Fußball-EM

Dänemark stellt Gruppe B auf den Kopf

Dänemarks Fußballnationalmannschaft hat bei der EM nach zwei Niederlagen doch noch den direkten Einzug ins Achtelfinale geschafft. Das Team von Kasper Hjulmand setzte sich am Montagabend zum Abschluss der Gruppenphase vor 25.000 Zuschauern im Parken in Kopenhagen gegen Russland mit 4:1 (1:0) durch und verdrängte die „Sbornaja“ im Pool B noch vom zweiten Rang. Die Auswahl von Coach Stanislaw Tschertschessow fiel sogar noch hinter Finnland auf den vierten Rang zurück und ist damit ausgeschieden.

Mikkel Damsgaard hatte Dänemark, das sich nach einem 0:1 gegen Finnland und einem 1:2 gegen Belgien eindrucksvoll zurückmeldete, mit einem platzierten Schuss ins Kreuzeck in Führung gebracht (38.). Nach der Pause erhöhte zunächst Yussuf Poulsen nach einem kapitalen Blackout der Russen auf 2:0 (59.), ehe Artjom Dsjuba aus einem harten Elfmeter der Anschlusstreffer gelang (70.). Andreas Christensen und Joakim Maehle (82.) rundeten den Galaauftritt der Dänen ab.

Während Belgien dank eines 2:0 im Parallelspiel gegen Finnland mit dem Punktemaximum von neun Zählern ins Achtelfinale einzog, genügten Dänemark drei Punkte, um sich vor den punktegleichen Finnen und Schlusslicht Russland ein Fixticket für die K.-o.-Runde zu sichern. Gegner im Achtelfinale ist am Samstag (18.00 Uhr, live in ORF1) in der Johan Cruijff Arena in Amsterdam Wales. Belgien bekommt es in Sevilla am Sonntag (21.00 Uhr) mit einem der besten vier Gruppendritten zu tun.

Maehle netzt Konter zum 1:4 ein (82. Minute)

Tschertschessow kann aus dem Vollen schöpfen

Russland-Coach Tschertschessow konnte etwas überraschend aus dem Vollen schöpfen. Mit dabei war unter anderen Mario Fernandes, der gegen Finnland nach einem Luftzweikampf auf den Rücken gefallen und im Krankenhaus gelandet war. Er war aber ebenso fit wie Verteidiger Fjodor Kudriaschow, der Dmitri Barinow ersetzte und zu seinem ersten EM-Einsatz kam. Offensiv sollte das Trio Dsjuba, Alexander Golowin und Alexej Mirantschuk für Unruhe sorgen.

Dänemark blieb seiner Linie treu und lief in derselben 3-4-3-Formation auf wie beim 1:2 gegen Belgien. Grund für Veränderungen sah Hjulmand nicht, zumal der Europameister von 1992 trotz zweier Niederlagen noch fest an den Aufstieg glaubte. Kraft und Zuversicht schöpfte das Team dabei nicht nur aus den vielen tröstenden und aufmunternden Worten nach den tragischen Vorfällen um Inter-Mailand-Star Christian Eriksen beim 0:1 zum Auftakt gegen Finnland, sondern vor allem aus der Unterstützung der 25.000 Zuschauer.

Partie nimmt nur langsam Fahrt auf

Mit den Fans im Rücken dauerte es auch nicht lange, bis die Dänen das Heft in die Hand nahmen. Zunächst versuchten die Russen den Weltranglistenzehnten noch mit aggressivem Forechecking am Spielaufbau zu hindern, zogen sich aber bald in die eigene Hälfte zurück. Mit dem Platz konnte „Danish Dynamite“ allerdings wenig anfangen. Der Ball lief zwar recht gefällig durch die eigenen Reihen, gefährlich wurde es aber weder vor dem russischen Tor noch vor dem dänischen bei gelegentlichen Kontern der „Sbornaja“, die sich als Gruppenzweiter auch gar nicht aus ihrer Deckung wagen mussten und deshalb abwarteten.

Für den ersten Warnschuss zeichneten dennoch die Gäste aus Russland verantwortlich, die auf Fehler der Dänen warteten. Nach einem Ballverlust von Jannik Vestergaard an der Mittelauflage schnappte sich Golowin den Ball, sprintete über das halbe Feld und drückte aus knapp zehn Metern ab. Sein Schuss fiel aber zu zentral aus, weshalb Kasper Schmeichel im Tor der Dänen mit den Beinen klären konnte (18.). Kurz darauf probierte sich Dsjuba mit einem Drehschuss von der Strafraumgrenze, verzog aber deutlich (20.).

