Skyline von Tokyo mit dem Paralympics Logo auf einer schwimmenden Insel.
Reuters/Yuichi Yamazaki
Paralympics

Tokio als Bühne für nächste Medaillenjagd

Tokio wird ab Dienstag als erste Stadt zum zweiten Mal Gastgeber der Paralympics. Bei den XVI. Weltspielen für Sportlerinnen und Sportler mit Beeinträchtigung treten insgesamt rund 4.400 Aktive aus 170 Ländern bis 5. September in 22 Sportarten an. Japans Kaiser Naruhito erklärte die Spiele für eröffnet. Österreich ist mit 24 Aktiven in acht Sparten vertreten – zehn von ihnen haben schon Medaillen erobert, elf debütieren in Japan.

Die Delegation des Österreichischen Paralympischen Committees (ÖPC) wird aus einer guten Mischung von Routiniers und Neulingen gebildet. Nach den sieben Medaillen für das OÖC-Aufgebot bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio sind auch die Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung für mehrere Stück Edelmetall gut. Vor fünf Jahren waren es in Rio de Janeiro insgesamt neun Medaillen gewesen: einmal Gold, viermal Silber sowie viermal Bronze.

ÖPC-Präsidentin Maria Rauch-Kallat sprach im Vorfeld von einem trotz schwieriger Bedingungen aufgrund der Coronavirus-Pandemie „gut vorbereiteten“ Team. Auf eine erhoffte Medaillenzahl wollte sich die frühere Ministerin nicht festlegen. „Wir freuen uns über jede einzelne Medaille, aber auch über jede Platzierung“, sagte Rauch-Kallat. Alle Teammitglieder seien schon Sieger, denn sie gehörten zu den Allerbesten.

Hohe Ziele bei Paralympics

Am Dienstag werden in Tokio die Paralympics eröffnet. Für Österreich sind 24 Sportler dabei, sie haben sich ein ähnlich gutes Ergebnis wie 2016 in Rio als Ziel gesetzt.

Geierspichler und Puch führen Aufgebot an

In sieben Sportarten dürfen sich ÖPC-Aktive Chancen auf Medaillen machen, da hatte es auch schon bei früheren Paralympics geklappt. Drei Athleten reisen als zweifache Paralympics-Sieger nach Japan: Der querschnittsgelähmte Salzburger Thomas Geierspichler im Rennrollstuhl, der gebürtige Steirer Pepo Puch mit inkompletter Querschnittslähmung im Dressursattel und der erstmals im Triathlon antretende Salzburger Ex-Leichtathlet Günther Matzinger.

Geierspichler hat bei fünf Antreten bisher neunmal Edelmetall erobert (2-3-4), mit 45 Jahren misst sich der frühere Marathon-Sieger wie schon in Rio über kürzere Distanzen (400, 1.500 m) mit Jüngeren. Und mit Konkurrenten, die einen geringeren Behinderungsgrad aufweisen. „Das ist nicht fair“, betonte Geierspichler und kritisierte einmal mehr die Klasseneinteilung. Auch die zwei anderen Leichtathleten sind bereits dekoriert. Natalija Eder war zweimal Dritte im Speerwurf und der ebenfalls sehbehinderte Bil Marinkovic steigt in den gleichen Ring wie vor einigen Wochen Bronzemedaillengewinner Lukas Weißhaidinger. Der 48-Jährige war schon 2012 in London Dritter im Diskuswurf.

Wetter erneut als große Herausforderung

Wäre eine weitere Medaille für Geierspichler eine Überraschung, so zählt Pepo Puch erneut zum Favoritenkreis. Der in Graz geborene Wahlschweizer setzt auf den WM- und EM-bewährten Sailor’s Blue, mit dem er schon Vizeweltmeister war. Dieser habe mehr Vollblutanteil als der zweite Kandidat Fürst Chili und würde daher die Hitze besser verkraften, begründete Puch, der bei einem Reitunfall 2008 eine Rückenmarksverletzung erlitten hatte. Der Reiter selbst sieht sich für Temperaturen bis 30 Grad gewappnet.

