Trevor Lawrence (Jaguars)
AP/Derick Hingle
NFL

Angriff der jungen Quarterbacks

Wenn in der Nacht auf Freitag Super-Bowl-Champion Tampa Bay Buccaneers die Saison der National Football League (NFL) im Heimspiel gegen die Dallas Cowboys eröffnet, werden alle Augen auf Superstar Tom Brady gerichtet sein. Der 44-jährige Quarterback geht auf seinen bereits achten Meisterschaftsring los. Zahlreiche Konkurrenten brennen aber darauf, Brady abzulösen. Darunter befinden sich nicht nur arrivierte Quarterbacks, auch zahlreiche junge Spielmacher verspüren große Lust, die Legende zu beerben.

Noch ist aber Brady weiter das Maß aller Dinge. Der Quarterback, der nach 20 Jahren und sechs Titeln die New England Patriots vor der Saison 2020 verlassen hatte, ist nun bei den „Bucs“ der unbestrittene Anführer. Gleich im ersten Jahr gewann er unter Headcoach Bruce Arians die Meisterschaft und stieg damit auch noch in den elitären Kreis jener Quarterbacks auf, die mit zwei verschiedenen Teams die Vince Lombardi Trophy gewinnen konnten. Vor ihm hatte das nur Peyton Manning (Indianapolis, Denver) geschafft.

Altersmüdigkeit zeigt Brady – der mehr Super-Bowl-Titel vorweisen kann als seine Starkollegen Patrick Mahomes (Kansas City), Aaron Rodgers (Green Bay Packers), Ben Roethlisberger (Pittsburgh Steelers) und Russell Wilson (Seattle Seahawks) zusammen – trotz seiner langen Karriere bisher nicht. „Ich kann den Ball immer noch werfen, als wäre ich 24. Ich hoffe, das wird mein bestes Jahr“, richtete der scheinbar unverwüstliche Titelsammler der Konkurrenz aus.

Tom Brady (Buccaneers)
AP/Justin Rex
44 und noch kein bisschen leise: Tom Brady geht optimistisch in seine bereits 22. NFL-Saison

Jaguars, Jets und Patriots setzen auf Rookies

Frisch wie ein 24-Jähriger können sich mehrere Quarterbacks in dieser Saison nicht fühlen, denn so alt sind sie noch gar nicht. Gleich fünf Quarterbacks wurden im April im Draft in der ersten Runde ausgewählt. Drei davon gelten bei ihren Teams als Starter ab dem ersten Spieltag: Die Jacksonville Jaguars setzen auf den 21-jährigen Trevor Lawrence, der nach seinen Leistungen an der Highschool und am College als wahrer Wunderwuzzi gilt. Bei den New York Jets ruhen die Hoffnungen auf dem 22-jährigen Zach Wilson. Beide Quarterbacks sind aber Teil eines wohl mehrjährigen Aufbauprogramms ihrer Teams.

Zu Bradys Nachfolger in New England avancierte Mac Jones. Der 23-Jährige überzeugte in der Vorbereitung Trainerlegende Bill Belichick und übernahm die Starterrolle von Cam Newton, der nach nur einem Jahr von den Patriots entlassen wurde. Neben Lawrence, Wilson und Jones hofft ein Duo auf seine baldige Chance: Justin Fields (Chicago) und Trey Lance (San Francisco) gelten aufgrund ihrer Pass- und Laufstärke als Prototypen der neuen QB-Generation. Ihnen im Weg stehen Andy Dalton und Jimmy Garappolo. In beiden Fällen ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis Fields und Lance das Zepter übernehmen.

Josh Allen (Bills)
Reuters/USA Today Sports/Vincent Carchietta
Mac Jones (r.) gewann in der Preseason das Vertrauen seiner Mitspieler und Coach Bill Belichick

Jugend hält auf Quarterback-Position Einzug

Allgemein hält in der NFL auf der Position der Quarterbacks die Jugend Einzug. Voraussichtlich gleich bei 13 der insgesamt 32 Teams ist der Spielmacher jünger als 25 Jahre. Vor allem die AFC East mit Buffalos Josh Allen (25), Miamis Tua Tagovailoa (22) sowie Jones und Wilson wird zum Kräftemessen der neuen Generation. Das letzte Mal, dass eine Division in der ersten Woche auf Quarterbacks in diesem jungen Alter setzte, war 1983. Damals waren das ebenfalls in der AFC East Dan Marino, Ken O’Brien, Tony Eason und Art Schlichter.

