Xherdan Shaqiri (SUI)
Reuters/Alberto Lingria
Fußball-EM

Letzte Chance für Schweiz und Türkei

Für die Schweiz und die Türkei geht es am Sonntag (18.00 Uhr) in Baku um die letzte Chance auf das EM-Achtelfinale. Das Kräftemessen ist historisch brisant. Rund um das WM-Relegationsspiel der beiden Nationen spielten sich 2005 in Istanbul wilde Szenen ab. Es kam zu Tumulten und Schlägereien, Schweizer Spieler wurden tätlich angegriffen. Die Partie ist nicht vergessen, belasten sollte sie die aktuelle Spielergeneration dennoch nicht.

Beide Mannschaften benötigen die drei Zähler dringend. Die Schweiz hat erst einen Zähler zu Buche stehen, die Türkei hält nach zwei Spielen bei null Punkten und 0:5 Toren. Der Aufstieg als einer von vier Dritten der sechs Gruppen ist für die Türken wohl nur im Fall eines hohen Sieges realistisch. Die Medien im Land gehen ebenso wie jene in der Schweiz nicht zimperlich mit der Mannschaft ins Gericht. Trainer Senol Günes – nach dem WM-Halbfinal-Einzug 2002 eigentlich für Erfolg stehend – ist angeschlagen.

Der 69-Jährige nahm die Schuld auf sich und bedauerte, dass sein Team nicht so gut sei wie erhofft. Zumindest ein versöhnlicher Abschluss vor vielen eigenen Fans ist für Günes und seine Spieler Pflicht. In Baku werden erneut zahlreiche türkische Anhänger erwartet. Wegen der engen Beziehungen zwischen Aserbaidschan und der Türkei werden auch die meisten Einheimischen im Stadion die Türken anfeuern.

Gruppe A, dritter Spieltag

Beginn 18.00 Uhr:

Schweiz – Türkei

Baku, Olympiastadion, SR Vincic (SLO)

Mögliche Aufstellungen:

Schweiz: Sommer – Elvedi, Schär, Akanji – Mbabu, G. Xhaka, Freuler, Ricardo Rodriguez – Shaqiri – Embolo, Seferovic

Türkei: Cakir – Celik, Ayhan, Söyüncü, Meras – Okay Yokuslu – Ünder, Ozan Tufan, Calhanoglu, Dervisoglu – B. Yilmaz

Offensive als Problem

Die Schweizer laufen ihren Ansprüchen bei der EM ebenfalls weit hinterher. Vor allem in der Offensive ist die Mannschaft erschreckend harmlos. Nach einem Remis gegen Wales und dem 0:3 gegen Italien soll endlich ein Sieg her, um zumindest als Gruppendritter noch ins Achtelfinale vorzustoßen. Positiv für die Schweizer: Mit einem Sieg können sie sogar noch auf Platz zwei klettern, wenn Wales gegen Italien im Parallelspiel verliert und die Eidgenossen ihre im Vergleich mit den Briten schlechtere Gesamttordifferenz wettmachen.

Am Tag vor der Partie wandte sich Trainer Vladimir Petkovic in einem offenen Brief an die Fans und warb um Unterstützung. „In diesem Spiel der letzten Chance müssen wir neben der richtigen taktischen Ausrichtung nun auch wieder alle unsere Werte und Tugenden auf den Platz bringen: Solidarität, Identifikation, Freude und Respekt. Dann können wir es schaffen“, hieß es darin.

Für Aufregung im Schweizer Lager hatten zuvor Aussagen von Nationalmannschaftsdirektor Pierluigi Tami in der Tageszeitung „Blick“ (Donnerstag-Ausgabe) gesorgt. „Es gibt vier Werte, die ich sehen will: Solidarität, Respekt, Identifikation, Freude. Ich habe in diesem Spiel nichts davon gesehen auf dem Feld“, sagte Tami darin im Rückblick auf die Partie gegen Italien. Petkovic hatte nach der herben Niederlage festgestellt: „Wir müssen auch die Laufarbeit verbessern.“ Es durfte durchaus als Kritik an der Mannschaft verstanden werden.

Erinnerung an „Schande von Istanbul“

Vor der Reise nach Baku war die Stimmung angespannt. Das Aufeinandertreffen 2005 – als „Schande von Istanbul“ tituliert – war zumindest medial ein Thema. Auch, wenn die aktuellen Schweizer Teamspieler nur wenig damit anfangen können. So konnte sich der 25-jährige Manuel Akanji nicht an das Resultat erinnern.

„Ich kann mich vor allem an die Rangeleien erinnern, die nachher passiert sind im Gang Richtung Kabine“, sagte der Verteidiger. Die Türkei siegte damals 4:2, die Schweiz fuhr nach dem 2:0 im Hinspiel zur WM. Die FIFA reagierte mit harten Strafen. Die Türkei wurde zu Partien vor leeren Rängen an einem neutralen Ort und einer Geldstrafe verurteilt. Mehrere Spieler auf beiden Seiten wurden gesperrt.