Bild zeigt Marco Arnautovic beim Training.
GEPA/Christian Walgram
Fußball-EM

Sperre schweißt ÖFB-Team zusammen

Auch die Vorbereitung auf das zweite Gruppenspiel bei dieser Fußball-EM ist bei der österreichischen Nationalmannschaft nicht optimal verlaufen. Nach dem Starkregen von Bukarest traf es das ÖFB-Team aber in Amsterdam mit der Sperre von Marko Arnautovic wesentlich härter. Sein Fehlen am Donnerstag gegen die Niederlande (21.00 Uhr live, in ORF1) zwingt Teamchef Franco Foda zum Umdenken, die Spieler schweißt es zusammen.

Kurz nach der Ankunft des österreichischen Trosses mit Arnautovic in der niederländischen Hauptstadt wurde es dem Österreichischen Fußballbund mitgeteilt: Der Europäische Fußballverband (UEFA) sperrte den 32-jährigen Stürmer nach seiner verbalen Entgleisung beim 3:1-Auftaktsieg gegen Nordmazedonien in Bukarest für ein Spiel wegen „Beleidigung eines Spielers“. Das hatte ob der Dringlichkeit die Berufungsinstanz der UEFA in einem Schnellverfahren entschieden, dafür reichte das Videomaterial nach dem Torjubel offenkundig aus.

Die UEFA wurde dabei erst aktiv, als Nordmazedonien am Montag ein offizielles Schreiben an den Kontinentalverband formuliert hatte. Die ÖFB-Führungsriege konnte ihre Verwunderung über die Sperre am Mittwoch nicht zurückhalten. „Natürlich ist es für uns schwer zu verstehen, dass der eigentliche Provokateur (Ezgijan) Alioski ohne jede Behelligung davongekommen ist und unser Spieler ein Spiel gesperrt worden ist“, sagte Präsident Leo Windtner im ORF-Interview. In dem erklärte der Oberösterreicher, dass der ÖFB nicht in Berufung gehe.

Foda muss nach Arnautovic-Sperre umdenken

Marko Arnautovic ist von der UEFA wegen Beleidigung für ein EM-Spiel gesperrt worden. Für die Partie gegen die Niederlande am Donnerstag muss Teamchef Franco Foda nun umdenken.

Am späteren Nachmittag nahmen bei der Pressekonferenz vor dem Abschlusstraining, das im Gegensatz zu jenem in Bukarest dieses Mal planmäßig über die Bühne gehen konnte, auch Foda und David Alaba Stellung. Der Ersatzkapitän der Österreicher betonte dabei, dass sich die Mannschaft von der Sperre nicht ablenken lassen werde.

„Wir stehen das durch“

Arnautovic selbst habe dabei „eine sehr wesentliche Rolle“ gespielt. „Ich habe die Mannschaft, aber auch Marko sehr positiv wahrgenommen“, sagte Alaba. Im Basiscamp in Seefeld wurden dieses Thema und mögliche Sanktionen zwar besprochen, „wir wollten den Fokus aber auf das Wesentliche legen“, skizzierte der ÖFB-Star.

Bild zeigt Marco Arnautovic und Teamkollegen beim Training.
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Arnautovic machte das Abschlusstraining mit, im Spiel kann er seine Klasse nicht unter Beweis stellen

„Marko hat uns sehr positiv mitgenommen – egal was passiert, wir stehen das durch“, unterstrich der künftige Real-Madrid-Profi in Amsterdam. „Das zeigt auch den Charakter und den Geist, den wir innerhalb der Mannschaft haben. Die Stimmung ist weiterhin gut.“

Alabas Griff ohne Hintergedanken

Nicht nur Arnautovic wurde wegen seiner Schimpftiraden und Handgeste in Richtung Alioski nach seinem Tor zum 3:1-Endstand in sozialen Medien rauf und runter gespielt, auch Alaba wurde mit dem Griff in das Gesicht seines Freundes thematisiert. Der langjährige Bayern-Spieler hatte aber offenbar keine Intention, seinen Teamkollegen von etwas abzuhalten, Alaba handelte intuitiv.

