Den entscheidenden Treffer der Gastgeber in London erzielte Raheem Sterling bereits in der zwölften Minute. Weitere Großchancen blieben aus, obwohl die Engländer über weite Strecken eine offensiv durchaus ansprechende Leistung zeigten, während die Tschechen im Angriff diesmal enttäuschten und keine echte Chance auf den Ausgleich hatten.
Die Ausgangslage war anders als im Parallelspiel zwischen Kroatien und Schottland, für die es um alles oder nichts ging, völlig entspannt. England und Tschechien standen schon vor Spielbeginn als Achtelfinal-Aufsteiger fest. Der Gruppensieg stand auf dem Spiel – ein Offensivspektakel wurde erwartet. Im Fokus dabei standen die Topstürmer: Harry Kane und Patrick Schick.
Während Schick im Verlauf der EM alle drei Treffer der Tschechen erzielte, hatte Kane bisher Ladehemmung. Trotz aller medialen Kritik holte ihn der englische Teamchef Gareth Southgate wieder in die Startelf. Kane, der WM-Torschützenkönig 2018 (sechs Treffer), durfte sich beweisen. Würde der Tottenham-Star zu gewohnter Stärke zurückfinden?
Maßauftakt für Gastgeber
Tatsächlich begann die Partie mit einem Stangenschuss und also einem Paukenschlag für die Gastgeber im Wembley-Stadion, allerdings nicht durch Kane. Sterling (2.) fand nach gelungenem Zuspiel in den Strafraum in der Stange seinen Meister. Tschechiens Goalie Tomas Vaclik wäre geschlagen gewesen. Bereits zum dritten Mal im Verlauf des Turniers hatten die Engländer das Torgehäuse getroffen.
Besser machte es Sterling nur zehn Minuten später. Nach einer Maßflanke von Jack Grealish von der linken Seite hatte der 26-Jährige aus kürzester Distanz keine Mühe, den Ball per Kopf hinter die Linie zu bugsieren. Die Anfangsoffensive der Engländer war belohnt worden. Die Tschechen dagegen warteten auf die erste Torchance, die sich bisher nicht geboten hatte – selbst Schick wurde nicht gefährlich.
Tschechien bemüht sich
Die Engländer machten die Räume eng. Ein indirekter Freistoß von Lukas Masopust (23.) direkt in die Hände von Goalie Jordan Pickford war die erste Annäherung der Tschechen ans Tor, fünf Minuten später musste sich Pickford gehörig strecken, um einen glasklaren Schuss von Tomas Holes aus dem linken Eck zu holen, bevor er einschlug. Davor hatte Kane, der erstmals auffällig wurde, das 2:0 am Bein gehabt: Sein Schuss im Strafraum aufs rechte lange Ecke wurde von Vaclik entschärft (26.).
Das Umschaltspiel der Engländer funktionierte tadellos, sie dominierten, wiewohl die Tschechen noch öfter in der ersten Halbzeit und besonders durch Tomas Soucek (36.) gefährlich wurden, der knapp das Tor verfehlte. Auch Sterling vergab noch eine Chance auf der Gegenseite. Schick war in der ersten Hälfte abgemeldet, Kane hatte gute Momente. So oder so war England gerade in der Anfangsphase im Vergleich zu den vergangenen Partien offensiv kaum wiederzuerkennen.
Nicht viel los in Hälfte zwei
Nach dem Seitenwechsel drückte die Southgate-Truppe zunächst weiter aufs Tempo, obwohl sie es ob der Führung geruhsamer hätte angehen können. Nach einem Gegenstoß und folgendem Eckball hatte allerdings Tschechien die erste Chance in Halbzeit zwei. Der missglückte Pass- oder Schussversuch von Vladimir Darida (50.) war für Pickford leichtes Spiel. Im Gegenzug erreichte Kane einen zu steilen Pass vors Tor knapp nicht.
Die Zeit lief für die Engländer, die als Gruppensieger im Achtelfinale nun auf den Zweiten der Gruppe F, also Deutschland, Frankreich, Titelverteidiger Portugal oder Ungarn treffen. Tschechien muss im Achtelfinale – gegen wen auch immer – jedenfalls auf Verteidiger Jan Boril verzichten, der nach einem Foul eine weitere Gelbe Karte sah und für das Achtelfinale gesperrt ist.
Ab Mitte der zweiten Halbzeit flachte die Partie ab. England tat sich schwer, das Spiel zu machen, die Angriffe der Tschechen blieben harmlos. Jordan Henderson (87.) traf aus Abseitsposition, die Schiedsrichter Soares Dias nicht verborgen blieb. Weitere Torchancen gab es nicht. In der 76. Minute war Schick, der hinter den Erwartungen geblieben war, vom Rasen geholt worden – zur Schonung mit Blick auf das Achtelfinale. Kane spielte durch. Getroffen hat er wieder nicht.
Stimmen zum Spiel:
Jaroslav Silhavy (Tschechien-Teamchef): „Wenn Saka und Sterling mit dem Ball gesprintet sind, war es sehr schwierig, sie zu stoppen. Beim Gegentor haben wir auf Sterling völlig vergessen. Wir haben frühes Pressing erwartet und so ist es auch gekommen. England war auf ein frühes Tor aus und hat das auch geschafft. Wir waren schon vor dem letzten Spiel für das Achtelfinale qualifiziert und haben im direkten Duell mit England um den Gruppensieg gekämpft. Man muss auf das Ganze positiv sehen, wir haben das erreicht, was wir wollten.“
Gareth Southgate (England-Teamchef): „Wir sind richtig gut gestartet, waren sehr stabil im Spiel mit dem Ball und auch ohne den Ball, wofür den Spielern ein Lob gebührt, weil wir Sachen über Nacht ändern mussten wegen personeller Wechsel. Die Tschechen sind ein richtig guter Gegner, sie lassen den Ball gut zirkulieren, und es ist schwierig, sie zu durchbrechen. Von uns wird noch mehr kommen, es wirkt noch nicht alles fließend, aber es sind Momente dabei, wo man sieht, dass wir eine gute Mannschaft haben. Es gibt viele gute Sachen, das ist viel Positives. Wir wollten die Gruppe gewinnen und im Wembley bleiben, das haben wir geschafft.“
Fußball-EM, Gruppe D, dritter Spieltag
Tschechien – England 0:1 (0:1)
London, Wembley-Stadion, 19.100 Zuschauer, SR Dias (POR)
Tor: Sterling (12.)
Tschechien: Vaclik – Coufal, Celustka, Kalas, Boril – Holes (84./Vydra), Soucek – Masopust (64./Hlozek), Darida (64./Kral), Jankto (46./Sevcik) – Schick (75./Pekhart)
England: Pickford – Walker, Stones (79./Mings), Maguire, Shaw – Phillips, Rice (46./Henderson) – Saka (84./Sancho), Grealish (68./Bellingham), Sterling (67./Rashford) – Kane
Gelbe Karten: Boril bzw. keine
Die Besten: Vaclik, Soucek bzw. Shaw, Grealish, Sterling