Wann es auf der von Didier Defago konzipierten Strecke mit Start und Ziel in unterschiedlichen Ländern zur Weltcup-Premiere kommt, ist noch offen. Theoretisch möglich wäre der Herbst 2022. Ein mögliches Szenario ist auch, dass zunächst Europacup-Rennen stattfinden und die Feuertaufe im Weltcup 2023 erfolgt. Wie der Weltverband mitteilte, sollen die Rennen am Matterhorn künftig nach dem Weltcup-Auftakt in Sölden in Tirol im Oktober/November stattfinden. Sie geben den Speed-Athletinnen und -Athleten somit die Möglichkeit, einen Monat früher in die Saison zu starten.
Die Strecke im Schatten der markanten 4.478 Meter hohen Matterhorn-Pyramide soll einige Superlative sprengen. Mit Start auf dem Gobba di Rollin in der Schweiz und Ziel im italienischen Cervinia wäre die Abfahrt die erste grenzüberschreitende der Weltcup-Geschichte. Dazu soll die geplante Strecke, die zu drei Vierteln über Gletscherschnee führen wird, mit einer Länge von fast fünf Kilometern die 4.480 Meter lange Lauberhornabfahrt oberhalb von Wengen als längste der Welt ablösen.

Bei den Verantwortlichen hinter dem Plan ist die Vorfreude nach dem Okay der FIS groß. „Um einen Ausgleich zwischen Speed- und Technik-Rennen zu schaffen, wird der Wunsch nach mehr Speed-Rennen im Kalender schon seit Jahren geäussert. Nun können wir diesem Wunsch endlich nachkommen“, wird der Schweizer Verbandspräsident Urs Lehmann etwa im „Blick“ zitiert. Auch sein CEO Bernhard Aregger zeigte sich begeistert: „Wir freuen uns sehr, dieses visionäre und innovative Projekt Wirklichkeit werden zu lassen.“
Abfahrer fürchten Höhe
Bei den Sportlern hielt sich die Euphorie über das Rennen allerdings in Grenzen. Kritikpunkt Nummer eins ist vor allem die Höhe, in der der Start erfolgt. Die Gobba di Rollin auf dem Breithornplateau ist mit 3.899 Meter Seehöhe der höchste Punkt eines europäischen Skigebiets. Zum Vergleich: Der Start der Lauberhornabfahrt im Schatten von Eiger, Mönch und Jungfrau erfolgt auf 2.315 Meter Seehöhe.
„Wir reden immer wieder darüber, wie man unseren Sport sicherer machen könnte. Ich glaube aber nicht, dass es der Sicherheit dient, wenn man zu Beginn eines Weltcup-Winters auf einer Höhe von 4.000 Metern eine Abfahrt startet, deren Laufzeit zweieinhalb Minuten beträgt“, kritisierte daher der Südtiroler Dominik Paris im „Blick“ den Plan. Auch der Schweizer Lokalmatador Urs Kryenbühl verwies auf die Anstrengungen in großer Höhe. „Bei den Gletschertrainings in Zermatt kommst du aufgrund der Höhenlage schon bei einer Laufzeit von etwas mehr als einer Minute heftig ins Schnaufen.“
Wetter als große Unbekannte
Beat Feuz, Abfahrtsweltmeister von 2019, verwies noch auf einen weiteren Faktor, der aus dem geplanten Spektakel schnell eine Farce machen könnte: das unberechenbare Wetter auf 4.000 Meter über dem Meeresspiegel. „Man darf einfach nicht vergessen, dass in dieser Höhenlage selbst bei sehr schönem Wetter der Wind eine Rolle spielt. Und ein bisschen fair sollte das Rennen ja dann auch noch sein“, sagte der 34-jährige Schweizer.

Die Bedenken der Sportler teilte zumindest der Schweizer Skiboss Lehmann Ende Mai, als die Pläne präsentiert wurden, nicht. Der Abfahrtsweltmeister von 1993 verwies auf die vielen Vorteile, die ein frühes Speed-Rennen haben würde. „Einerseits könnte die Lücke zwischen dem Weltcup-Start in Sölden und den ersten Speed-Rennen verkürzt werden, andererseits würden sich für die Speed-Athletinnen und -Athleten aus aller Welt im Vorfeld beste Trainingsmöglichkeiten im Herzen der Alpen ergeben“, sagte Lehmann damals.