Damsgaard trifft ins rechte Kreuzeck

Die Dänen waren nun gewarnt, mussten aber weiter ein kalkuliertes Risiko eingehen, wollten sie die Chance auf das Achtelfinale wahren. Da bei Flanken allerdings zumeist die russische Defensive die Lufthoheit behielt, probierten es Kapitän Simon Kjaer und Co. nun vermehrt aus der Distanz. Zunächst nahm sich Pierre-Emile Höjbjerg ein Herz und zog aus knapp zwanzig Metern ab, sein Schuss ging aber am linken Pfosten vorbei (29.). Zehn Minuten später war es dann aber so weit. Diesmal probierte sich Damsgaard von der Strafraumgrenze und traf genau ins rechte Kreuzeck. Torhüter Matwej Safonow war beim Schuss des 20-Jährigen machtlos (38.).

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Beide Mannschaften betreten das Stadion.
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Dänemark kann sich zum dritten Mal auf die Unterstützung von 25.000 Zuschauern in Kopenhagen verlassen
Bild zeigt dänische Fans im Stadion.
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Trotz null Punkten aus zwei Spielen sind die Fans im im Parken Stadion vom Aufstieg ins Achtelfinale überzeugt
Kopfballduell zwischen dem Russen Artem Dzyuba und Dänermark Spieler Jannik Vestergaard.
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Zunächst ist im Kampf um die Aufstiegsplätze Abwarten angesagt, Chancen sind Mangelware
Der dänische Spieler Mikkel Damsgaard erzielt das 1:0.
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Ein Traumschuss ins rechte Kreuzeck lässt die dänischen Fans und Spieler in Jubel ausbrechen
Der Russe Artem Dzyuba erzielt das erste Tor für die Russen durch einen Elfmeter.
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Dsjuba übernimmt Verantwortung, verkürzt vom Punkt auf 1:2 und lässt Russland noch einmal hoffen
Bild zeigt Dänemark Spieler Simon Kjaer und den Russen Artem Dzyuba.
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Dänemarks Kapitän Kjaer behält aber die Übersicht und lässt kaum russische Chancen zu
Der dänische Spieler Andreas Christensen beim erzielen des 3:1 für Dänemark.
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Das 3:1 durch Christensen ebnet endgültig den Sieg und Weg ins Achtelfinale
Der dänische Trainer Kasper Hjulmand.
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Im dritten Spiel darf sich das Team von Teamchef Hjulmand über den ersten Sieg und den Aufstieg freuen
Bild zeigt jubelnde Dänemark Spieler.
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Nach dem Schlusspfiff können die dänischen Spieler ihr Glück kaum fassen

Die Machtverhältnisse in der Gruppe B hatten sich nun plötzlich komplett geändert. Da im Parallelspiel in St. Petersburg zwischen Finnland und Tabellenführer Belgien noch kein Tor gefallen war, rutschte Russland auf den letzten Platz zurück und war ausgeschieden. Dänemark durfte als Dritter noch auf den Sprung ins Achtelfinale hoffen. Finnland hatte sein Ticket für die K.-o.-Runde als Zweiter hinter Fixaufsteiger Belgien zur Halbzeit fix.

Dänemark geht kalkuliertes Risiko ein

Russland versuchte deshalb gleich nach der Pause, etwas mehr für die Offensive zu tun. Dänemark stand allerdings sicher und ließ kaum Lücken für schnelle Gegenstöße zu. Die Auswahl von Hjulmand wusste jedoch, dass jeder weitere Treffer die Chancen auf eine bessere Platzierung in der Rangliste der Gruppendritten erhöhen würde. Gleichzeitig hätte ein Tor der Russen den Traum vom Achtelfinale zerstören können. Ein Versuch von Verteidiger Daniel Wass fiel aber zu unplatziert aus (54.), ein Schuss von Poulsen wurde abgeblockt (57.).

Yussuf Poulsen (DEN)
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Poulsen nutzte einen Blackout der Russen aus und stellte die Weichen endgültig auf Sieg

Unter tatkräftiger Mithilfe der russischen Hintermannschaft durften sich die Dänen dann doch noch über den zweiten Treffer freuen. Russland wollte nach einen Abstoß kontrolliert herausspielen, Roman Sobnin übersah bei einem Rückpass auf Goalie Safonow aber Poulsen, der am Sechzehner lauerte. Der Offensivstar von RB Leipzig schnappte sich den Ball und schob sicher und locker zur 2:0-Führung ein (59.). Als sich auf den Rängen auch noch Falschinformationen vom vermeintlichen 1:0 der Belgier gegen Finnland und dem damit verbundenen Sprung auf Platz zwei verbreiteten, waren die Fans aus dem Häuschen.

