Finnland-Trainer Markku Kanerva mit Spielern
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Fußball-EM

Finnen schielen auf „nächste Meilensteine“

Das erste Spiel einer finnischen Nationalmannschaft bei einer Fußballendrunde im Rahmen der EM 2021 vergangenen Samstag wird aus vielerlei Hinsicht lange in Erinnerung bleiben. Zum einen war das Duell vom Kollaps des Dänen Christian Eriksen überschattet, zum anderen feierte Finnland sportlich gesehen mit dem 1:0-Sieg über Dänemark einen perfekten Einstand. Am Mittwoch (15.00 Uhr, live in ORF1) soll gegen Russland die nächste Überraschung gelingen. „Wir haben die nächsten Meilensteine schon im Kopf“, sagte Trainer Markku Kanerva.

Auch wenn der 1:0-Auftaktsieg von den dramatischen Szenen rund um Eriksen geprägt war, darf Finnland mit viel Optimismus in das nächste Gruppenspiel der Gruppe B in St. Petersburg gehen. Mit weiteren drei Punkten gegen Mitveranstalter Russland wäre der EM-Debütant vorzeitig für das Achtelfinale qualifiziert, wenn Dänemark einen Tag später (Donnerstag, 18.00 Uhr live in ORF1) gegen Gruppenfavorit Belgien maximal remis spielt.

Für den nächsten Coup muss aber der erste Sieg über die Russen seit fast 109 Jahren her. 2:1 besiegten die Finnen Russland am 30. Juni 1912 bei den Olympischen Spielen. Es war die Länderspielpremiere der Russen, deren Kaiserreich zum damaligen Zeitpunkt das Großfürstentum Finnland noch angehörte. Über 80 Jahre standen sich die beiden Teams dann nicht mehr gegenüber, seit 1995 kassierten die Finnen in vier Partien ebenso viele Niederlagen.

Finnen wollen ins Achtelfinale

Der EM-Debütant Finnland hat auf einmal sogar die Chance, sich gleich beim ersten großen Turnier seiner Fußballgeschichte vorzeitig für das Achtelfinale zu qualifizieren. Das wäre der Fall, wenn die Finnen gegen Russland gewinnen und die Dänen einen Tag später maximal Unentschieden gegen Belgien spielen.

Auftaktsieg gibt Selbstvertrauen

„Als wir dieses Turnier gestartet haben, hatten wir einen Traum. Der Sieg gegen Dänemark war der erste Meilenstein“, sagte Trainer Kanerva am Dienstag in St. Petersburg und blickte zuversichtlich auf das Duell mit dem großen Nachbarn: „Wir freuen uns auf das Spiel morgen. Wir haben aus dem Dänemark-Spiel großes Selbstvertrauen gezogen und glauben, dass wir morgen genauso erfolgreich sein können.“ Neuerlich darf man sich eine defensive finnische Truppe erwarten, die auf Konter lauert.

Gruppe B, zweiter Spieltag

Mittwoch, 15.00 Uhr, live in ORF1

Finnland – Russland

St. Petersburg, SR Makkelie (NED)

Finnland: Hradecky – Toivio, Arajuuri, O’Shaughnessy – Kamara, Schüller – Raitala, Lod, Uronen – Pukki, Pohjanpalo

Russland: Safonow – Fernandes, Diwejew, Dschikija, Kusjajew – Sobnin, Barinow, Osdojew – Mirantschuk, Dsjuba, Golowin

Diese Taktik funktionierte auch am Samstag, als die – allerdings sichtlich schockierten – Dänen nach der Unterbrechung und dem Bangen um den inzwischen wieder auf dem Weg der Besserung befindlichen Eriksen dank eines Treffers von Joel Pohjanpalo mit 1:0 bezwungen wurde. „Wir freuen uns, dass es Christian Eriksen wieder besser geht. Und wir werden diese Bilder auch nach dem Turnier niemals vergessen“, sagte Kanerva. „Das Dänemark-Spiel war eine große Herausforderung – in jeder Hinsicht. Wir haben uns gut davon erholt“, so der finnische Teamchef.

Russland bereits unter Druck

Die Russen warten bereits seit sechs EM-Spielen auf einen Sieg, zuletzt schaffte man 2012 in der Gruppenphase ein 4:1 gegen Tschechien, immerhin erreichte die „Sbornaja“ 2018 das WM-Viertelfinale. Nun unterlagen die Mannen von Stanislaw Tschertschessow beim Auftaktspiel gegen Belgien verdient mit 0:3 und stehen damit schon schwer unter Druck. „Es war traurig“, sagte Mario Fernandes über die Atmosphäre im russischen Team nach Spiel eins. „Jetzt passt die Stimmung wieder.“

Das scheint auch dringend notwendig, will man das Ruder noch herumreißen. „Wir müssen die dummen Fehler abstellen, die wir gegen Belgien gemacht haben, die Mängel in unserem Spiel eliminieren und schneller denken“, forderte Mittelfeldmann Roman Sobnin. Alexej Mirantschuk erwartete ein Geduldsspiel. Die Finnen seien es gewohnt, zu verteidigen und auf Konter zu gehen. „Wir müssen Druck ausüben, damit sie das nicht schaffen. Wir müssen geduldig sein“, so der Mittelfeldakteur.

Russland-Coach Stanislav Tschertschessow
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Tschertschessow und seine „Sbornaja“ hatten gegen Belgien nichts zu bestellen

Indes droht dem erfahrensten Spieler der Russen das vorzeitige Aus bei der EM-Endrunde 2021. Verteidiger Juri Schirkow verletzte sich gegen Belgien am rechten Knie und musste ausgetauscht werden. „Ich fürchte, dass wir ihn für das ganze Turnier verloren haben“, sagte Tschertschessow über den 37-Jährigen. Bei Verteidiger Fjodor Kudriaschow und Mittelfeldspieler Daler Kusjajew, der mit Belgiens Timothy Castagne zusammengestoßen war, klang Tschertschessow für eine schnelle Rückkehr bei der EM deutlich optimistischer.