Fußballspieler Cristiano Ronaldo
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Fußball

Superstars prägen Transfersommer

Dieser Transfersommer der Superstars offenbart gnadenlos die Auswüchse der von der Coronavirus-Krise nur scheinbar gebeutelten europäischen Fußballelite. Im vergangenen Jahrzehnt flossen atemberaubende knapp 50 Milliarden US-Dollar für internationale Wechsel – und nach den Unterschriften von Lionel Messi und Cristiano Ronaldo unter neue hoch dotierte Verträge wurde bis zum Schluss noch der französische Weltmeister Kylian Mbappe als Spekulationsobjekt gehandelt.

Seinem Club Paris Saint-Germain (PSG) waren die von Real Madrid angeblich gebotenen 180 Millionen Euro kurz vor Ende des Transferfensters am Dienstag aber nicht genug – es war beim Blick zurück nicht verwunderlich. Von 2011 bis 2020 wurden Berechnungen des Internationalen Fußballverbands (FIFA) zufolge insgesamt 48,5 Milliarden US-Dollar an Transferentschädigungen gezahlt. Dabei wurden insgesamt 133.225 grenzüberschreitende Transfers im Zehnjahreszeitraum analysiert, wie die FIFA am Montag mitteilte.

Vor zehn Jahren wurden 2,85 Milliarden ausgegeben, das Maximum war 2019 mit 7,35 Milliarden erreicht. Auch coronavirusbedingt sank die Summe im Vorjahr auf 5,63 Milliarden – von neuer Demut ist in diesem Jahr aber nichts zu spüren. Am Montagnachmittag berichteten mehrere Medien, Real arbeite sogar an einem 200-Millionen-Angebot für Mbappe. Am Abend meldete die Sportzeitung „L’Equipe“ allerdings, dass die Verhandlungen unterbrochen wurden. Offizielle Stellungnahmen dazu gab es nicht.

Mbappe befeuert „wilde Gerüchte“ um Haaland

Auch wegen der Mbappe-Gerüchte erwartete Borussia Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc, bis zum Ende der Wechselperiode „mit wilden Gerüchten“ konfrontiert zu werden. Sein 21-jähriger Superstürmer Erling Haaland soll bei Paris auf der Liste als Ersatz für den 22 Jahre alten Mbappe gestanden sein. „An unserer Position hat sich nichts geändert und wird sich auch nichts ändern“, sagte Zorc vor Transferschluss der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Der Ex-Salzburger Haaland werde bleiben.

Fußballspieler Kylian Mbappe
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Reals 200-Millionen-Angebot für Mbappe war laut Medienberichten zu wenig

Messi wechselte nach Paris, weil sein hoch verschuldeter FC Barcelona den sechsfachen Weltfußballer selbst bei einem Gehaltsverzicht nicht registrieren durfte. PSG, der aus Katar alimentierte französische Serienmeister, kann das Gehalt des Argentiniers problemlos bezahlen. Im Moment spielt an der Seine eine den Namen nach atemberaubende Weltauswahl dank umstrittener Finanzierung. Der Hauptstadtclub ist auch für den einzigen Transfer verantwortlich, der bisher die 200-Millionen-Marke sprengte: PSG ließ sich Neymars Wechsel vom FC Barcelona 2017 222 Millionen Euro kosten.

Grealish war ManCity 118 Mio. Euro wert

Ronaldo verließ Juventus Turin und kehrte zu Manchester United zurück. Die Ablöse war mit wohl geschätzten rund 25 Millionen Euro vergleichsweise gering – aber auch der fünffache Weltfußballer dürfte kein geringes Gehalt beziehen. In der Premier League sitzt das Geld dank exorbitanter TV-Verträge und reicher Investoren locker: Der englische Nationalspieler Jack Grealish wechselte beispielsweise für 118 Millionen Euro von Aston Villa zu Meister Manchester City.

Ronaldo macht Abstecher nach Portugal

Nach bestandenem Medizincheck ist der Wechsel von Cristiano Ronaldo zu Manchester United seit Dienstag endgültig fix. Auf das Debüt bei den „Red Devils“ müssen die Fans allerdings noch etwas warten, denn zuvor macht der 36-jährige Superstar noch einen Abstecher zum portugiesischen Nationalteam.

Viel Geld floss im letzten Jahrzehnt auch in der deutschen Bundesliga, die Clubs dort sprechen allerdings noch deutlicher von den Auswirkungen der Pandemie als Vereine in England, Spanien und Frankreich. Deshalb hielten sich die deutschen Vereine mit spektakulären Transfers in diesem Sommer eher zurück. Die Bayern holten zumindest Dayot Upamecano und am Dienstag auch Marcel Sabitzer jeweils vom Konkurrenten RB Leipzig als prominenteste Namen, kamen aber auch nicht an Ausgaben früherer Wechselperioden heran.

Fußballspieler Jack Grealish
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Teamspieler Grealish wechselte für 118 Mio. Euro von Aston Villa zu Meister Manchester City

England hat das höchste Defizit

In dem Gesamtzeitraum nahmen deutsche Clubs laut FIFA mehr als 3,42 Milliarden US-Dollar an Transferentschädigungen ein und gaben rund 4,35 Milliarden aus – ein Minus von mehr als 900 Millionen. Das ist das vierthöchste Defizit hinter England (7,2 Milliarden), China (1,5 Milliarden) und Italien (1,3 Milliarden).

Insgesamt gab es im vergangenen Jahrzehnt 13 weitere Transfers, für die mehr als 100 Millionen US-Dollar gezahlt wurden. Dreimal waren deutsche Clubs dabei: Der Wechsel von Borussia Dortmunds Ousmane Dembele zum FC Barcelona wurde ebenso mit einer dreistelligen Millionensumme notiert wie der Abgang von Kai Havertz von Bayer Leverkusen zum FC Chelsea.

Fußballspieler Ousmane Dembele
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Auch der FC Barcelona zahlte für Dembele mehr als 100 Mio. US-Dollar

Der Transfer von Renato Sanches von Benfica zum FC Bayern wurde auch mit mehr als 100 Millionen US-Dollar im FIFA-Transfersystem registriert, was die Münchner aber nicht zahlen mussten. Das liegt allerdings daran, dass bei den Transfers grundsätzlich sowohl fixe Beträge als auch Beträge, die nur unter bestimmten Bedingungen fließen, erfasst werden. Sanches kostete 2016 eine Ablöse von rund 35 Millionen Euro.

Kritik an steigenden Provisionen

Im Transfer Matching System (TMS) der FIFA müssen alle Transfers zwischen Clubs aus verschiedenen Ländern offiziell registriert werden, es wurde im Oktober 2010 eingeführt. Untersucht wurde von der FIFA auch, was im Profifußball seit Jahren für lautstarke Kritik sorgt: die Zahlungen an Berater und Vermittler. Die Provisionen im vergangenen Jahrzehnt überstiegen ebenfalls deutlich die Milliardengrenze. Insgesamt wurden 3,5 Milliarden US-Dollar gezahlt. 2011 waren es noch 131,1 Millionen, vor zwei Jahren dann der Höchstwert von 640,5 Millionen US-Dollar.