Fans von Max Verstappen
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Formel 1

Verstappen-Hype vor GP in Zandvoort

Die Formel 1 ist zurück in den Dünen von Zandvoort. Nach 36 Jahren Pause fährt die Rennserie vor allem dank des Hypes um Max Verstappen wieder in den Niederlanden. Bei seinem ersten Heimspiel will der Red-Bull-Star seinem Rivalen Lewis Hamilton die WM-Führung wieder entreißen. Bei nur drei Punkten Rückstand auf den Titelverteidiger ist das für den 23-Jährigen greifbar – das heizt die Stimmung zusätzlich an.

Für das Comeback in der Formel 1 dehnt die niederländische Regierung sogar die Coronavirus-Regeln und erlaubt von Freitag bis Sonntag jeweils bis zu 70.000 Zuschauer an der Strecke. Die Genehmigung für diese Zweidrittelauslastung für Geimpfte, Genesene und Getestete sorgte für heftige Debatten, weil zugleich im Land Festivals und andere Großereignisse untersagt wurden. Die Millioneninvestitionen in die Modernisierung von Zandvoort und der Druck der Verstappen-Fans wirkten aber offenbar als schlagkräftige Argumente.

Der Lokalheld dankte artig. „Nachdem das Rennen im Vorjahr gestrichen wurde, wird es dieses Jahr noch besonderer sein“, beteuerte Verstappen und malte sich einen „Heimsieg vor den Augen der Oranje-Armee“ aus. Flaggen schmücken bereits viele Häuser in der 17.000-Einwohner-Gemeinde. In so manchem Schaufenster wird mit dem Grand Prix geworben. Auch der Bürgermeister ließ sich mit einem Modell von Verstappens Rennwagen ablichten.

Rennstrecke von Zandvoort am 30. April 2020
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Die Strecke in Zandvoort liegt direkt in den Dünen am Meer

Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen. Nach dem Regenfiasko in Spa, als Verstappen nach stundenlanger Warterei und wenigen Runden hinter dem Safety-Car zum viel kritisierten Sieger erklärt wurde, darf die Formel 1 in Zandvoort auf sonnige Tage hoffen.

Fatale Rennen in den Dünen

Immerhin hat eine Gruppe um den niederländischen Prinzen Bernhard, einen Cousin von König Willem-Alexander, viel Geld investiert, um Zandvoort wieder fit für die Formel 1 zu machen. Spektakulär könnte es vor allem in den beiden Steilkurven „Hugenholtz“ und „Arie Luyendijk“ zugehen, die untypisch für die Motorsportkönigsklasse sind. Der Kurs ist mit 4,259 Kilometern zwar im Vergleich relativ kurz, aber aufgrund seiner insgesamt 14 Kurven und wegen des oft herüberwehenden Küstensands eine echte Prüfung für die Fahrkünste der Piloten.

Damit fügt sich der aktuelle Kurs in Zandvoort nahtlos an jene Strecke ein, die 1948 eröffnet wurde, von 1952 bis 1985 mit Unterbrechungen im WM-Kalender zu finden war und aufgrund der Gegebenheiten zu den gefürchtesten des Jahres galt. Zwei tödliche Unfälle blieben besonders in Erinnerung: 1970 verlor Piers Courage im nicht mehr existenten Streckenabschnitt „Tunnel Oost“ nach einem Crash in einem Feuerball sein Leben. Nur drei Jahre später verbrannte fast an gleicher Stelle auch Courages britischer Landsmann Roger Williamson. Die Bilder von den verzweifelten Versuchen von David Purley, das Fahrerfeld zu stoppen, um Williamson aus dem brennenden Wrack zu ziehen, gehören zu den prägendsten der Formel-1-Geschichte.

Jochen Rindt in Zandvoort, 1970
AP
Im Schatten der Tragödie um Courage fuhr Jochen Rindt 1970 als Erster durchs Ziel

Guter österreichischer Boden

Der tragische Grand Prix von 1970 spielte aber auch in der österreichischen F1-Historie eine wichtige Rolle. Denn damals feierte Jochen Rindt den dritten seiner insgesamt sechs Siege und den zweiten in der Saison 1970. Der Triumph in Zandvoort war der erste von vier Erfolgen en suite, mit denen der am 5. September des gleichen Jahres in Monza tödlich verunglückte Grazer in weiterer Folge postum die Weltmeisterschaft gewann. Freuen konnte sich Rindt über den Sieg den Rest seines Lebens nie, denn Courage war einer seiner besten Freunde im Rennfahrerlager.

Ein sportlich guter Boden war Zandvoort auch für Niki Lauda. Der dreifache Weltmeister triumphierte insgesamt dreimal (1974, 1977 und 1985) in den niederländischen Dünen. Sein Sieg am 25. August 1985 vor seinem Teamkollegen und späteren Weltmeister Alain Prost im McLaren war nicht nur der letzte seiner Karriere, sondern auch der bisher letzte Grand Prix der Niederlande. Bemerkenswert dabei: Der 2019 verstorbene Lauda war nur vom zehnten Startplatz aus ins Rennen gegangen. Mit Gerhard Berger als Neuntem kam noch ein zweiter Österreicher in die Wertung.

Umweltschützer verärgert

Dass nun nach 36 Jahren Pause am Wochenende wieder Tausende Formel-1-Fans in das geschützte Dünengebiet an der Nordsee-Küste strömen werden, freut zwar die Organisatoren in Zandvoort, ärgert aber Umweltschützer und dürfte für ein ziemliches Verkehrschaos sorgen. Die Organisatoren bitten daher eindringlich, dass möglichst viele mit Fahrrädern und öffentlichen Verkehrsmitteln den Weg zur Strecke an der Nordsee antreten.

Auch Streckenchef Jan Lammers mühte sich, die Begeisterung für „Mad Max“ in geordnete Bahnen zu lenken. „Der Sport muss sich verbrüdern, und wir dürfen nicht in Hooligan-Situationen kommen wie im Fußball“, mahnte Lammers vor allem mit Blick auf die jüngste Eskalation im Titelrennen zwischen Verstappen und Hamilton.

Spätestens nach dem Crash der beiden in Silverstone, als Verstappen ins Krankenhaus musste und Hamilton noch gewann, fürchtet so mancher wütende Fanattacken in Zandvoort gegen den britischen Titelverteidiger. „Natürlich hat jeder seine Präferenzen, aber lasst es uns auf zivilisierte Weise machen, indem wir Hamilton mit unserem Sportsgeist und Gastfreundlichkeit überraschen“, bat Lammers.