Andreas Ulmer und Aleksandar Dragovic schauen ratlos
AP/Matthias Schrader
WM-Qualifikation

ÖFB-Team wieder im Sinkflug

Innerhalb weniger Tage hat sich Österreich in Gruppe F der WM-Qualifikation in eine schwierige Lage manövriert. Nach dem 2:5 gegen Israel wurde am Dienstag auch das Heimspiel in Wien gegen Schottland mit 0:1 verloren. „Das war einfach zu wenig. Wir bringen die Qualität nicht auf den Platz“, lautete die Erkenntnis der ÖFB-Teamspieler. Der Höhenflug bei der EM ist nahtlos in einen Sinkflug übergegangen.

Nur zwei Monate nach der EM erinnert nichts mehr an jenes Team, das im Wembley-Stadion erst in der Verlängerung vom späteren Europameister Italien mit 1:2 bezwungen wurde. Die Fans reagierten am Dienstagabend entsprechend. „Foda raus“ und Buhrufe tönten nach und bereits während der erneut enttäuschenden Vorstellung durch das mit knapp 19.000 Zuschauern gefüllte Happel-Stadion.

Wieder war der Spielverlauf zwar nicht günstig für die Elf von Teamchef Franco Foda, wieder wurde allerdings auch eine spielerische Überlegenheit auf dem Platz nicht in Tore umgemünzt. Foda scheint nach den letzten schwachen Auftritten zumindest angezählt.

ÖFB-Team unterliegt Schottland

Nach dem 2:5-Auswärtsdebakel gegen Israel setzte es am Dienstag mit einem 0:1 in Wien gegen Schottland die nächste Pleite.

Neuerlich war der Gegner in allen Belangen cleverer und effektiver, auch wenn diesmal ein Elfmetertor von Lyndon Dykes in der 30. Minute zum Sieg der Schotten reichte. Der Schiedsrichter hatte nach einem Foul des übermotivierten Martin Hinteregger nach Videostudium auf Strafstoß entschieden.

Keine Lösungen für alte Probleme

Wieder zeigte sich außerdem das bereits seit Jahren bestehende Phänomen, dass das ÖFB-Team gegen tief stehende, also rein auf Konter spielende Gegner nicht in der Lage ist, die Abwehr zu überwinden. Oder „Lösungen zu finden“, wie der Fußballer des 21. Jahrhunderts dazu sagt. Eine Ablöse von Foda in der laufenden Qualifikation dürfte dennoch fraglich sein.

Trainer Franco Foda
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Franco Foda war nach drei schwachen Spielen mit „Foda raus“-Rufen konfrontiert

Eine Entscheidung müsste sowieso der in den nächsten Tagen neu zu wählende ÖFB-Präsident treffen. Noch-Amtsinhaber Leo Windtner hat kurz vor dem Ende seiner Ära am Mittwoch klargemacht, dass es für die Oktober-Spiele keine Teamchefablöse geben wird. Die letzten drei Spiele inklusive des mühsamen 2:0 in Chisinau gegen Moldawien waren aber keine Werbung für das ÖFB-Team. Das gefiel den Fans nicht, das gefiel auch den Spielern selbst nicht, die nach der Partie vor dem Fansektor mit den Zuschauern diskutierten.

Zwischen Selbstkritik und Ratlosigkeit

Die Analyse der 0:1-Niederlag fiel entsprechend aus und schwankte zwischen Selbstkritik und Ratlosigkeit. „Das war einfach zu wenig von uns. Das muss man ganz ehrlich sagen“, war Florian Grillitsch, der selbst keinen guten Tag erwischte, um eine Erklärung bemüht. „Wir haben zwar viel Ballbesitz, aber das in Räumen, wo es uninteressant ist. Ich kann mich an keine zwingende Chance von uns heute erinnern.“

Zwei Schüsse in der Anfangsphase von Christoph Baumgartner und Marko Arnautovic gingen zwar Richtung Tor, Schottlands Schlussmann Craig Gordon musste jedoch nicht eingreifen. Es waren die Höhepunkte einer schwungvollen Anfangsviertelstunde. Nach dem 0:1 durch die Schotten war der Stimmungsabfall bei Mannschaft und Fans deutlich spürbar. Die folgenden Offensivversuche fielen eine Stunde lang unter die Kategorie „bemüht, aber hilflos“. Erst in der Schlussphase hatten Baumgartner und Michael Gregoritsch mit Kopfbällen wieder Torchancen.

„Momentan ist einfach der Wurm drinnen“

„Wir hatten keine richtigen Lösungen, damit wir zum Abschluss kommen. Es war ja nicht das erste Spiel von uns, das wir gegen einen tief stehenden Gegner nicht gewonnen haben", so Hoffenheim-Legionär Grillitsch. „Wir müssen uns an der eigenen Nase nehmen. Ich glaube, kein Spieler war an seiner Leistungsgrenze.“

„Nichts gegen diese Gegner, aber es muss schon unser Anspruch sein, dass wir diese Spiele gewinnen. Momentan ist einfach der Wurm drinnen. Ich verstehe, dass die Fans frustriert sind“, so Grillitsch, dem nach dem Match anzumerken war, wie sehr auch ihn diese zweite Niederlage in kurzer Zeit gegen einen vermeintlich schwächeren Gegner ärgerte.

