Als erst dritter Österreicher nach Max Bulla (1931) und Georg Totschnig, der 2005 in die Bergankunft in Ax-3-Domaines solo für sich entschieden hatte, durfte sich Konrad nach seinem Kraftakt über insgesamt vier Bergwertungen als Etappensieger bei der Tour de France feiern lassen. Für den österreichischen Meister war es zugleich der erste Sieg bei einer der drei Grands Tours.
In der Gesamtwertung verbesserte sich der der 29-Jährige auf den 21. Platz – 47:02 Minuten hinter Vorjahressieger Pogacar (UAE-Team), der 5:18 Minuten und schier uneinholbar vor dem Kolumbianer Rigoberto Uran führt. Der Däne Jonas Vingegaard liegt auf Platz drei (+5:32).
Konrad triumphiert
Patrick Konrad hat am Dienstag ein Stück österreichische Sportgeschichte geschrieben. Der 29-jährige Niederösterreicher triumphierte auf der 16. Etappe der 108. Tour de France. Der Profi vom Bora-Team ist damit der dritte Österreicher nach Max Bulla (1931) und Georg Totschnig (2005), der einen Tagessieg beim wichtigsten Radrennen der Welt feiern konnte.
„Ich bin sprachlos“
„Es ist mein erster Sieg beim größten Radrennen der Welt. Ich bin sprachlos. Der Sieg ist für meine Freunde, meine Familie und für alle, die an mich geglaubt haben. Der Erfolg ist im richtigen Moment gekommen, das macht mich richtig stolz“, sagte Konrad. „Ich bin super glücklich, diesen Moment kann ich wirklich genießen.“ Lob kam vom geschlagenen Colbrelli: „Eigentlich wollte ich gewinnen. Diese Etappe habe ich mir für den Sieg ausgesucht. Aber Konrad war einfach stärker. Er hat verdient gewonnen.“
Konrad, der bei der laufenden Tour als Zweiter der 14. Etappe seine Form schon unter Beweis gestellt hatte, zeigte in der Tat eine beherzte Leistung. Der 29-Jährige schloss auf dem Anstieg zum Col de la Core zur dreiköpfigen Spitze mit Jan Bakelants (BEL), Chris Juul-Jensen (IRL) und Fabien Doubey (FRA) auf. Während Juul-Jensen zurückfiel, gewann Konrad die Bergwertung der ersten Kategorie rund 60 Kilometer vor dem Ziel.
Mit dem Col de Portet-d’Aspet wartete noch ein Anstieg der zweiten Kategorie auf das führende Trio. In der Abfahrt vom Col de la Core bauten Konrad, Bakelandts und Doubey ihren Vorsprung auf die ersten Verfolger auf 40 Sekunden aus, in der Auffahrt zum Portet-d’Aspet hielt Konrad mit seiner Tempoarbeit die Verfolger auf Distanz, größer wurde der Vorsprung allerdings nicht. Die Gruppe mit Leader Pogacar lag zehn Minuten dahinter.
Erfolgreiche Attacke
Einer Attacke Konrads vier Kilometer vor der Bergwertung konnten seine Mitstreiter nicht mehr folgen – Bakelants und Doubey fielen zurück. Konrad stiefelte allein weiter, legte mit kraftvollem Tritt eine Minute zwischen sich und die zehnköpfige Verfolgergruppe, die langsam aufgerieben wurde. David Gaudu (FRA) und der italienische Meister Colbrelli machten sich zu zweit auf die Verfolgung von Konrad, der sich wacker schlug.
Die Abfahrt vom Portet-d’Aspet auf regennasser Fahrbahn wurde zu einem wilden Ritt und einer atemberaubenden Verfolgungsjagd, in der Konrad seinen Vorsprung von einer halben Minute auf Colbrelli und Gaudu halten und sogar ausbauen konnte – 45 Sekunden waren es 25 Kilometer vor dem Ziel. Während Colbrelli und Gaudu 15 Kilometer vor dem Ziel von sieben Fahrern eingeholt wurden, kämpfte Konrad verbissen um seine Chance auf den Etappensieg, der immer näher rückte.
„Wollte es durchziehen“
Bei einem Vorsprung von 1:06 Minuten durfte er sich damit bei zehn verbliebenen Kilometern schon anfreunden. Das Tempo der Verfolger ließ nach, der Kampf um die Plätze zwei und drei hatte begonnen. Mit dem verpassten Sieg hatte sich die neunköpfige Verfolgergruppe wohl abgefunden. Konrad nahm noch den Bergpreis auf dem Cote d’Aspet-Sarrat (4. Kat.) mit, ehe er die letzten Kilometer genießen durfte. Von hinten drohte keine Gefahr mehr.
Mit hochgerissenen Armen querte er jubelnd die Ziellinie. „Ich war schon dreimal in einer Ausreißergruppe, aber diesmal wollte ich es durchziehen“, sagte er. „Es war eine gute und richtige Entscheidung. Ich habe zu mir gesagt, wenn ich noch einmal die Möglichkeit habe, muss ich sie nutzen. Als ich die Einkilometermarkierung gesehen habe, habe ich wirklich daran geglaubt.“ Die schwierige 17. Etappe führt am Mittwoch über 178,4 Kilometer und endet mit der Bergankunft auf dem Col du Portet.