„Ich habe nicht mitbekommen, dass da ein Wortgefecht war“, sagte Alaba. Er hätte zwar nach dem Tor bei Arnautovic „irgendwo seine aggressive Art und Weise gesehen. Aber ich habe das einfach so angenommen und mit ihm gejubelt.“ Arnautovic wisse selbst, dass er sich „aus der Emotion heraus ein bisschen provozieren hat lassen“. Alaba nahm seinen Kollegen allerdings auch in Schutz: „Er hat sich davor einiges anhören müssen, was ein bisschen tiefer war.“

Teamchef stärkt Arnautovic Rücken

Teamchef Foda beschwörte nach der Sperre ebenfalls den Teamgeist. „Sportlich trifft es uns hart, keine Frage. Wir müssen es als Mannschaft einfach kompensieren, noch enger zusammenrücken“, forderte der 55-Jährige, der seinem Schützling den Ausbruch nicht übel nahm. „Er wurde vorher provoziert von dem einen oder anderen Spieler der nordmazedonischen Mannschaft. Er hat dann aus der Emotionalität heraus etwas überreagiert. Menschen machen Fehler.“

Bild zeigt Teamchef Franko Foda.
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Teamchef Franco Foda hegt keinen Groll gegen Arnautovic, muss aber seinen Matchplan adaptieren

Das Wichtigste für den Deutschen sei, dass sich sein Schützling öffentlich entschuldigt habe. „Wir stehen hinter dem Spieler. Er wird im Spiel gegen die Ukraine (am Montag in Bukarest) zurückkehren.“

Sperre erfordert Umdenken

Für das Spiel gegen die Niederlande habe Foda überlegt, ihn erstmals in diesem Jahr in der Startelf aufzubieten. Die Sperre erforderte ein Umdenken. Die Situation habe sich durch das Arnautovic-Aus „leicht verändert“, sagte Foda. „Wir haben noch einige Optionen im Kader. Wir können aber auch Taktik und System verändern in eine andere Richtung. Wir müssen uns neue Gedanken machen. Wir werden aber trotz allem eine schlagkräftige Mannschaft auf den Platz bringen.“

Beim Auftaktsieg gegen Nordmazedonien hatten Sasa Kalajdzic und Christoph Baumgartner, der kein nomineller Angreifer ist, das Sturmdo gebildet. Die entscheidenden Tore erzielten im Finish aber die eingewechselten Michael Gregoritsch und Arnautovic. Beide hätten gegen die Niederländer in der Startformation stehen können.

Fans haben unterschiedliche Meinungen

Die Sperre von Arnautovic sorgte auch für viel Gesprächsstoff bei den Fans, die sich am Mittwoch auf den Weg nach Amsterdam machten. Nicht nur der Spieler selbst polarisiert, auch die Entscheidung der UEFA. „Lasst mal den Arnie in Ruhe“ war ebenso zu hören wie „ein Profi muss wie ein Profi“ reagieren. Einigkeit bestand darin, dass er im Spiel gegen den Gruppenfavoriten natürlich „fehlen würde“.

Diese These wurde von einem anderen Liebling der Fans, Martin Hinteregger, im Vorfeld der ausgesprochenen Sperre gestützt. „Er ist mit Sabi (Sabitzer, Anm.) und David (Alaba, Anm.) unser bester Spieler, was die Kreativität in der Offensive betrifft“, sagte der Frankfurt-Legionär, der im Konjunktiv von einem „herben Verlust“ sprach.

Arnautovic muss in ehemaliger Heimat zuschauen

Keinem tut es dabei wohl mehr weh als Arnautovic selbst. Der China-Legionär, der zuletzt in Tränen ausbrach, als er über die lange Zeit ohne seine Familie gesprochen hatte, meldete sich über soziale Medien zu Wort und bereute sein Verhalten vor allem als Vater zweier Töchter.

Das „Enfant terrible“ früherer Tage wurde durch seine Familie in den vergangenen Jahren ruhiger, doch an Emotionen mangelte es ihm nie. Die kosten ihm nun ein Antreten in der Johan Crujff Arena in Amsterdam und damit in jenem Land, wo er früher gelebt hat.

Arnautovic war 2006 in den Nachwuchs von Twente Enschede gewechselt und schaffte von dort 2009 den Sprung zu Inter Mailand. Niederländisch ist eine der fünf Sprachen, die er fließend spricht – neben Deutsch, Englisch, Italienisch und Serbisch.