Fußball-EM

Russland meldet sich gegen Finnland zurück

Russlands Fußball-Nationalteam hat sich bei der EM nach dem Fehlstart gegen Belgien im Kampf um den Einzug ins Achtelfinale zurückgemeldet. Das Team von Coach Stanislaw Tschertschessow setzte sich am Mittwoch in St. Petersburg gegen Finnland mit 1:0 (1:0) durch und hält nun wie Finnland sowie Belgien, das erst am Donnerstag (18.00 Uhr, live in ORF1) im Gruppe-B-Schlager auf das noch punktelose Dänemark trifft, bei drei Punkten.

Mann des Spiels vor 24.540 Zuschauern in St. Petersburg war Alexej Mirantschuk. Der 25-jährige Goalgetter von Atalanta Bergamo traf in der Nachspielzeit der ersten Hälfte nach schöner Kombination mit Sturmpartner Artjom Dsjuba aus knapp zwölf Metern unhaltbar für Goalie Lukas Hradecky genau ins linke Kreuzeck. Am letzten Spieltag der Gruppe B kündigt sich damit ein Herzschlagfinale um die Aufstiegsplätze an. Russland bekommt es am Montag (jeweils 21.00 Uhr, live in ORF1) mit Dänemark zu tun, Finnland trifft auf Belgien.

Die Partie stand noch ganz unter dem Eindruck des Zwischenfalls beim Auftaktmatch der Finnen am Samstag gegen Dänemark (1:0), bei dem Inter-Star Christian Eriksen kurz vor der Pause einen Herzstillstand erlitten hatte. Mittlerweile ist der 29-Jährige auf dem Weg der Besserung. Schon beim Aufwärmen setzte die finnische Mannschaft ein Zeichen. „Get well Christian“ stand in blauer Schrift auf den weißen Aufwärmshirts, die Teemu Pukki und seine Kollegen vor der Partie in St. Petersburg trugen.

Bild zeigt jubelnde Russen nach dem 1:0 im Match gegen Finnland
APA/AFP/Kirill Kudryavtsev
Nach vier EM-Pleiten in Folge darf Russland wieder jubeln und nun vom Aufstieg ins Achtelfinale träumen

Statistik spricht für und gegen Russland

Ungeachtet der dramatischen Ereignisse vor vier Tagen musste Finnland-Teamchef Markku Kanerva sein 5-3-2-System im Vergleich zum 1:0 gegen Dänemark an einer Position umbauen. Kapitän Tim Sparv musste aufgrund von Knieproblemen auf der Bank Platz einnehmen, seine Aufgabe im Mittelfeld übernahm Rasmus Schüller von Djurgaarden Stockholm. Sonst blieb Kanerva seiner Startelf vom Auftaktsieg treu, an vorderster Front sollte erneut Goldtorschütze Joel Pohjanpalo mit Sturmpartner Pukki Nadelstiche in der russischen Defensive setzen.

Russland-Trainer Tschertschessow musste auf seinen erfahrensten Spieler verzichten. Verteidiger Juri Schirkow verletzte sich beim 0:3 gegen Belgien am rechten Knie und wird wohl für das restliche Turnier kein Thema mehr sein. Mittelfeldspieler Daler Kusjajew wurde indes nach seinem Zusammenstoß mit Timothy Castagne rechtzeitig fit. Andrej Semjonow machte im Abwehrzenturm für Georgi Dschikija Platz, im Tor löste Matwej Safonow den gegen Belgien unglücklich agierenden Anton Schunin ab.

Während Debütant Finnland dank eines 1:0 im bisher einzigen EM-Spiel eine blütenweiße Weste aufwies, sah die jüngste russische Bilanz ziemlich düster aus. Keines seiner letzten sechs EM-Endrundenspiele konnte die „Sbornaja“ gewinnen, vier davon wurden verloren. Bei den letzten drei Auftritten inklusive des 0:3 gegen Belgien zum Auftakt gingen die Russen überhaupt leer aus. Im direkten Duell mit Finnland schaute es indes besser aus. Seit 1995 kassierten die „Uhus“ in vier Partien ebenso viele Niederlagen. Der letzte finnische Sieg lag fast 109 Jahre (30. Juni 1912) zurück.

Munterer Beginn in St. Petersburg

Dass die Finnen das Momentum nutzen wollten, zeigten sie gleich zu Beginn. Mit weiteren drei Punkten wäre der EM-Debütant vorzeitig für das Achtelfinale qualifiziert gewesen, wenn Dänemark am Donnerstag gegen Belgien maximal remis spielt. Gleich in der dritten Minute eroberte Jukka Raitala rechts den Ball und flankte ins Zentrum. Dort schraubte sich Pohjanpalo umringt von drei Russen in die Luft und nickte zur vermeintlichen 1:0-Führung ein. Der Videoschiedsrichter erkannte jedoch eine knappe Abseitsstellung und überstimmte den niederländischen Schiedsrichter Danny Makkelie.

Abseitstor von Pohjanpalo (3. Minute)

Pohjanpalo trifft mit dem Kopf. Aber er steht im Abseits.