Dsjuba verwandelte den Elfmeter zum 1:2 (70. Minute)

Dsjuba lässt Russen noch einmal hoffen

Die Hochstimmung im Parken erhielt aber postwendend zwei Dämpfer kurz hintereinander. Während sich der Jubel über den belgischen Führungstreffer als verfrüht herausstellte, fiel Alexander Sobolew nämlich im Strafraum im Zweikampf mit Vestergaard um und holte so einen fragwürdigen Elfmeter heraus. Dsjuba war es egal, er verkürzte sicher zum 1:2 für die Russen, die noch einmal Mut schöpften (70.).

Christensen trifft zum 1:3 (79. Minute)

Spätestens mit dem 3:1 durch Christensen sanken auch die letzten russischen Hoffnungen auf ein Minimum.

Abermals brandete in Kopenhagen Jubel auf, als die nächste Meldung aus St. Peterburg vom 1:0 für Belgien eintrudelte. Und diesmal wurde der Treffer gegeben, womit Dänemark auf Rang zwei geklettert und fix im Achtelfinale war, im Parken brachen nun nicht nur auf der Tribüne alle Dämme. In der 79. Minute setzte Christensen nach einer Dreifachchance den Schlusspunkt und netzte aus vollem Lauf zum 3:1 ein. Nur drei Minuten später versenkte Maehle den nächsten Schuss von der Strafraumgrenze zum 4:1-Entstand.

Stimmen zum Spiel:

Kasper Hjulmand (Trainer Dänemark): „Die Dänen haben uns Flügel verliehen. Sie haben uns so viel Liebe gegeben. Ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen. Ich hatte wirklich gehofft, dass wir heute einen magischen Abend erleben. Diese Fußballer haben sich in die Herzen der Dänen gespielt. Sie haben den Mädchen und Burschen zu Hause einige Idole gegeben. Und ich bin einfach so glücklich darüber.“

Stanislaw Tschertschessow (Russland-Teamchef): „Ich habe mich bei den Burschen bedankt für das, was sie geleistet haben. Sie waren bereit für dieses Spiel, aber es lief einfach nicht nach unseren Vorstellungen. Wir hätten unsere Chancen in der ersten Halbzeit nutzen können, haben es aber nicht getan, dann ein Tor aus einer Halbchance kassiert und fanden nicht mehr zurück ins Spiel. Wir müssen über all das nachdenken und nach vorne schauen. Wir sind nicht blind. Wir haben einige gute junge Spieler, also liegt es an uns, ihnen zu helfen, sich zu entwickeln, sie bereit zu machen und voranzukommen.“

Mikkel Damsgaard (Dänemark-Torschütze): „Es ist Wahnsinn, dass wir weiter sind – dieses Team, alle Spieler. Es ist fantastisch, ein Teil davon zu sein. Ich hätte mir nie träumen lassen, Teil von etwas so Großem zu sein. Es ist ein großartiges Gefühl.“

Artjom Dsjuba (Russland-Kapitän und Torschütze): „Das erste Tor kam aus heiterem Himmel. Es hat alles gepasst, aber wir haben aus guten Chancen kein Tor gemacht – und das wird auf diesem Niveau bestraft. Es ist nicht in Ordnung, wenn unser Torwart unser bester Spielmacher ist. Sobald wir es mit starken Gegnern zu tun haben, können wir den Ball nur noch zum Torwart zurückspielen. Unsere Mentalität erlaubt es uns nicht, mit so starkem Druck umzugehen, mutig zu sein und anzugreifen, wenn wir es müssen.“

Fußball-EM, Gruppe C, dritter Spieltag

Montag:

Russland – Dänemark 1:4 (0:1)

Kopenhagen, Parken Stadion, 25.000 Zuschauer, SR Turpin (FRA)

Torfolge:
0:1 Damsgaard (38.)
0:2 Poulsen (59.)
1:2 Dsjuba (70./Elfmeter)
1:3 Christensen (79.)
1:4 Maehlev (82.)

Russland: Safonow – Fernandes, Diweew, Dschikia, Kudriaschow (67. Karawajew), Kusjajew (67. Muchin) – Osdojew (61. Schemaletdinow), Sobnin – Mirantschuk (61. Sobolew), Dsjuba, Golowin

Dänemark: Schmeichel – Christensen, Kjaer, Vestergaard – Wass (60. Stryger Larsen), Höjbjerg, Delaney (76. Jensen), Maehle – Braithwaite (85. Cornelius), Poulsen (60. Dolberg), Damsgaard (72. Norgaard)

Gelbe Karten: Kudriaschow, Diweew bzw. Delaney