triumph in Paris geholt und hielt alle vier Grand-Slam-Titel zur gleichen Zeit. „Das endete mit dem Drittrunden-Aus in Wimbledon“, stellte der „Djoker“ trocken fest, meinte aber auch: „Ich habe kein Problem damit, zu sagen, dass ich in Wimbledon den Titel will.“ Die Ansage ist nicht zu gewagt, denn 2018 und 2019 gewann der Weltranglistenerste auf dem Rasen im Südwesten Londons, im Vorjahr fiel der Klassiker CoV-bedingt aus.

Djokovic will nach dem 6:7 (6/8) 2:6 6:3 6:2 6:4-Finalerfolg gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas im Stade Roland Garros erst einmal einige Tage lang die Seele baumeln lassen, ehe er an Wimbledon denkt. Der Halbfinal-Sieg über Nadal auf dessen Lieblingsbelag und die Aufholjagd gegen Tsitsipas waren körperliche und emotionale Höchstbelastungen. Doch die scheinbar höchste Hürde hat der Serbe genommen.

Djokovic holt Paris-Titel

Der Weltranglistenerste Novak Djokovic hat sich am Sonntag mit einem 6:7 (6/8) 2:6 mit 6:3 6:2 6:4 über den Griechen Stefanos Tsitsipas seinen zweiten Titel bei den French Open und seinen insgesamt 19. Grand-Slam-Titel geholt.

Auf den Spuren von Budge und Laver

Sein langjähriger Trainer Marijan Vajda traut ihm heuer alles zu: „Er ist jetzt gesund, er ist in großer Form. Er hat die Fähigkeit, in diesem Jahr den Grand Slam zu gewinnen. Da bin ich ziemlich sicher.“ Das Kunststück, die vier wichtigsten Turniere in einem Kalenderjahr für sich zu entscheiden, gelang bei den Herren bisher nur dem US-Amerikaner Donald Budge 1938 und dem Australier Rod Laver 1962 und 1969.

Innere Stimme übernahm das Kommando

Der Hunger, immer noch weitere Major-Turniere zu gewinnen, treibt Djokovic in schwierigen Momenten an. Der nicht bei allen Fans populäre Belgrader, der in der Coronavirus-Krise mitunter keine gute Figur abgab, berichtete von Gesprächen mit inneren Stimmen. Dabei setzte sich auch in Paris jene durch, die ihm sagte, dass er es schaffen könne.

Und mit dieser Einstellung schaffte er es auch in den Kopf von Tsitsipas. Nach einer Toilettenpause vor dem dritten Satz erkannte der Grieche seinen Gegner in seinem ersten Grand-Slam-Finale kaum wieder. „Ich weiß nicht, was passiert ist, aber für mich kam er plötzlich als ein anderer Spieler zurück“, sagte der 22-Jährige.

In vier Wochen könnte Djokovic dann wie der bei den French Open vor dem Achtelfinale ausgestiegene Federer und Nadal 20 Grand-Slam-Titel haben. Und läuft alles nach Plan, könnte er nach den US Open im September den Rekord allein besitzen – garniert mit Olympiagold aus Tokio.

Tsitsipas trauert um verstorbene Großmutter

Tsitsipas teilte nach dem verlorenen Endspiel mit, dass seine Großmutter kurz vor dem Finale am Sonntag gestorben ist. Der 22-Jährige schrieb in der Nacht auf Montag bei Instagram: „Fünf Minuten vor dem Betreten des Platzes hat meine geliebte Großmutter ihren Kampf mit dem Leben verloren. Im Leben geht es nicht ums Gewinnen oder Verlieren. Es geht darum, jeden einzelnen Moment zu genießen, egal ob allein oder mit anderen. Trophäen in die Luft zu stemmen und Siege zu feiern ist etwas, aber nicht alles.“

Der nach dem Match untröstlich wirkende Weltranglistenvierte ergänzte neben einem Foto von sich mit dem silbernen Tablett für den unterlegenen Finalisten: „Ich möchte sagen, dass unabhängig vom Tag, den Umständen und der Situation alles ihr gewidmet ist und nur ihr.“ Er dankte seiner Großmutter dafür, dass sie seinen Vater aufgezogen habe, der auch sein Trainer ist. „Ohne ihn wäre das nicht möglich gewesen“, schrieb Tsitsipas.