Qualität wird nicht sichtbar

Die Mannschaft von Foda verfügt derzeit über Spieler von Real Madrid, Barcelona, deutschen Topclubs, der italienischen Serie A und einen Tormann aus der englischen Premier League. Diese Qualität manifestiert sich im Moment aber nur teilweise auf dem Platz. Ein Umstand, der auch die Spieler beschäftigt.

David Alaba
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Österreichs Spitzenspieler bringen ihre Qualität im Team nach wie vor zu selten auf den Platz

„Wir haben auf jeden Fall Qualität, bringen sie aber zu wenig auf den Platz", wusste auch Grillitsch. „Wir müssen es endlich schaffen, dass wir die Qualität, die wir zweifelsohne in der Mannschaft haben, auf den Platz bringen und Gegner wie Schottland, die bei Weitem nicht die Qualität wie wir haben, zu Hause schlagen“, befand auch Stefan Ilsanker.

„Irgendwie gelingt derzeit nichts“

„Wir sind auch frustriert", sagte RB-Leipzig-Legionär Konrad Laimer, der viel versuchte, aber ebenso wie seine Teamkollegen ineffizient blieb. „Irgendwie gelingt derzeit nichts. Wir hatten sicher auch kein Glück beim Spielverlauf. Aber null Punkte gegen diese zwei Gegner sind zu wenig.“

Klare Worte zur Situation im ÖFB-Team

Die ORF-Crew um Herbert Prohaska findet in ihrer Matchanalyse klare Worte zur aktuellen Situation des ÖFB-Teams.

Wie auch seinen Mitspielern ist dem ehemaligen Salzburger bewusst, wo die Schwachstelle im österreichischen Spiel liegt: im kreativen Spielaufbau gegen defensive Gegner. „Wir finden zu wenig Lösungen im Spiel nach vorne, und hinten bekommen wir zu leicht die Tore. Das wissen wir selber auch.“ Eine Antwort auf die Frage, warum die Mannschaft nicht an die Leistungen bei der EM im Juni anknüpfen konnte, hatte auch Laimer nicht: „Wenn ich das wüsste, würde ich es sagen.“

Die Krux mit dem VAR

Dass Österreich zumindest ein Elfmeter nach einem Schlag von Stephen O’Donnell ins Gesicht von Baumgartner in der Nachspielzeit der ersten Hälfte durch den Schiedsrichter vorenthalten wurde, wollten die Spieler auch nicht als Ausrede benutzen, wenn auch der VAR wieder einmal in der jüngsten Länderspielgeschichte wie schon bei der EM nicht zugunsten des ÖFB-Teams ausfiel.

Christoph Baumgartner wird von Stephen O’Donnell gefoult
APA/Hans Punz
In dieser Szene sah Schiedsrichter Georgi Kabakow aus Bulgarien kein Foul an Christoph Baumgartner

„Die Szene bei Baumgartner war für mich ein klares Foul. Da hatte der Schiedsrichter eine eigene Linie. Uns hat der VAR bisher nichts gebracht“, so Laimer. Für den gefoulten Baumgartner war die Angelegenheit sowieso klar. „Den kann man auf jeden Fall geben, ich finde es schon hart. Wenn das kein Elfmeter ist, dann weiß ich es auch nicht. Aber ich glaube trotzdem nicht, dass das entscheidend war, und wir sollten uns nicht auf den Schiedsrichter ausreden. Es liegt schon an uns, das war einfach zu wenig.“

Drei Punkte als „pure Enttäuschung“

„Wir haben uns alle den ersten Lehrgang nach der EM ganz anders vorgestellt. Jetzt stehen wir mit drei Punkten da, das ist einfach zu wenig, das ist einfach pure Enttäuschung“, fand Baumgartner klare Worte. Als Gruppenvierter ist die Aussicht auf eine Qualifikation für die WM 2022 in Katar mittlerweile an einen Erfolg im Play-off geknüpft.

Das Play-off kann erreicht werden, weil Österreich die vergangene Nations League als Gruppensieger absolviert hat. Platz eins in der WM-Qualifikation ist hingegen vor den ausstehenden Partien auswärts gegen die Färöer (9. Oktober) und den makellosen Leader Dänemark (12. Oktober) nicht mehr erreichbar.

Selbst Platz zwei ist nur mit einem Erfolgslauf und Schützenhilfe zu erreichen. Am 12. und 15. November folgen in Klagenfurt die Spiele gegen Israel und Moldawien und damit die letzte Chance, diese Qualifikation so abzuschließen, dass sie den eigenen Ansprüchen genügt.

WM-Qualifikation, Gruppe F, fünfter Spieltag

Dienstag:

Österreich – Schottland 0:1 (0:1)

Wien, Ernst-Happel-Stadion, 18.800 Zuschauer, SR Kabakow (BUL)

Tor: Dykes (30./Elfmeter)

Österreich: Bachmann – Trimmel, Dragovic, Hinteregger , Alaba – Ilsanker (56./Gregoritsch), Grillitsch (77./Ulmer) – Laimer (88./Kara), Schaub (77./Demir), Baumgartner – Arnautovic

Schottland: Gordon – Hendry, Hanley, Tierney – O’Donnell (78./P. McGinn), Gilmour (88./Ferguson), J. McGinn, McGregor, Robertson – Adams (88./Nisbet), Dykes (71./Christie)

Gelbe Karten: Hinteregger, Dragovic bzw. Adams, Hanley