Formel 1

Kollision der WM-Rivalen in Monza

Daniel Riccardo hat überraschend den Grand Prix von Italien gewonnen und für den ersten McLaren-Erfolg seit 2012 in Brasilien (Jenson Button) gesorgt. Der Australier führte am Sonntag in Monza sogar einen McLaren-Doppelsieg vor Lando Norris an. Dritter vom letzten Startplatz aus wurde Mercedes-Pilot Valtteri Bottas. Hauptthema des Rennens war aber die Kollision von WM-Spitzenreiter Max Verstappen (Red Bull) und Verfolger Lewis Hamilton (Mercedes), die einander spektakulär von der Strecke katapultiert hatten.

Der Red Bull und der Mercedes crashten in der 26. Runde, nachdem Hamilton nach einem Reifenwechsel zurück auf die Strecke kam. Dabei schob sich Hamiltons Silberpfeil unter das Auto von Verstappen, das spektakulär abhob und auf dem Mercedes landete. Beide Autos rutschten ins Kiesbett und blieben dort stecken.

Hamilton versuchte danach vergeblich, seinen Mercedes wieder zurück auf die Strecke zu bringen. In der WM-Wertung führt Verstappen, der von der Poleposition aus gestartet war, mit sieben Saisonsiegen weiterhin fünf Punkte vor Hamilton (vier Siege). Der nächste Grand Prix geht in zwei Wochen im russischen Sotschi in Szene.

Daniel Ricciardo (McLaren)
AP/Antonio Calanni
Nach dem Crash von Verstappen und Hamilton fuhr Ricciardo in Monza einem überraschenden Sieg entgegen

Verstappen nach Crash bestraft

„Du brauchst immer zwei Leute in einer Kurve, die zusammenarbeiten. Das hat er nicht gemacht“, klagte Verstappen später und sprach von einem „sehr schlechten Tag.“ Mercedes-Teamchef Toto Wolff deutete ein „taktisches Foul“ des Niederländers an. Hamilton sagte, er sei „so hart gefahren, wie ich konnte“, und meinte: „Das ist Rennsport, er wollte keinen Platz machen. Und er wusste, was dann passieren würde in Kurve zwei.“

Immerhin blieben beide Fahrer dank Halo-Sicherheitsbügel unverletzt. Verstappen wurde von den Rennkommissaren nachträglich bestraft. Der 23-Jährige, dem die überwiegende Schuld am Unfall zugerechnet wurde, wird in Sotschi in der Startaufstellung drei Plätze rückversetzt.

„Perfekt für mich gelaufen“

Während die WM-Rivalen verbittert das Weite suchten, strahlte Ricciardo nach dem McLaren-Triumph. „Es ist alles perfekt für mich aufgegangen. Auch wenn man den Start gewinnt, ist es keine Garantie, vorne zu bleiben. Wir hatten nicht den besten Speed, aber es hat gereicht. Ich bin erleichtert“, sagte der 32-Jährige am Ende seiner langen Durststrecke.

„Am Freitag (Fünfter im Sprint-Qualifying, Anm.) habe ich bereits gewusst, dass irgendetwas Großes passieren wird. Die Sommerpause war gut für mich. An den letzten drei Wochenenden habe ich mich viel besser gefühlt. McLaren auf dem Podest ist großartig, aber ein Doppelsieg – einfach fantastisch“, freute sich Ricciardo.

McLaren-Stallkollege Norris gab sich als Zweiter zufrieden. „Das ist ein großer Schritt, ich bin extrem glücklich für das Team. Ich hätte auch gerne gewonnen, bin aber glücklich mit dem zweiten Platz. Ich werde in Zukunft meine Chancen bekommen“, sagte der Brite. Bottas: „Ich habe das, was möglich war, gemacht.“ Zum Crash zwischen Verstappen und Hamilton sagte der Finne lapidar: „Die Situation war unglücklich.“

Verstappen verhaut Start

Schon der Start in Monza war turbulent verlaufen. Verstappen verlor seine Leaderposition gleich vor der ersten Kurve an Ricciardo, der perfekt weggekommen war. Hamilton war als Vierter ins Rennen gegangen und drängte nach vorn. Den Restart nach einer virtuellen Safety-Car-Phase (Unfall von Antonio Giovinazzi) noch in der ersten Runde verschlief der Brite aber, ein wieder größerer Abstand zur Spitze war die Folge.

