Nach davor zwei Unentschieden gegen Schweden (0:0) und Polen (1:1) wurden die Spanier ihrer Mitfavoritenrolle als dreifacher Europameister gegen die Slowakei erstmals bei dieser Endrunde gerecht. Der slowakische Goalie Martin Dubravka mit einem Eigentor (30.) und Aymeric Laporte (45.+3) hatten die Spanier auf Erfolgskurs gebracht, Pablo Sarabia (56.), Ferran Torres (67.) und ein weiteres slowakisches Eigentor durch Juraj Kucka (72.) besorgten nach dem Seitenwechsel den Rest.
Gastgeber unter Druck
Dabei war Spanien in seinem unerwarteten „Endspiel“ um den Aufstieg mit dem Rücken zur Wand gestanden. Nach den beiden Remis davor musste gegen die Slowakei eine Steigerung und also ein Sieg her, um aus eigener Kraft ins Achtelfinale aufzusteigen. Bisher war nicht viel nach Wunsch gelaufen: Zu Ideenlosigkeit kamen auch noch Pech und Unvermögen, wie ein verschossener Elfmeter von Gerard Moreno gegen Polen. „Sein oder nicht sein“, darum ging es im letzten Gruppenspiel laut spanischen Medien.
Selbst die Hitze in Sevilla gereichte den Spaniern bisher nicht zum Vorteil. Die Slowaken ließen sich durch das ungewohnt heiße Klima nicht aus der Ruhe bringen. Ein Unentschieden reichte ihnen zum Aufstieg. Für den drohenden Angriffswirbel der Spanier fühlten sich die Slowaken gerüstet. Die Mannschaft von Coach Stefan Tarkovic wollte es den Spanier jedenfalls so schwer wie möglich machen. Alvaro Morata und Moreno gaben mit Sarabia den Dreierangriff der Spanier. Für die Slowaken stürmte Ondrej Duda.
Eigentor und vergebener Elfer
Ein schnelles Tor wäre den Gastgebern recht gewesen. Spanien drängte nach vorn, mit dem berüchtigten Kurzpassspiel versuchten sie, die slowakische Abwehr zu knacken. Diese hielt den Angriffen vorerst stand. Brenzlig wurde es in der elften Minute: Nach einem Foul im Strafraum von Jakub Hromada an Koke entschied Schiri Björn Kuipers nach Videoanalyse auf Elfer. Alvaro Morata trat an und scheiterte am slowakischen Goalie Dubravka. Kopfschüttelnd gab er seinem Ärger Ausdruck. Wie Moreno zuletzt gegen Polen war er vom Elferpunkt gscheitert.
Zugleich war es symptomatisch, weil die Spanier Chancen kreierten, sie aber nicht verwerteten. Erneut war es Morata (24.), der von der Strafraumgrenze unbedrängt abzog und wieder in Dubravka dank Glanzparade seinen Meister fand. Kurz darauf wurde Dubravka zur tragischen Figur der Slowaken. Nach einem Lattenschuss von Pablo Sarabia lenkte der 32-Jährige den folgenden Schmetterball statt über die Latte ins eigene Tor (30.). Fassungslos griff er hinter sich.

Vorentscheidung mit Pausenpfiff
Morata war es übrigens, der beim 1:1 gegen Polen den davor einzigen Treffer der Spanier im Verlauf dieses EM-Turniers erzielt hatte. Der Slowake Dubravka sorgte für den zweiten – kein Ruhmesblatt für den dreifachen Europameister, der in der 36. Minute zudem fast den Ausgleich hätte hinnehmen müssen. Duda zog nach perfektem Zuspiel in den Strafraum und zirkelte den Ball knapp am rechten langen Eck vorbei. Der spanische Tormann Unai Simon wäre geschlagen gewesen. Dass Duda beim Zuspiel im Abseits gestanden wäre, schien letztlich egal.
