Salzburg-Trainer Matthias Jaissle klatschend
APA/AFP/Cristina Quicler
Champions League

Mehr Freude als Ärger bei Salzburg

Die Leistung war durchaus beachtlich, die der FC Salzburg zum Auftakt der Champions-League-Gruppenphase beim FC Sevilla abgeliefert hat. Und doch musste der heimische Serienmeister am Dienstagabend nach dem 1:1 (1:1) drei Punkten zumindest leise nachweinen. Eine 40-minütige Überzahl blieb ungenutzt, zwei Elfmeter wurden verschossen. „Vielleicht wäre ein Tick mehr drinnen gewesen“, mutmaßte Coach Matthias Jaissle, der sich aber vor allem aufs Lob konzentrierte: „Das war aller Ehren wert.“

Jaissle, mit 33 Jahren selbst ein Trainer-Jungspund, sah das Resultat nicht zuletzt im Licht des Altersvergleichs. Während er seine Truppe mit einem Durchschnittsalter von nur 22,1 Jahren aufs Feld schickte, wies Sevilla einen Schnitt von 29,3 auf.

„Vor allem die Art und Weise, als junge Mannschaft, macht mich extrem stolz“, sagte Jaissle, der auch nach seinem elften Pflichtspiel noch ungeschlagen ist (zehn Siege). Vor dem Spiel hätte er ein 1:1 ohnehin „unterschrieben“, auch so aber dürfe man nach einer „reifen Leistung“ sicherlich mit „erhobenem Haupt“ das Stadion des sechsfachen Europa-League-Rekordgewinners und vermeintlichen Gruppenfavoriten verlassen.

Salzburg überrascht in Sevilla

Österreichs Serienmeister erreichte auswärts gegen den spanischen Topclub Sevilla ein 1:1 – es war ein kurioser Auftakt in die Gruppenphase der Champions League.

Gefahrenherd Adeyemi

Sevillas Routine und Klasse, die gerade in den Anfangsminuten sichtbar wurden, hebelte Salzburg mit einigen wenigen Umschaltmomenten und nicht zuletzt der Klasse des ständigen Gefahrenherds Karim Adeyemi aus. Der deutsche Jungstar der „Bullen“ erstaunte mit drei herausgeholten Elfmetern, wobei die Sevilla-Defensive freilich auch unkonzentriert wirkte.

Dass erst Adeyemi selbst danebenschoss (13.) bzw. der Kroate Luka Sucic die Stange traf (37.), war für Spieler wie Zuschauer kaum zu fassen. Immerhin traf Sucic in seinem ersten Versuch (21.) und schwärmte danach über „ein wunderschönes Gefühl, davon träumt man“.

Karim Adeyemi beim Schuß
GEPA/Mathias Mandl
Drei Elfmeter herausgeholt, einen selbst verschossen – Adeyemi stand bei Salzburg im Mittelpunkt

Gut möglich, dass die beiden erst 19-jährigen Sucic und Adeyemi noch länger von den vergebenen Strafstößen träumen. Denn statt 3:0 stand es noch vor der Pause wieder per Elfmeter und dank Sevilla-Kapitän Ivan Rakitic („Es war ein ziemlich eigenartiges Spiel, wir müssen froh über den Punkt sein“) 1:1. Adeyemi sprach von „gemischten Gefühlen. Drei Elfer, was soll ich sagen“, meinte der ins deutsche A-Team aufgerückte Hoffnungsträger.

Wöber bilanziert positiv

Ausgerechnet der ehemalige Kurzzeit-Sevilla-Legionär Maximilian Wöber, der sich für seine Rückkehr ins Estadio Ramon Sanchez-Pizjuan einiges vorgenommen hatte, verursachte mit seiner Attacke an Stürmer Youssef En-Nesyri den vierten Elfer. Der 23-Jährige zeigte sich jedenfalls angetan vom Punkt.

„Wir waren richtig gut in der Partie drinnen, waren extrem giftig, aggressiv, genau so, wie wir auftreten wollten.“ Die verschossenen Elfer seien „natürlich bitter, aber es war trotzdem ein richtig gutes Spiel von uns. Da einen Punkt mitzunehmen ist eine sehr, sehr gute Ausgangslage“, sagte der Wiener.

In Unterzahl gefährlich

Der augenfällige Unterschied ab der 50. Minute, in der En-Nesyri nach einer Schwalbe Gelb-Rot sah: Die Gäste waren nun mit einem wesentlich tiefer stehenden Gegner konfrontiert und suchten zumeist erfolglos nach Lösungen. „Sevilla ist zu sechst, zu siebt hintengestanden und hat verteidigt. Und das können sie gut, sie haben große und starke Spieler“, bestätigte Adeyemi.

Genauso sah es Jaissle. „Wir mussten gegen einen tiefen Block angreifen. Sevilla hat das richtig gut gemacht und war richtig gefährlich über Konter“, analysierte er den Großteil der zweiten Hälfte, in der die Hausherren nach einer „Schockphase“ – so wie auch Salzburg – zu einigen guten Gelegenheiten kamen.

Lob vom Sevilla-Coach

Das fand auch Sevilla-Coach Julen Lopetegui. „Das Team hat in der zweiten Hälfte hart gearbeitet. Deshalb hatten wir vier klare Chancen und hätten das Spiel mit einem Mann weniger gewinnen können“, erklärte der 55-Jährige – und streute Salzburg Rosen. „In der Champions League gibt es gute Teams mit guten Spielern. Wir haben heute gegen ein Team mit guten Spielern gespielt, die es zu großen Teams schaffen werden – alle von ihnen.“

Sevilla-Trainer Julen Lopetegui gestikulierend
APA/AFP/Cristina Quicler
Lopetegui gab sich von Salzburgs Jungkickern angetan

Trotz allen Bedauerns über zwei verpasste Punkte, scheint für Salzburg aber klar: Dem Ziel, bei der dritten CL-Gruppenphase erstmals die K.-o.-Runde zu erreichen, ist man mit einem Auswärtspunkt einen Schritt näher gekommen. Am 29. September wartet der Heimauftritt gegen Frankreichs Meister OSC Lille, der am Dienstagabend zu Hause gegen den VfL Wolfsburg 0:0 spielte.

„Wir können jeden Gegner überraschen“, sagte Jaissle. Prognosen wollte er freilich nicht abgeben: „Was noch alles folgt, kann ich nicht voraussehen, aber für mein Nervenkostüm muss es nicht zwingend so emotional sein.“