Der Belgische Spieler Romelu Lukaku
GEPA/SNA/Vladimir Ast
Fußball-EM

Lukaku heiß auf Duell mit Wahlheimat

Am Freitag (21.00 Uhr, live in ORF1) kommt es in München zum großen Schlager im Viertelfinale der EM-Endrunde 2021 zwischen Belgien und Italien. Für Romelu Lukaku ist es nicht nur aufgrund der Aussicht auf den Einzug ins Semifinale ein besonderes Duell. Denn der belgische Sturmtank reifte erst in der Liga des Gegners zum Superstar. Im Viertelfinale sollen die „Azzurri“ Lukakus Durchschlagskraft am eigenen Leib spüren.

Seit 2019 spielt Lukaku in der italienischen Serie A und reifte bei Inter Mailand zum Leistungsträger. Als Inter Anfang Mai als Meister feststand, sah man den 28-Jährigen ausgelassen feiern. Lukaku jubelte mit Fans in der Stadt, sang und wirbelte ein Trikot durch die Luft. Der Stürmer hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die Mailänder erstmals seit elf Jahren wieder in der Serie A triumphierten. 24 Tore und zehn Assists gelangen Lukaku alleine in der Meisterschaft.

Vor seinem Wechsel nach Italien spielte „Big Rom“ lange in England, bei Manchester United wurde er zuletzt nicht ganz glücklich. Inter-Coach Antonio Conte wollte ihn unbedingt, der Verein bezahlte 80 Millionen Euro, und der Transfer schlug ein. Lukaku stellte seine Ernährung um, verlor an Gewicht und schoss Tor um Tor. „Italien hat mich auf ein neues Level gebracht, physisch und mental“, sagte der Belgier nach dem Gewinn der Meisterschaft: „Ich habe mich noch nie so stark gefühlt.“ Den Titel widmete Lukaku seinem Großvater. Vor dessen Tod habe er ihm versprochen, Trophäen zu gewinnen, das habe er nun eingelöst.

Inter-Mailand-Spieler Romelu Lukaku
AP/LaPresse/Fabio Ferrari
Lukakus Tore (r.) ebneten Inter den Weg zum insgesamt 19. Scudetto

„Jetzt bin ich Weltklasse“

Erfolg steigert auch das Selbstvertrauen. Schon vor dem Achtelfinal-Duell mit Portugal zeigte der Stürmer keine falsche Bescheidenheit: „Ich habe einen großen Schritt gemacht. Jetzt bin ich Weltklasse. Das war mein persönliches Ziel.“ Im Blick hat Lukaku den EM-Pokal mit der „goldenen Generation“ Belgiens. Das Team steht seit fast drei Jahren an der Spitze der Weltrangliste des Internationalen Fußballverbands (FIFA), die Krönung fehlt aber noch.

Bei der WM 2018 kam das Aus im Halbfinale gegen den späteren Weltmeister Frankreich, damals sei man zu unreif gewesen. „Wir haben es zu sehr versucht und wurden geschlagen“, sagte Belgiens Nummer neun. Jetzt könne das Team aber auf viele verschiede Arten gewinnen. Beim 1:0 gegen Portugal gelang das dank einer disziplinierten Vorstellung in der Defensive und eines präzischen Schusses von Thorgan Hazard kurz vor der Pause. Auch an Erfahrung mangelt es den Belgiern mittlerweile nicht mehr.

Der belgische Stürmer Romelu Lukaku bei der WM 2018 gegen Russland
APA/AFP/Gabriel Bouys
Bei der WM in Frankreich kam für den Stürmer und Belgien im Semifinale das Aus

Gegen Italien führt ein möglicher Sieg und damit der Aufstieg in die Runde der besten vier natürlich auch über Lukaku, den ganz großen Spielen konnte er bisher aber noch nicht seinen Stempel aufdrücken. Bei Welt- und Europameisterschaften hat der Stürmer jeweils fünf Tore erzielt, allerdings nur eines davon in einer K.-o.-Partie. Für Belgien geht es um den insgesamt dritten Halbfinal-Einzug nach 1972 und 1980 bei einer EM. Vor 41 Jahren gelang überhaupt der Sprung ins Endspiel.

Italiener wissen, was Sache ist

Fast alle seiner Kontrahenten am Freitag spielen wie Lukaku in der Serie A und wollen weitere Treffer von ihm verhindern. „Wir kennen ihn alle sehr gut, vielleicht wird uns das helfen“, sagte Mittelfeldspieler Matteo Pessina am Montag, lobte den Belgier aber auch: „Er kann sich alleine gegen zwei oder drei Spieler durchsetzen.“ Dennoch hofft sein Teamkollege Jorginho, dass ihn gerade die routinierten Innenverteidiger Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini in Schach halten können, sollten beide spielen. „Es ist ja zwei gegen einen“, sagte der gebürtige Brasilianer mit einem Augenzwinkern.

Vor dem Viertelfinale werden Lukaku und seine Teamkollegen wieder niederknien, um gegen Rassismus zu protestieren. Ein Thema, das dem Stürmer mit kongolesischen Wurzeln sehr am Herzen liegt. Er wurde selbst immer wieder mit diskriminierenden Beleidigungen konfrontiert und setzte sich öffentlich dagegen zur Wehr. Vor der EM sagte Lukaku zu CNN Sport, er denke, dass Rassismus im Fußball gerade bei einem „all-time high“ sei. Ob sich die Italiener anschließen, steht ihnen frei. Der Verband überlässt ihnen die Entscheidung, das Knie zu beugen.