Lewis Hamilton (GBR)
AP/CALSP/James Gasperotti
Formel 1

Hamilton glaubt an seine WM-Chance

Lewis Hamilton will die neuen Kräfteverhältnisse in der Formel 1 nicht so einfach akzeptieren. „Ich werde alles geben, was ich habe“, sagte der Weltmeister nach der nächsten deutlichen Niederlage am Sonntag beim Grand Prix von Österreich gegen WM-Leader Max Verstappen.

Fünf Siege in Folge hat Red Bull nun auf dem Konto, vier davon durch Verstappen. Das bringt das jahrelang erfolgsverwöhnte Mercedes-Team und Hamilton in eine ganz neue Situation. Nach sieben Jahren Dominanz sind die Silberpfeile auf einmal die Jäger, und der Brite musste feststellen: „Max zieht weg, und wir können einfach nichts tun. Wir sind meilenweit von ihm entfernt. Es wartet jetzt sehr viel Arbeit.“

Fast schon spielerisch fuhr Verstappen in Spielberg zum nächsten Erfolg und führt in der Gesamtwertung nun schon 32 Punkte vor Hamilton. Hätte der Niederländer in Baku nicht in Führung liegend einen Reifenplatzer gehabt, wäre der Vorsprung sogar noch deutlich größer.

„Ich habe mein Bestes gegeben“

Der 36-jährige Hamilton will in diesem Jahr eigentlich als erster Fahrer zum achten Mal Weltmeister werden. Doch der auf der Strecke eiskalte und mittlerweile fehlerlose Verstappen droht das zu verhindern. „Ich habe mein Bestes gegeben, mehr hätte ich nicht tun können“, sagte Hamilton. Nach einem Defekt an seinem Wagen wurde er nur Vierter. Der beste Saisonstart seiner Karriere mit drei Siegen und einem zweiten Platz ist nach vielen Rückschlägen längst schon vergessen.

Lewis Hamilton (GBR)
AP/Darko Vojinovic
Hamilton hat derzeit öfter Gelegenheit für nachdenkliche Momente

„Das waren schmerzhafte Rennen, aber wir behalten den Kopf oben“, sagte der 98-fache Grand-Prix-Sieger. Hamilton weiß, dass er von Red Bull überholt wurde, weil der Rennstall das aktuelle Auto besser versteht und noch technisch weiterentwickelt. Mercedes richtet den Blick nach eigenen Angaben hingegen schon mehr auf 2022. Angesichts von noch 14 ausstehenden Rennen sei aber nichts verloren. „Wir haben gesehen, was vielleicht nicht rund läuft. Wenn wir das bewältigen können, haben wir ein Auto, das gewinnen kann“, sagte Motorsportchef Toto Wolff. „Das Momentum geht gerade in die falsche Richtung, aber es ist weit davon entfernt, vorbei zu sein. Wir kämpfen, solange es mathematisch möglich ist.“

Hoffen auf Trendwende beim Heim-GP

Im Moment ist der Druck auf Mercedes besonders hoch. In zwei Wochen steht Hamiltons Heimspiel in Silverstone auf dem Programm. Sechs der letzten sieben Rennen unweit seiner Heimat Stevenage hat er gewonnen. Es ist seine Strecke, 140.000 Fans dürfen dabei sein und hoffen auf einen Sieg ihres Helden. Eine Pleite gegen Red Bull würde nirgendwo mehr schmerzen als im Herzen des britischen Motorsports.

Man müsse nun „an allen Ecken und Enden suchen“, damit man auf den anderen Strecken besser abschneiden könne, so Wolff. Er setzt nicht nur am Auto, sondern auch bei den Mitarbeitern an. „Das Ganze ist ein Lebensexperiment. Unsere Werte sind das Immunsystem des Teams. Es muss auch funktionieren, wenn es einmal nicht läuft“, sagte der 49-jährige Wiener und beschwor sein Team. „Es ist eine Reise, und der jetzige WM-Kampf ist gerade ein schwieriges Stück dieses Weges. Eine neue Erfahrung für uns alle.“

Verstappen selbst überrascht

Denn was im März als spannender Zweikampf begann, ist längst zu einer Machtdemonstration von Red Bull und Verstappen geworden. Die zwei Start-Ziel-Siege in Spielberg überraschten den 23-Jährigen selbst. „Ich hatte nicht erwartet, dass es so dominant läuft. Ich war einfach immer schneller als die anderen“, sagte der Niederländer. Von 2010 bis 2013 hatte Sebastian Vettel vier WM-Titel für Red Bull geholt und das Team von Dietrich Mateschitz zur Nummer eins gemacht. Seit dem Beginn der Hybridära reichte es nur noch zu vereinzelten Siegen. Mit Mercedes konnten sie nie lange Zeit mithalten – bis jetzt.

Der Rückstand spornt den deutschen Rennstall aber an. „Ich baue auf die Lernkurve“, sagte Wolff. Langfristig werde die schwierige Situation sein Team erfolgreicher machen. „Irgendwann werden wir zurückblicken und sagen: Das war nötig.“ Der Wiener setzt zudem darauf, dass Red Bull in den kommenden Wochen die Weiterentwicklung des aktuellen Boliden beendet, weil man sich wie Mercedes mehr auf die Zukunft konzentrieren müsse. Dann gehe es darum, das meiste aus dem vorhandenen Material zu holen. „Wir müssen weniger Fehler machen und das Auto verstehen, dann sind wir absolut auf der Jagd“, sagte Wolff.