Max Verstappen jubelt
AP/Nicolas Tucat
Formel 1

Red Bull reitet auf Erfolgswelle „heim“

Die Zeit der Alleinherrschaft von Mercedes in der Formel 1 war einmal. Mit ihrem Triumph beim Grand Prix in Frankreich unterstrichen Max Verstappen und Red Bull Racing, wer in der Königsklasse aktuell den Ton angibt. Die „Bullen“ reiten zwar auf der Erfolgswelle „heim“ zum Doppel nach Spielberg. Aktuell entscheiden aber nur Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage. Ein Umstand, an den man sich bei Mercedes klammert.

Verstappens Erfolg in Frankreich, sein dritter in dieser Saison und nach dem Erfolg des Mexikaners Sergio Perez in Baku vor zwei Wochen der vierte für Red Bull Racing, unterstrich, dass Mercedes aktuell zur momentanen Nummer zwei degradiert worden ist. Auch auf dem als Mercedes-Strecke verschrienen Circuit Paul Ricard von Le Castellet erwie sich das „Bullen“-Paket als das aktuell effizienteste. Titelverteidiger Lewis Hamilton musste sich mit Platz zwei zufriedengeben, nachdem er kurz vor Schluss Verstappen nicht mehr hinter sich halten konnte.

„Der Wurm ist drinnen“, sagte daher Mercedes-Boss Toto Wolff. „Dieses Jahr wird es wirklich schwierig.“ Aber zum Glück für alle Sympathisanten der Silberpfeile sind die Rennen jetzt aber keine alleinige Red-Bull-Show. Es gibt vielmehr einen Zweikampf auf Messers Schneide. Auf einmal werden kleinste Zwischenfälle – wie der Tippfehler von Lewis Hamilton an seinem Lenkrad in Baku – entscheidend. Wagnisse wie der zweite Boxenstopp von Verstappen in Frankreich können sich im Nachhinein als Geniestreich entpuppen. „Man kann sehen, wie nahe die zwei Teams beieinander sind“, sagte Verstappen. „Ich hoffe, das bleibt bis zum Ende der Saison so.“

Heimspiele in Spielberg

Mit dem Sieg am Sonntag in Le Castellet hat Max Vertsappen im heurigen direkten Rennsieg-Duell mit Lewis Hamilton auf 3:3 ausgeglichen. Das Momentum liegt aber klar bei den „Bullen“ – die Heimspiele in Spielberg kommen zur perfekten Zeit.

In Le Castellet gaben die Red-Bull-Strategie, die perfekt arbeitende Boxencrew von Verstappen und der Instinkt des 23-Jährigen den Ausschlag. Der Niederländer holte vor und nach seinem ersten Reifenwechsel alles heraus und war dadurch vor Hamilton, als der von seinem Stopp auf die Strecke zurückkehrte. Danach geriet Verstappen zwar unter Druck, leistete sich als Führender jedoch keinen Fehler – ehe er zum überraschenden zweiten Stopp ansetze. Mit frischen Reifen fing er beide Mercedes im Finish noch ab und holte seinen dritten Saisonsieg nach Imola und Monaco.

Perez als wichtiger Faktor

Bei Mercedes lagen die Taktiker erneut falsch. „Wir glauben noch immer, dass der eine Stopp die bessere Strategie war. Aber dadurch, dass wir nach dem Stopp so hart kämpfen mussten, haben wir die Reifen einfach überbeansprucht“, sagte Wolff. Am Ende waren Hamilton und Valtteri Bottas buchstäblich platt. Der heimliche Held war aber der letztlich drittplatzierte Sergio Perez im zweiten Red Bull, der genau die Jobbeschreibung erfüllte, die man bei seiner Verpflichtung mitgab: Durch sein Renntempo gab er Verstappen den nötigen Rückhalt für sein taktisches Manöver.

Lewis Hamilton und Max Verstappen
APA/AFP/Christophe Simon
Hamilton (r.) blieb nichts anderes übrig, als Verstappen zum Sieg zu gratulieren

„Absolut. Wenn Perez nicht im Boxenstoppfenster gewesen wäre, hätten wir zumindest mit einem Auto auch einen zweiten Stopp gemacht und den anderen Red Bull gefährden können“, sagte Wolff und zollte dem Mexikaner Lob. „Wir haben jetzt vier Autos auf einem Level“, sagte der Wiener. Damit nahm er auch seinen Schützling Bottas in Schutz, obwohl der in der entscheidenden Phase erneut keine Schützenhilfe für Hamilton leisten konnte. Erst musste der Finne Verstappen nach einem Fahrfehler wehrlos passieren lassen, schließlich auch Perez.

Verstappen schnappt sich Frankreich-GP

Max Verstappen hat am Sonntag den Grand Prix von Frankreich in Le Castellet gewonnen. Der Niederländer setzte sich mit seinem dritten Saisonsieg, seinem 13. Karriereerfolg, in der WM-Wertung mit zwölf Punkten weiter von Lewis Hamilton, der im Mercedes nach langer Führung Zweiter wurde, ab. Das Rennen war von Taktik und richtigem Reifenmanagement geprägt, mit dem am Ende Red Bull die Nase vorne hatte.

„Am Ende haben wir für beide Autos die richtigen Entscheidungen getroffen. Es ist toll, mit ‚Checo‘ (Perez, Anm.) auf dem Podest zu stehen. Wir sollten das alle einige Tage genießen, bevor es nach Österreich geht“, sagte WM-Leader Verstappen. Wohlwissend, dass der Fehlerteufel auch bei Red Bull gerne vorbeischaut. Auf einer Rennstrecke mit Kiesbett wäre ihm sein Malheur in der ersten Kurve, als er das Heck seines Wagens verlor, teuer zu stehen gekommen. Auf der weitläufigen Asphaltbahn Paul Ricard aber passierte nichts. So kam der von den Kommissaren des Internationalen Automobilverbands (FIA) schon oft getadelte Verstappen diesmal auch ohne Zeitstrafe davon.

Stolz da, Frust dort

Bei den „Bullen“ blickt man jedenfalls mit großer Freude auf das Doppel auf dem konzerneigenen Ring in der Obersteiermark, wo bereits am Sonntag zum Auftakt der Grand Prix der Steiermark auf dem Programm steht. „Ich bin so stolz auf das ganze Team. Zwei Rennen nacheinander gewonnen, beide auf dem Podest und damit unsere Führung in beiden Weltmeisterschaften ausgebaut“, so Teamchef Christian Horner. Der Engländer sprach auch die geglückte Revanche für Spanien an: Dort hatte Anfang Mai Hamilton durch eine taktische Meisterleistung von Mercedes Verstappen mit frischeren Reifen im Finish abgefangen.

Bei den Silberpfeilen begab man sich auf Fehleranalyse. Zu denken gibt Wolff, „dass wir hier, eigentlich eine Mercedes-Strecke, auf den Geraden so viel schwächer waren als Red Bull“. Hamilton war „nicht massiv enttäuscht“, wie er selbst sagte: „Natürlich hätten wir manches ein bisschen besser machen können, aber insgesamt waren sie das ganze Wochenende schneller als wir.“ Beim Grand Prix der Steiermark am Sonntag sollte man nicht erwarten, dass Mercedes den Stein der Weisen findet. „Dafür ist die Zeit auch viel zu kurz“, sagte der Wiener Wolff.