Mclaren-Fahrer Daniel Ricciardo kurz nach dem Start in Monza
AP/Luca Bruno
Pole-Mann Verstappen büßte seine Führung gleich beim Start ein

Vier Sekunden lag Hamilton als weiterhin Vierter nach zehn Runden hinter Ricciardo, der seine Führung gegen Verstappen tapfer verteidigte. Allerdings markierte der Niederländer starke Sektorzeiten. Sein Angriff war nur eine Frage der Zeit. Hinten lancierte Bottas, der wegen eines Motorwechsels als Letzter hatte starten müssen, seine Aufholjagd. Nach 15 Runden lag der Finne bereits auf Platz zehn.

Überraschende Wende

An der Spitze verschaffte ein Verbremser Vestappens dem führenden Ricciardo in Runde 22 ein bisschen Luft. Knapp eineinhalb Sekunden lag der Australier voran. Die ersten Boxenstopps entschieden den weiteren Rennverlauf: Ricciardo kam als Erster in der 23. Runde rein, Verstappen folgte eine Runde später – ein völlig verpatzter Boxenstopp von Red Bull (11,1 Sekunden) gab dem Rennen eine überraschende Wende.

Plötzlich fuhr Hamilton, der Norris davor überholt und robustere Reifen gewählt hatte, allein an der Spitze. Aber auch Mercedes war beim folgenden Stopp nicht allzu schnell, und so kam Hamilton nur als Sechster unmittelbar vor Verstappen wieder auf die Strecke. Bei beiden dürften die Nerven blank gelegen sein. In der folgenden Schikane schossen sie einander spektakulär von der Strecke.

Crash zwischen Lewis Hamilton (Mercedes) und Max Verstappen (Red Bull)
Reuters/Jennifer Lorenzini
In er 26. Runde war das Rennen für die beiden Rivalen um den WM-Titel vorbei

Verstappen agierte – im Funk hörbar verärgert vom langsamen Boxenstopp – mit der Brechstange, zwängte sich in Runde 26 in einer Linkskurve neben Hamilton, der nicht mehr Platz machen konnte. Nach einer Reifenberührung wurde Verstappens Red Bull ausgehebelt. Das Auto landete auf dem Boliden von Hamilton, der dank Halo völlig unverletzt blieb. Verärgert zogen beide ab.

Ricciardo nützt Gunst der Stunde

Nutznießer des Unfalls war Ricciardo, der nach langer Safety-Car-Phase als Erster das Rennen wieder aufnahm und seinem ersten Sieg seit Monaco 2018 entgegenfuhr. 15 Runden vor Schluss lag er 1,3 Sekunden vor seinem Teamkollegen Norris.

Virtuell Dritter war schon Bottas, der von einer Fünfsekundenzeitstrafe für den zu diesem Zeitpunkt vor ihm liegenden Sergio Perez (Red Bull) profitierte. An den Positionen sollte sich nichts mehr ändern. Letztlich sicherte sich Ricciardo auch noch den WM-Punkt für die schnellste Runde.

Grand Prix von Italien in Monza

Endstand nach 53 Runden (306,720 km):
1. Daniel Ricciardo AUS McLaren 1:21:54,365
2. Lando Norris GBR McLaren + 1,747
3. Valtteri Bottas FIN Mercedes 4,921
4. Charles Leclerc MON Ferrari 7,309
5. Sergio Perez * MEX Red Bull 8,723
6. Carlos Sainz ESP Ferrari 10,535
7. Lance Stroll CAN Aston Martin 15,804
8. Fernando Alonso ESP Alpine 17,201
9. George Russell GBR Williams 19,742
10. Esteban Ocon FRA Alpine 20,868
11. Nicholas Latifi CAN Williams 23,743
12. Sebastian Vettel GER Aston Martin 24,621
13. Antonio Giovinazzi ITA Alfa Romeo 27,216
14. Robert Kubica POL Alfa Romeo 29,769
15. Mick Schumacher GER Haas 51,088

* Zeitstrafe von fünf Sekunden

Out: Max Verstappen (NED/Red Bull), Lewis Hamilton (GBR/Mercedes), Pierre Gasly (FRA/Alpha Tauri), Nikita Mazepin (RUS/Haas)

Nicht gestartet: Yuki Tsunoda (JPN/Alpha Tauri)

Schnellste Runde: Ricciardo 1:24,812 (53.)