Russland steckte den frühen Schock jedoch gut weg und kam schnell wieder in die Partie. Finnland zog sich wie schon gegen Dänemark zurück und lauerte auf Konter. Kopfbälle von Artjom Dsjuba und Alexej Mirantschuk sorgten erstmals für Gefahr im finnischen Strafraum (7.). Ein Schussversuch von Magomed Osdojew aus aussichtsreicher Position ging deutlich über das Tor (10.). Auf der Gegenseite tauchte wiederum Pohjanpalo im Strafraum auf, wurde mit vereinten Kräften aber gerade noch am Abschluss gehindert (14.). Einen Steilpass auf Pukki klärte Goalie Safonow an der Strafraumgrenze per Kopf (16.).

Mirantschuk schlägt vor Pause zu

Pech hatte kurz darauf Mario Fernandes. Der Russe landete nach einem Kopfballduell auf dem Rücken und blieb verletzt liegen. Der 30-Jährige von ZSKA Moskau wurde anschließend vom Spielfeld getragen und zu weiteren Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht. Für ihn kam Wjatscheslaw Karawajew in die Partie. Nach Routinier Schirkow droht im Team von Coach Tschertschessow damit bereits der zweite Außenverteidiger verletzt auszufallen.

Gute Hereingabe von Kuzyaev (37. Minute)

Nach der Hereingabe von Kuzyaev liegen ein Finne und ein Russe auf dem Boden.

Russland hatte zwar auch danach mehr Spielanteile, konnte daraus aber kein Kapital schlagen. Aufregung herrschte nach einem Stanglpass von Daler Kusjajew, bei dem Jere Uronen gerade noch den eingewechselten Karawajew störte. Der Russe krachte dabei an die Stange und traf den Finnen mit dem Bein am Kopf. Beide Spieler konnten aber weiterspielen. Als bereits alles mit einer torlosen ersten Hälfte rechnete, schlug Russland doch noch zu. Nach Doppelpass mit Dsjuba ließ Mirantschuk mit einem Haken zwei Finnen aussteigen und traf sehenswert zum 1:0 (45.+2). Finnlands Schlussmann Lukas Hradecky war machtlos.

Russen drängen auf 2:0, Finnen auf Ausgleich

Trotz der kalten Dusche kurz vor dem Pausenpfiff kamen die Finnen zunächst frischer als die Russen zurück auf das Spielfeld. Gleich nach Wiederbeginn lief Igor Diwejew gerade noch Pukki (49.) ab, wenig später bändigte Russlands Torhüter Safonow einen Schuss des Torjägers von Norwich City im Nachfassen (53.). Allerdings boten sich den Russen nun dank der offensiveren Ausrichtung der Finnen offensiv mehr Räume, das erlösende 2:0 und damit eine Vorentscheidung sollte aber nicht fallen.

Ein Versuch von Alexander Golowin verfehlte sein Ziel ebenso knapp (52.) wie kurz darauf einer des eingewechselten Rifat Schemaletdinow nach Steilpass von Dsjuba (66.). Bei einem Schlenzer von Kusjajew machte sich Hradecky lang und drehte den Ball zur Ecke (72.). Schließlich brachte Russland den knappen Sieg über den EM-Debütanten mit Glück und Können über die Zeit und durfte sich nach vier EM-Pleiten in Folge wieder über einen Sieg freuen.

Stimmen zum Spiel:

Markku Kanerva (Finnland-Teamchef): „Wir haben gut verteidigt und uns im Spiel nach vorne im Vergleich zum Auftritt gegen Dänemark gesteigert. Es ist uns zwar nicht gelungen zu treffen, aber wir hatten einige gute Aktionen. Manche Schüsse sind knapp daneben gegangen, andere wurden geblockt. Es war ein richtig enges Match.“

Stanislaw Tschertschessow (Russland-Teamchef): „Die Spieler waren heute eine echte Einheit. Sie haben genau das gemacht, was sie tun mussten, und haben den Sieg geholt. Ich denke, dass ich die richtige Formation gewählt habe. Um ihre massive Abwehr zu durchbrechen, war es wichtig, über die Flügel zu kommen, und das ist uns gelungen. Unser Plan hat funktioniert.“

Fußball-EM, Gruppe B, zweiter Spieltag

Mittwoch:

Finnland – Russland 0:1 (0:1)

St. Petersburg, 24.540 Zuschauer, SR Makkelie (NED)

Tor: 0:1 (45.+2) Mirantschuk

Finnland: Hradecky – Toivio (84./Jensen), Arajuuri, O’Shaughnessy – Raitala (75./Soiri), Schüller (67./Kauko), Lod, Kamara, Uronen – Pohjanpalo, Pukki (75./Lappalainen)

Russland: Safonow – Fernandes (26./Karawajew), Diweew, Dschikia, Kusjajew – Sobnin, Barinow, Osdojew (61./Schemaletdinow) – Mirantschuk (85./Muchin), Dsjuba (85./Sobolew), Golowin

Gelbe Karten: Kamara, O’Shaughessy bzw. Barinow, Osdojew, Dschikia