Novak Djokovic
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Wimbledon

Djokovic setzt Jagd nach Grand Slam fort

Topstar Novak Djokovic ist der große Favorit bei den am Montag beginnenden All England Championships in Wimbledon. Der 34-jährige Serbe hat nach den Triumphen in Australien und bei den French Open nicht nur die Chance, weiter Kurs auf einen „echten“ Grand Slam zu halten, sondern kann auch mit Rafael Nadal und Roger Federer gleichziehen. Mit seinem dritten Major-Titel hintereinander hätte der Weltrangslistenerste dann wie der Spanier und der Schweizer 20 Grand-Slam-Siege eingefahren.

Innerhalb eines Jahres bei allen vier Major-Events abzuräumen ist bisher nur dem US-Amerikaner Don Budge 1938 und zweimal dem Australier Rod Laver in den Jahren 1962 und 1969 gelungen. Bei den Damen waren es Maureen Connolly (1953), Margaret Court (1970) sowie Steffi Graf (1988). Jahrübergreifend alle vier Titel im Herren-Einzel gleichzeitig zu halten, das hat Djokovic aber schon einmal geschafft: 2015/16 siegte er der Reihe nach in Wimbledon, New York, Melbourne und Paris. Bei den Damen gelang dieses Kunststück nur Martina Navratilova (1983/84), Graf (1993/94) und zweimal Serena Williams (2002/03, 2014/15).

Das bisher letzte Wimbledon-Finale liegt zwei Jahre zurück, denn 2020 hatte das Traditionsturnier wegen der Coronavirus-Pandemie (abgesehen von den beiden Weltkriegen) erstmals abgesagt werden müssen. Dennoch ist dieses Endspiel noch in Erinnerung: Djokovic rang damals den achtfachen Wimbledon-Champion Roger Federer nach 4:55 Stunden mit 7:6 (7/5) 1:6 7:6 (7/4) 4:6 13:12 (7/3) nieder. Erstmals war die neue Wimbledon-Tiebreak-Regel zur Anwendung gekommen: ein Tiebreak bei 12:12 im fünften Satz. Federer hatte zwei Matchbälle vergeben. Und doch war es das bisher längste Herren-Finale der Geschichte.

Novak Djokovic und Roger Federer
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4:55 Stunden standen Djokovic und Federer einander im Finale 2019 gegenüber, mit dem besseren Ende für den Serben

„Als würde man den Mount Everest erklimmen“

„Hoffentlich kann ich die Wimbledon-Trophäe wieder in Händen halten. Ich habe 2018 und 2019 gewonnen, letztes Jahr wurde nicht gespielt, also hoffentlich kann ich den Lauf fortsetzen“, sagte Djokovic jüngst bei seinem Doppel-Auftritt bei den Mallorca Championships. „Ich glaube, ich habe mich über die Jahre auf Rasen sehr verbessert“, fügte der „Djoker“ hinzu, doch weiß er trotz aller Erfolge, wie schwierig ein Major-Sieg zu erreichen ist. „Jeder Grand Slam ist so, als würde man den Mount Everest erklimmen. Ich habe immer die höchsten Ambitionen, aber ich versuche in der Gegenwart zu sein.“

Selbstzweifel kennt Djokovic aber keine: „Wenn ich alles richtig mache, mit meinem Körper und meiner Seele, dann kann ich auf jedem Belag gegen jeden gewinnen.“ Ob sein größter Widersacher tatsächlich noch einmal Federer sein kann, der am 8. August schon 40 Jahre alt wird, wird sich weisen. Der Eidgenosse hat in Wimbledon seine wohl größte und vielleicht auch letzte Chance, seine Major-Trophäen-Sammlung doch noch auf 21 aufzustocken.

Nadal und Thiem als große Abwesende

Im Dreikampf um die meisten Major-Siege fehlt allerdings der wie Federer bei 20 Titeln haltende Rafael Nadal, der seinen Körper schonen will und auch Olympia schon aus seinem Programm gestrichen hat. Mit dem griechischen French-Open-Finalisten Stefanos Tsitispas, dem Weltranglistenzweiten Daniil Medwedew aus Russland und auch Alexander Zverev stehen mehrere Youngster aber „Racket bei Fuß“, um die noch immer nicht erfolgte Wachablöse einzuleiten. Aber 59 Grand-Slam-Titel seit 2003 für das Trio Federer, Nadal, Djokovic sprechen eine klare Sprache.

Seit Donnerstagabend ist auch klar, dass neben Nadal auch Dominic Thiem fehlen wird. Wegen einer Handgelenksverletzung fällt der US-Open-Sieger zumindest fünf Wochen aus. Sein Fokus wird neben seiner Genesung wohl schon jetzt auf New York liegen. Da auch in der Qualifikation alle Österreicher draußen sind, ist im Einzel lediglich Dennis Novak am Start. Er war kürzlich ins Hauptfeld gerutscht. Es ist sein drittes Wimbledon, wobei er 2018 mit fünf Siegen en suite aus der Qualifikation heraus die dritte Runde erreicht hat.

Barty reist nicht topfit nach London an

Bei den Frauen scheint das Feld offener als zuvor: Die topgesetzte Australierin Ashleigh Barty kommt nach Verletzungssorgen ohne Rasen-Matchpraxis nach London. Und die ebenfalls angeschlagene Titelverteidigerin Simona Halep aus Rumänien sagte überhaupt kurzfristig ab. Bei den French Open wurde zum sechsten Mal in Folge eine erstmalige Major-Siegerin gekürt. Gleiches könnte am 10. Juli auch in Wimbledon passieren. Es wäre die erste Premierensiegerin seit Marion Bartoli 2013.

Ashleigh Barty
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Barty nimmt die diesjährige Wimbledon-Auflage ohne Matchpraxis auf Rasen in Angriff

Barty hat in der zweiten Runde von Roland Garros wegen einer Hüftverletzung aufgeben und dann im Rom-Viertelfinale wegen einer Armverletzung passen müssen. Halep hat ebenfalls in Rom ihr Zweitrundenmatch abbrechen und in der Folge für Paris absagen müssen. Nun verpasst die Rumänin auch Wimbledon. Naomi Osaka fehlt wegen ihrer angeschlagenen mentalen Gesundheit nach ihrem Rückzug in Roland Garros auch in Wimbledon.

Serena Williams nimmt nächsten Anlauf

Vielleicht ist es doch noch einmal die große Stunde von Serena Williams auf der gefühlt ewigen Jagd nach dem 24. Grand-Slam-Rekord-Titel. Die dieses Jahr wie Federer 40 Jahre werdende US-Amerikanerin ist seit ihrer Babypause zwar in vier Major-Endspielen gestanden, die Einstellung der Bestmarke von Margaret Court ist ihr bisher aber noch nicht gelungen. „Für mich ist das ihre goldene Gelegenheit“, meinte ESPN-Analystin und Ex-Tennis-Größe Chris Evert. Sowohl bei den Australian Open als auch in Wimbledon hat Serena Williams bisher je sieben Titel geholt.