Das Team Europa sieht bem Abschlag von Bernd Wiesberger am Golfplatz von Kohler (US-Bundesstaat Wisconsin) zu
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Golf

Außenseiter Europa setzt auf Teamgeist

Nach Olympia in Tokio und Fußball-EM geht mit dem Ryder Cup ein weiterer globaler Sportevent 2021 um ein Jahr verspätet in Szene. Beim Vergleich der besten Golfer Europas und der USA ist Europa als Außenseiter und zugleich Titelverteidiger in Kohler (Wisconsin) zu Gast und muss aufgrund der Reisebeschränkungen eigene Fans vorgeben. Teamgeist und Erfahrung sollen den Nachteil ausgleichen. Für Österreich ist die 43. Auflage des Traditionsbewerbs historisch, weil sich mit Bernd Wiesberger erstmals ein Österreicher qualifiziert hat.

Dafür musste der Burgenländer wegen der Coronavirus-Verschiebung besonders lange kämpfen und letztlich sogar auf Olympia verzichten. Platz zwei Ende August in Crans Montana öffnete ihm spät, aber doch die Tür. Letztlich reichte nach einem Schlussrundenthriller in Wentworth Platz 20, um sich im letzten Moment Rang vier in der Europapunkteliste und nach Bernhard Langer und Martin Kaymer als erst dritter deutschsprachiger Spieler einen Platz im zwölfköpfigen Team zu sichern.

Dank des Burgenländers ist Österreich nun das 13. europäische Land beim alle zwei Jahre ausgetragenen Ryder Cup. In Whistling Straits am Lake Michigan ist Wiesberger trotz seiner 35 Jahre ein Rookie und damit ein „Joker“ für Kapitän Padraig Harrington. Für die ersten vier Doppel am Freitag wurde Wiesberger nicht nominiert. Am Abend (MESZ) finden weitere vier Begegnungen im Bestball statt, die Spieler stehen noch nicht fest.

Gastgeber mit klar besserem Ranking

Harrington kann neben dem spanischen Weltranglistenersten Jon Rahm auch auf Asse wie Sergio Garcia und Rory McIlroy zurückgreifen. Der zweitbeste Europäer ist mit dem jungen Norweger Viktor Hovland hinter gleich zehn US-Amerikanern freilich erst auf Platz 14 zu finden. Das unterstreicht die Favoritenrolle des von Dustin Johnson angeführten US-Teams, das ein sensationelles Durchschnittsranking von neun aufweist. Die Europäer liegen diesbezüglich bei 30.

Wiesberger voller Zuversicht

Bernd Wiesberger geht zuversichtlich in den Ryder Cup in den USA. Am Freitag stehen acht Matches auf dem Programm.

Dass die USA im Ryder Cup mit 26:14 klar voran sind, liegt an den Jahren vor 1979, in denen britische bzw. britisch-irische Auswahlen meist chancenlos waren. Seitdem haben die „Gesamteuropäer“ aber in zwölf von zwanzig Duellen reüssiert sowie seit 1995 in neun der vergangenen zwölf bzw. seit 2010 in vier von fünf Auflagen das bessere Ende für sich gehabt.

Europäer werben um US-Fans

Beim Ryder Cup sind normalerweise Zehntausende Fans auf dem Platz die emotionale Kulisse. Europas Team muss wegen der Coronavirus-Reisebeschränkungen diesmal aber weitgehend ohne sie auskommen und initiierte deshalb am Mittwoch (Ortszeit) eine Charmeoffensive. Zur Fotosession trat man im Look des lokalen NFL-Teams Green Bay Packers an und setzte sich sogar die berühmten Käsehüte auf.

Der Kapitän von Team Europe, Padraig Harrington
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Laut Papierform schlägt Europas Team von Kapitän Padraig Harrington als Außenseiter ab

Wiesberger spielte danach bei noch mehr Wind als am Vortag zusammen mit Hovland, Matt Fitzpatrick und Tommy Fleetwood 18 Löcher in beiden Spielformaten, dabei wurden auch signierte Kappen an die zahlreichen US-Fans verteilt. Das soll Sympathie für die ab Freitag vermutlich eher aufgeheizte Atmosphäre bringen. Erste amerikanische Schlachtgesänge gab es schon am Mittwoch.

Teamgeist und Erfahrung

Die Trümpfe der Gäste sind Teamgeist sowie die Erfahrung von Spielern aus sieben Ländern. Darunter gleich sieben, die 2018 beim Heimtriumph in Paris schon dabei waren. Europa genügt schon ein Remis zur erfolgreichen Titelverteidigung. Wiesberger zählt als seltener Gast auf der PGA-Tour und Nummer 63 der Welt für die US-Zuschauer nicht zu den bekannteren Namen, sieht das aber sogar als Chance. „Weil das überhaupt keinen Einfluss darauf hat, wie ein jeweiliges Match ausgehen kann.“

Im Hexenkessel von Whistling Straits will der Österreicher nicht nur seine Gelassenheit, sondern auch sein langes Spiel in die Waagschale werfen. Das Matchplay-Format taugt ihm sehr. „Da habe ich vor allem gegen die besser gesetzten Spieler immer ganz gut reüssiert.“

Golfer Bernd Wiesberger umarmt seinen Teamkollegen Matthew Fitzpatrick
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Wiesberger und Kollegen nehmen die Herausforderung mit großem Spaß an

Aus europäischer Sicht wird der Ryder Cup zu einer täglich erst gegen Mitternacht endenden Spätschicht. Freitag und Samstag steigen ab 14.05 Uhr MESZ jeweils acht Doppel (Foursome bzw. Fourball), am Sonntag folgen die zwölf Einzel. Europa reichen 14 der maximal 28 Punkte.