Felix Auboeck (AUT) am Sockel
GEPA/Philipp Brem
Schwimmen

Auböck überlässt nichts dem Zufall

Schwimmer Felix Auböck hat mit EM-Silber im Mai Motivation und Selbstvertrauen getankt, für die angestrebte Erfüllung seines Traums von einer Olympiamedaille ging es aber erst danach richtig in die Detailarbeit. An seinem englischen Studienort in Loughborough, wo der 24-Jährige trainiert, wurde offenkundig nichts dem Zufall überlassen.

So hat sich Auböck auf den ungewohnten Rhythmus mit den Vorläufen am Abend und den Finalsessions am Vormittag eingestellt. Bei den Spielen 2008 in Peking war das schon der Fall, auch weil so die Entscheidungen in den USA zur besten Hauptsendezeit über die Bildschirme flimmern konnten. Für die Aktiven ist es eine Umstellung, ab 19.00 Uhr Ortszeit die Ausscheidung und ab 10.30 Uhr am nächsten oder übernächsten Tag die Semifinale und Endläufe zu bestreiten.

„Wir haben einmal im Monat im Training eine Olympiasimulation gemacht“, erzählte Auböck vor der für Sonntag geplanten Abreise zu den Sommerspielen nach Tokio über ein schon länger durchgeführtes Prozedere. „Wir haben am Vormittag ein eher ruhigeres Training gehabt und am Nachmittag ein Rennen simuliert. Dann nach Hause Abendessen und am nächsten Morgen wieder ein Rennen simuliert. Wir haben versucht, da eine Routine reinzubringen.“

Diese Routine habe auch ein früheres Aufstehen, Spazierengehen und in der Früh viel Sonnenlicht und Musik beinhaltet. „Damit der Körper wirklich wach ist, wenn es am Vormittag zum Finale kommt und dass nicht diese Morgenmüdigkeit vorhanden ist, wenn man im Endlauf schwimmt“, erläuterte der Kraulspezialist, dessen erstes Tokio-Rennen das am 24. Juli über seine favorisierten 400 m Kraul ist.

Aufholbedarf auf dem Sockel

Dort muss es naturgemäß auch im Becken laufen. Doch das Rennen beginnt schon vor dem Startzeichen auf dem Startsockel. Messungen bei den Europameisterschaften hätten ergeben, dass Auböck da Aufholbedarf habe. „Wir haben festgestellt, dass der Winkel, den ich beim Absprung von der Hüfte zum Knöchel am Startsockel habe, um einiges höher ist als bei anderen Leuten, die im Finale waren.“ Daher habe man versucht das zu optimieren, also den Start abzuflachen.

Felix Auboeck (AUT)
GEPA/Philipp Brem
Bei der Europameisterschaft in Budapest holte Auböck im Mai Silber

Konkret sei Auböcks Winkel im EM-Finale in Budapest bei 33 Grad gelegen, die meisten Rivalen seien bei 25 bis 28 Grad gewesen. Die Änderung dahin musste automatisiert werden. „Wir haben versucht, das in den Körper hineinzubringen, wie sich das anfühlt, um dann auch in einer Drucksituation nicht über 30 Grad zu kommen“, meinte Auböck. „Das Ziel ist, bei 27, 28 Grad abzuspringen. Es hört sich verrückt an, aber ich gewinne dadurch eine Zehntel, und eine Zehntel kann am Ende den Unterschied machen.“

Knackpunkt Wende

Im Wasser liegt der nächste Knackpunkt bei den Wenden. Hier hat Auböck mit seinem Betreuerteam um Coach Andrew Manley seit seiner Ankunft an der Bildungsstätte nähe Leicester im vergangenen September gearbeitet. „Meine Wenden von damals und von heute kann man gar nicht vergleichen. Was da weitergegangen ist, ist unglaublich. Was für Kleinigkeiten da den Unterschied ausmachen können, es ist da sehr viel Detailarbeit hineingeflossen“, so Auböck.

Im Vergleich zum Herbst habe er allein durch diese Verbesserungen viel wettgemacht. „Mit Startsprung und Wenden habe ich da über 400 m Kraul eineinhalb bis zwei Sekunden gewonnen, ohne da schneller schwimmen zu müssen“, ließ er wissen. Gut sei gewesen, dass während der wettkampffreien Coronavirus-Zeit mehr Zeit zur Analyse gewesen sei. Andererseits hätten sich erst durch die verringerte Anzahl von Startmöglichkeiten Fehler eingeschlichen.

Nicht alles simulierbar

Generell würden Videos von Wettkämpfen aber viel mehr Aufschluss geben als solche vom Training. „In einer Drucksituation kommen die Fehler“, meinte Auböck. „Da sieht man, woran man noch arbeiten muss. Im Training ist die Technik einfacher zu halten, weil die Geschwindigkeit um einiges niedriger ist. Im Rennen aber hat man nur diesen einen Versuch. Dadurch, dass es wenig Wettkämpfe gab, ist es ein bisschen schwieriger gewesen, die Fehler zu finden.“

Rennsimulationen im Training würden da nicht unbedingt Abhilfe schaffen. „Das haben wir gemacht, aber man kommt irgendwie nicht in das gleiche Gefühl hinein“, betonte der Vizeeuropameister. „Wir haben alles simuliert vom Einschwimmen über den Callroom, den Aufruf bis zur Mixed-Zone. Aber wenn du alleine oben stehst und neben dir fehlen die anderen sieben Leute, ist es ein anderes Gefühl. Die Nervosität kommt gar nicht so wie bei einem Rennen.“