Aus dem AFC-East-Quartett hat Allen die beste Chance auf den großen Wurf. Der Quarterback geht erst in sein viertes Jahr, verzeichnete eine kontinuierliche Steigerung und führte die Bills letzte Saison schon bis ins Conference-Finale. Neben Allen ist Lamar Jackson einer jener jungen Quarterbacks, den in dieser Saison der Gewinn der Super Bowl zugetraut wird. Der 24-Jährige sorgt bei den Baltimore Ravens seit drei Jahren für Furore. Der ganz große Erfolg gelang aber mit drei frühen Niederlagen im Play-off bisher noch nicht. Ein potenzieller Star der Zukunft ist auch Justin Herbert. Der 23-Jähriger schlug letzte Saison bei den Los Angeles Chargers als Rookie-Quarterback ein wie eine Bombe.

Josh Allen (Bills)
AP/Joshua Bessex
Starker Arm, flinke Beine: Josh Allen hat alles, was es für eine große Karriere braucht

Mahomes und Chiefs planen Finalhattrick

Ein Star der Gegenwart ist indes bereits Patrick Mahomes. Obwohl ebenfalls erst 25 Jahre, gewann der Quarterback mit den Chiefs bereits einmal die Super Bowl und stand letzte Saison ebenfalls im Finale, das gegen Tampa Bay allerdings klar mit 9:31 verloren ging. Mahomes und Coach Andy Reid wollen zum dritten Mal in Folge ins Finale und da ihren zweiten Titel holen. Gelingen soll das mit einer neuen Offensive Line, die Mahomes beschützen soll, und einer verstärkten Defense.

Aber auch bei Tampa Bay konnten Coach Arians und General Manager Jason Licht sämtliche Starter von der Super Bowl im Februar halten. Es gab keine nennenswerten Abgänge – eine Seltenheit in Zeiten von Salary Cap und Rekordverträgen. Erster Gegner der Buccaneers ist Dallas. Der Club des exzentrischen Eigentümers Jerry Jones hat zuletzt kleinere Semmeln backen müssen, die letzten beiden Play-offs fanden ohne die Texaner statt. Immerhin sollte Quarterback Dak Prescott nach seinem Knöchelbruch in der vergangenen Saison wieder fit sein und hat eine der besten Offensiven der Liga zur Verfügung.

Dak Prescott (Cowboys)
AP/Michael Ainsworth
Nach der schweren Verletzung in der letzten Saison ist Dak Prescott bereit für einen Angriff auf die Super Bowl

„Last Chance“ für Rodgers und Roethlisberger?

Während Prescott mit 28 Jahren noch einige Jahre in der NFL vor sich hat, stehen Aaron Rodgers (Green Bay) und Ben Roethlisberger (Pittsburgh) im Spätherbst ihrer Karriere. Mit 37 und 39 Jahren haben die beiden Routiniers wohl nur noch wenige Chancen, ihrer Laufbahn einen zweiten bzw. dritten Super-Bowl-Titel hinzuzufügen. Auch für den 32-jährigen Russell Wilson ist der letzte Triumph im NFL-Finale bereits acht Jahre her. Der Quarterback der Seattle Seahawks wird bereits in der starken NFC-West mit den Los Angeles Rams, Arizona Cardinals und San Francisco 49ers gefordert sein.

Als Geheimfavorit gelten indes die Cleveland Browns, die mit dem Erreichen des Play-offs in der letzten Saison ihr Verliererimage abstreiften und unter Coach Kevin Stefanski aufblühen. Vor allem von Quarterback Baker Mayfield – ebenfalls erst 25 Jahre alt – wird ein weiterer Entwicklungsschritt erwartet. Alles in allem verspricht die Ausgangslage wieder eine spannende NFL-Saison, die im Zeichen der jungen Quarterbacks stehen könnte.