„Darüber hinaus und für die hohe Luftfeuchtigkeit gibt es keine Erfahrungswerte“, so der 55-Jährige. Die Konkurrenz sei im Vergleich zu Rio nochmals größer geworden, sagte Puch der APA. „Es gibt viele Reiter mit Pferden von großen Gestüten, die von erfolgreichen Dressurreitern wie Isabell Werth vorbereitet werden. Man muss an die Grenze gehen, und das kann auch schiefgehen.“ Eine weitere Medaille sei jedenfalls das Ziel.

Der österreichische Reitsportler Josef Pepo Puch.
GEPA/Matic Klansek
Pepo Puch zählt im ÖPC-Team auch in Tokio zu den aussichtsreichsten Kandidaten auf eine Medaille

Matzinger stellt sich neuer Herausforderung

Günther Matzinger stellte sich nach den Lauferfolgen 2012 (Gold über 400 und 800 m) und 2016 (Bronze) einer neuen Herausforderung. Der 34-Jährige wechselte zum Triathlon, wo er im Weltcup schon Podestplätze erreicht hat. Die Verschiebung der Paralympics spielte ihm in die Karten. „Es ist eine kontinuierliche Entwicklung nach vorne“, sagte Matzinger dem „Kurier“ zu seiner Steigerung im Schwimmen und Radfahren.

Auch Handbiker Thomas Frühwirth würde gerne zusätzlich in seiner Passion Triathlon antreten. Die vom Steirer kritisierten Qualifikationskriterien – Rennen in Japan, Kanada und Australien – verhinderten das. „Statt diesen langen Reisen für ein 50-Minuten-Rennen trainiere ich lieber in den Bergen“, sagte der Ironman-Rekordler.

Im Handbike-Sport jagt er wie der Oberösterreicher Walter Ablinger auf der „extrem schwierigen“ Strecke auf dem und um den Fuji Speedway Edelmetall nach. Genau diese Strecke eröffne ihm aber eine Chance gegen den seit 2017 unbesiegten Jetze Plat (NED). „Ich bin super drauf und werde versuchen, es ihm schwerzumachen“, erklärte Frühwirth der APA. Alle Österreicher verfügen über bestes, an die Strecke angepasstes Material.

Onea hofft auf goldenen Abschluss

Kanute Markus Swoboda, der Zweite von Rio, musste zuletzt der Konkurrenz den Vortritt lassen, hofft aber ebenso auf einen Spitzenplatz wie der vor fünf Jahren drittplatzierte Tischtennis-Solist Krisztian Gardos. Andreas Onea will seine Paralympics-Karriere nicht ohne Goldmedaille beenden. Der 29-jährige Niederösterreicher hat sich für seine vierten Spiele neben den 100 m Brust eine weitere Spezialstrecke gesucht, die 200 m Lagen. „Da habe ich im Training wahnsinnige Sprünge gemacht, und das möchte ich auch im Wettkampf zeigen“, sagte der Dritte von Rio auf der Bruststrecke.

Bild zeigt den österreichische Schwimmer Andreas Onea.
GEPA/Matic Klansek
Andreas Onea hofft bei seinen vierten und letzten Paralympics auf einen perfekten Abschluss

Die Klasseneinteilung macht freilich auch ihm zu schaffen. Immer öfter müsse er gegen Konkurrenten mit mehr Gliedmaßen antreten, sagte der Schwimmer, dem mit sechs Jahren nach einem Autounfall der linke Arm amputiert werden musste. Es wurde neu klassifiziert, der Rio-Sieger einer Gruppe mit leichterer Behinderung sei nun ein Rivale. „Wie soll ich den schlagen? Die Entwicklung ist für uns Einarmige schlecht“, sagte Onea.

Im Rollstuhltennis ist das ÖPC durch ein Quartett vertreten. Der 59-jährige Tiroler Martin Legner ist schon zum achten Mal dabei, der von Wolfgang Thiem trainierte Nico Langmann hofft, die Nervosität der Premiere von Rio abgelegt zu haben. Der 24-jährige Wiener muss in der Einheitsklasse aber gegen Spieler mit geringerer Behinderung antreten, die über bessere Stützkraft im Oberkörper verfügen. Das Internationale Paralympische Komitee hat Badminton und Taekwondo neu ins Programm aufgenommen, Segeln und Fußball wurden gestrichen.