Mit dem Pausenpfiff erhöhte Laporte durch einen brillanten Kopfball nach präziser Flanke von Moreno, der unmittelbar davor mit einem Schuss aus kurzer Distanz an Dubravka gescheitert war, auf 2:0. Spanien war seinem großen Namen mit Toren gerecht geworden – die Fans in Sevilla nahmen das wohlwollend zur Kenntnis.

Spanien drängt mit Erfolg weiter
Der slowakische Teamchef Stefan Tarkovic versuchte mit dem Wiederanpfiff durch Stanislav Lobotka (für Jakub Hromada) und Michal Duris (für Duda) für frischen Wind zu sorgen. Die Slowaken gaben sich bemüht. Zwingende Ausgleichschancen ergaben sich nicht. Ein Weitschuss von Duris (48.) blieb in der spanischen Abwehr hängen. Die Spanier hatten auch nach dem Seitenwechsel und mit der Führung im Rücken alles unter Kontrolle.
Die endgültige Entscheidung ließ nicht lange auf sich warten. Dieser voran ging ein Stanglpass von Jordi Alba in den Strafraum, wo Sarabia goldrichtig stand und sich nicht lumpen ließ. Unhaltbar für Dubravka versenkte der Barcelona-Routinier den Ball im Netz. Gejubelt wurde auf den Rängen und auf dem Rasen, es stand fest: Spanien darf für das Achtelfinale planen.
Damit hatten die Gastgeber nicht genug, während die Slowaken auf verlorenem Posten standen. Torres, unmittelbar davor eingewechselt, lenkte den Ball nach Zuspiel von Sarabia mit der Ferse ins Tor. Fünf Minuten später machte es Kucka seinem Schlussmann Dubravka mit einem Eigentor gleich. Nach einer unübersichtlichen Situation im Strafraum drückte der 34-Jährige das Leder unhaltbar für Dubravka ins Netz.
Stimmen zum Spiel:
Luis Enrique (Teamchef Spanien): „Es hat nicht alles geklappt, aber ich bin glücklich, weil wir den Leuten Freude bereitet haben und die Spieler sich selbst auch. Jetzt ist auch einmal Zeit zum Feiern. Wir werden auf der Heimreise nach Madrid auch ein Bier trinken. Das wird ein schweres Spiel, aber wir gehen mit viel Zuversicht in die Runde der besten 16 Mannschaften.“
Stefan Tarkovic (Teamchef Slowakei): „Nach dem dritten Tor war es ein Exhibition-Match für die Spanier. Es ist schwer gegen solch einen Gegner. Du musst gut organisiert sein, gut in der Defensive spielen, und das haben wir nicht gemacht. Gegen Spanien solche Fehler zu machen ist nicht akzeptabel.“
Martin Dubravka (Tormann Slowakei): „Das erste Tor war mein Fehler, das werde ich lange bereuen. Das zweite hat es uns schwer gemacht, danach hat Spanien das Spiel viel leichter kontrolliert.“
Fußball-EM, Gruppe E, dritter Spieltag
Mittwoch:
Slowakei – Spanien 0:5 (0:2)
Sevilla, La Cartuja, 12.500 Zuschauer, SR Kuipers (NED)
Torfolge:
0:1 Dubravka (30./Eigentor)
0:2 Laporte (45.+3)
0:3 Sarabia (56.)
0:4 Ferran Torres (67.)
0:5 Kucka (71./Eigentor)
Anm.: Morata vergab Elfmeter gegen Dubravka (12.)
Slowakei: Dubravka – Pekarik, Satka, Skriniar, Hubocan – Kucka, Hromada (46. Lobotka) – Haraslin (69. Suslov), Hamsik (90. Benes), Mak (69. Weiss) – Duda (46. Duris)
Spanien: Simon – Azpilicueta (77. Oyarzabal), E. Garcia (71. P. Torres), Laporte, Jordi Alba – Koke, Busquets (71. Alcantara), Pedri – Sarabia, Morata (66. F. Torres), Moreno (77. Traore)
Gelbe Karten: Duda, Skriniar bzw. Busquets, Alba
Die Besten: keiner bzw. Busquets, Alba, Sarabia