Sergio Busquets
AP/Stuart Franklin
Fußball-EM

„Oldies“ beflügeln Spanien und Italien

Spaniens Sergio Busquets und Italiens Giorgio Chiellini haben in ihren langen Karrieren im Weltfußball schon eine beachtliche Anzahl an Erfolgen vorzuweisen. Stets loyal zu ihren Clubs, sind die beiden Allzeitgrößen aus den Nationalteams seit Jahren nicht wegzudenken. Für den 36-jährigen Chiellini wäre der EM-Titelgewinn die erste große Trophäe im Trikot der „Azzurri“, der vier Jahre jüngere Busquets war schon Welt- und Europameister.

So sehr Italien bei dieser EM mit Offensivfußball begeistert, so sehr benötigt das Team auch die defensive Stabilität, die Chiellini mit seinem Nebenmann Leonardo Bonucci im Abwehrzentrum garantiert. Beide spielen seit Jahren bei Juventus Turin zusammen, neunmal gewann Chiellini bereits den Titel in der Serie A. „Es war ein Generationenwechsel“, sagte Nationaltrainer Roberto Mancini über die Veränderungen in der Mannschaft in den vergangenen Jahren. „Aber die Defensive ist immer wichtig, es braucht eine gute Balance.“

Vor fast zwei Jahrzehnten, am 17. November 2004, gab Chiellini sein Debüt für Italien. Seitdem war er oft nah dran am großen Ziel, vor allem das 0:4 gegen Spanien im EM-Finale 2012 blieb in schmerzhafter Erinnerung und weckte den Wunsch nach Wiedergutmachung. „Es ist wohl mein letztes Turnier mit dem Nationalteam“, sagte Chiellini vor der EM. Krönen will der Juventus-Profi diese Ära am liebsten mit dem Titel. „Ein Traum, der noch gelebt werden muss“, schrieb Chiellini vor dem Halbfinale gegen Spanien am Dienstag (21.00 Uhr, live ORF 1).

Italien gegen Spanien um Finaleinzug

Am Dienstag geht es in einem Schlager um das erste Finalticket. Italien und Spanien matchen sich im Wembley Stadium.

Chiellini weiterhin auf Topniveau

Gegen die mit zwölf Toren bisher beste Offensive wird wieder viel von Chiellini abhängen, der im Viertelfinale gegen Belgien mit seinem gewohnt kompromisslosen Spiel Torjäger Romelu Lukaku großteils neutralisierte. Sein Nebenmann Bonucci ist mit 34 Jahren auch ein Routinier. „Ich sage seit vielen Jahren, dass sie die besten auf dieser Position sind“, sagte Mancini vor dem Duell mit den Spaniern.

Romelu Lukaku und Giorgio Chiellini
APA/AFP/Matthias Hangst
Italiens Abwehrchef Chiellini hatte Belgien-Star Romelu Lukaku im Viertelfinale gut im Griff

So robust und knallhart Chiellini seit Beginn seiner Karriere verteidigt, so wenig ist über seine andere Seite neben dem Platz bekannt. Sein Privatleben hält der Vater von zwei Töchtern weitgehend aus der Öffentlichkeit heraus, nur seinen Uniabschluss in Wirtschaftswissenschaften gab er 2017 bekannt. Trotz überzeugender Leistungen bei dieser EM ist Chiellinis Zukunft ungeklärt. Sein Vertrag bei Juventus lief aus, eine Verlängerung soll aber nur Formsache sein.

Gute Erinnerungen für Busquets

Für Sergio Busquets begann die EM mit einer SARS-CoV-2-Infektion und Quarantäne. Der Mittelfeldmann litt. Nicht an Symptomen, sondern weil er nicht wusste, ob es reicht. Ob er noch im Trikot der „Roja“ auflaufen könnte. Er wird fünf Tage nach dem EM-Finale 33 Jahre alt. Das sei seine letzte EM, sagte der Barcelona-Profi bereits.

Gegen Italien wird der achtfache spanische Meister und dreifache Champions-League-Sieger sein 127. Länderspiel absolvieren. Busquets weiß, wie man Italien schlägt und am Ende die Trophäe in den Händen halten darf. 2012 war er dabei, als Spanien Italien mit 4:0 demütigte. Zwei Jahre zuvor war der Katalane mit Spanien Weltmeister geworden.

Xavi Hernandez und Sergio Busquets mit EM-Pokal 2012
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Bei der EM 2012 holte Spanien mit Busqets (r. neben Xavi) nach einem Finalsieg gegen Italien den Titel

Nachdem Nationaltrainer Luis Enrique nun auf den nicht topfitten Rekordteamspieler Sergio Ramos (180 Spiele) verzichtet hatte, bekam Busquets als letzter Vertreter der Goldenen Generation – Jordi Alba war zwar 2012, aber nicht bei der WM 2010 dabei – eine noch größere Bedeutung im Aufgebot, in dem elf Spieler 25 Jahre oder jünger sind.

Spanien blüht mit Busquets auf

Im ersten EM-Spiel, als Busquets wieder auf dem Platz stand, gewann Spanien mit 5:0 gegen die Slowakei nach zuvor zwei mageren Remis. Im Interview kurz nach der Partie übermannten Busquets die Emotionen. Die Ungewissheit hatte ihm schwer zugesetzt, sagte er und versuchte die Tränen unter Kontrolle zu bringen. Zum „Star of the Match“ wurde er gewählt, auch beim 5:3 n. V. im Viertelfinale gegen Kroatien. Spätestens da wusste jeder, warum Enrique klargestellt hatte, auf Busquets’ Rückkehr zu warten und ihn nicht abzuschreiben.

Busquets gewann unter Josep Guardiola und auch Luis Enrique mit dem FC Barcelona die Champions League. Er ist der, der das Spiel zusammenhält, es liest, es organisiert. Das alles aber, ohne dabei selbst groß in den Vordergrund zu geraten mit seiner schlaksigen Statur. Noch immer trifft auf ihn zu, was einst der spanische Trainer Vicente del Bosque sagte: „Du schaust ein Spiel und siehst Busquets nicht. Aber wenn du Busquets anschaust, siehst du das ganze Spiel.“