Sarah Puntigam (AUT)
GEPA/Michael Meindl
Fußball

Puntigam schreitet als Rekordhalterin voran

Wenn alles so wie immer abläuft, wird am Freitag (16.00 Uhr, live in ORF Sport +) österreichische Fußballgeschichte geschrieben: Sarah Puntigam steht vor ihrem 110. Länderspieleinsatz und würde damit zur alleinigen ÖFB-Rekordhalterin avancieren. Nina Burger beendete ihre Karriere nach 109 Einsätzen, bei den Herren kam Andreas Herzog auf 103. Puntigam übernimmt aber nicht nur auf dem Platz eine Vorreiterrolle.

In 53 Länderspielen des heimischen Nationalteams in Folge kam die 28-Jährige immer zum Einsatz, Teamchefin Irene Fuhrmann wird auch zum Auftakt der WM-Qualifikation in Lettland auf die Mittelfeldspielerin setzen und ihr aus diesem Anlass wohl die Kapitänsschleife anbieten.

Unabhängig davon, ob Puntigam sie annehmen wird, fühlt sich die bescheidene Athletin aufgrund der anstehenden Bestmarke geehrt. „Es ist schon etwas Besonderes, wenn man das hört“, sagte Puntigam im Vorfeld in einem ORF-Interview, das in der TV-Sendung „Sport am Sonntag“ ausgestrahlt wird. „Ich bin dankbar, dass ich so viele Momente mit den Mädels und für Österreich erleben durfte.“

Frauen-Fußballteam auf historischer Mission

Österreichs Frauen-Fußballteam ist auf dem besten Weg, das erste Ticket für die WM zu lösen. Die Qualifikation startet am Freigag mit dem Spiel in Lettland.

Nicht nur auf dem Feld geht die Legionärin des französischen Clubs HSC Montpellier voran, hat sie doch wie ihre ÖFB-Teamkollegin Viktoria Schnaderbeck im Dezember 2019 als eine der erste Fußballerinnen hierzulande ihre Homosexualität bekanntgemacht („Ich hoffe, wir konnten dazu beitragen, es zu normalisieren“). Sportlich ist die erstmalige WM-Teilnahme ein großes Ziel.

TV-Hinweis

Ein ausführliches Interview mit Sarah Puntigam ist am Sonntag (18.00 Uhr, ORF1) in „Sport am Sonntag“ zu sehen.

Teamerfolg steht über Meilenstein

Der Erfolg mit ihren Kolleginnen steht auch über dem persönlichen Meilenstein, vor dem sie unmittelbar steht. „Das steht für mich an zweiter Stelle, weil in erster Linie wollen wir gemeinsam erfolgreich sein, nun eine gute WM-Quali, dann eine gute EM-Endrunde spielen.“

Für die Europameisterschaft haben sich die Damen bereits zum zweiten Mal in Folge qualifiziert, unvergessen bleibt das Debüt, das in den Niederlanden 2017 erst im Semifinale endete. Puntigam schoss Österreich mit dem entscheidenden Elfmeter gegen Spanien dorthin, im Halbfinale gegen Dänemark scheiterte sie mit einem Strafstoß, weil sie wieder vorangangen war und Verantwortung übernommen hatte.

Sarah Puntigam (AUT) schießt einen Elfmeter
GEPA/Florian Ertl
Bei der EM 2017 in den Niederlanden schoss Puntigam Österreich mit dem entscheidenden Elfmeter ins Semifinale

Bereits 2009 gab Puntigam, die aus Raning in der Südoststeiermark stammt, ihr Debüt im ÖFB-Team, das mit einem 2:1 gegen Wales erfolgreich verlief. Ihre Karriere startete sie beim SV Gnas, wo ihr Onkel als Trainer agierte und sich dafür einsetzte, dass seine Nichte bei den Burschen mitspielen durfte. Danach ging es zu LUV Graz und zu Bayern München. Einen ähnlichen Weg schlug übrigens Schnaderbeck ein, die 20 Autominuten entfernt in Kirchberg an der Raab aufgewachsen war.

„Wir brauchen ein zweites Standbein“

Schnaderbeck hält wegen ihres Verletzungspechs bei 77 Länderspielen und spielt mittlerweile bei Arsenal. Puntigam verschlug es über die Schweiz (SC Kriens) zurück nach Deutschland (SC Freiburg) und nach Frankreich, wo sie seit 2018 bei HSC Montpellier unter Vertrag steht. In der europäischen Topliga kam es auch schon zu einem Duell mit ihrer Verlobten Genessee Daughetee, die derzeit eine Karrierepause einlegt.

Puntigam befindet sich nicht nur in der glücklichen Lage, seit zehn Jahren von Verletzungspausen weitgehend verschont geblieben zu sein, sondern vom Fußball auch leben zu können. „Aber man kann nicht so viel zur Seite legen, dass man nichts mehr machen müsste.“

In Freiburg hat Puntigam eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten absolviert, zudem studiert sie Wirtschaftspsychologie. „Wir brauchen ein zweites Standbein“, merkte sie an. Auch in Frankreich herrsche hinsichtlich der Gehälter noch eine große Diskrepanz. Erfreulich sei aber, dass immerhin mehr Spielerinnen vom Fußball leben können.

Weltmeisterschaft als großes Ziel

Sportlich nimmt die Diskrepanz zwischen den Nationen mitunter ab, aus österreichischer Sicht ist eine erstmalige WM-Teilnahme durchaus realistisch, zumal die Endrunde 2023 in Australien und Neuseeland erstmals mit 32 Teams stattfinden wird. Aus Europa könnten am Ende bis zu zwölf Nationen teilnehmen – Österreich ist auf UEFA-Rang 13.

„Es wird recht herausfordernd, aber es ist natürlich unser großes Ziel, jeder will bei einer WM dabei sein, das ist ein Traum und noch einmal größer als eine EM. Aber es ist nicht so einfach, sich zu qualifizieren“, sagte Puntigam. In der Gruppe D trifft Österreich neben Lettland auch auf England, Nordirland, Nordmazedonien und Luxemburg.

„Nur der Erste hat ein Direktticket. Und wir haben mit England ein Kaliber in der Gruppe. Aber wir werden alles probieren, um es sonst vielleicht über das Play-off zu schaffen“, versicherte Puntigam. Es wäre die Krönung einer schon jetzt außergewöhnlichen ÖFB-Karriere.