Romelu Lukaku
Reuters/Massimo Pinca
Nations League

Belgien steht erneut mit leeren Händen da

Für Belgiens „goldene Generation“ hat es beim Final-Four-Turnier der Nations League am Donnerstag eine große Enttäuschung gegeben. Der Erwartungsdruck sei zu groß gewesen, sagte Teamchef Roberto Martinez nach dem 2:3 gegen Frankreich, bei dem man eine 2:0-Pausenführung hergegeben hatte. In der zweiten Hälfte habe man „aufgehört zu spielen“. Bei Europameister Italien, der sich am Mittwoch Spanien geschlagen geben musste, herrschte unterdessen trotz des Endes seiner Rekordserie keine Panik.

Yannick Carrasco (37.) und Romelu Lukaku (40.) hatten Belgien eine scheinbar klare Führung beschert, ehe Karim Benzema (62.) und Kylian Mbappe (69./Elfmeter) die Franzosen zurückbrachten und Theo Hernandez in der 90. Minute die „Roten Teufel“ schließlich versenkte. Für die Martinez-Truppe blieb drei Monate nach ihrem Viertelfinal-Aus bei der EM einmal mehr nur Leere. „In der zweiten Halbzeit sind wir emotional geworden und haben daran gedacht, so schnell wie möglich ins Finale zu kommen, anstatt einfach unser Spiel zu spielen“, resümierte Martinez.

„Plötzlich wurde es ein Spiel, das wir zu Ende bringen wollten. An diesem Punkt haben wir aufgehört zu spielen“, befand der 48-Jährige und sprach auch von einer „verzweifelten Art und Weise“, in der sein Team seit Jahren um einen Titel kämpfe. Bei den vergangenen zwei Europameisterschaften war man jeweils im Viertelfinale gescheitert, bei der WM 2018 Dritter geworden. Die Fans müssen weiter auf den ersten internationalen Titel seit dem Olympiasieg 1920 warten.

Hernandez fixiert Frankreich-Sieg

Frankreich ist am Donnerstag ins Finale der Nations League eingezogen. Der Weltmeister setzte sich in Turin in einem echten Schlagabtausch gegen Belgien nach 0:2-Rückstand noch mit 3:2 durch. Im Finale am Sonntag wartet Spanien, das sich gegen Europameister Italien am Mittwoch mit 2:1 durchgesetzt hatte.

Dennoch zeigte sich Martinez optimistisch, dass sein Team, das am Sonntag (15.00 Uhr, live in ORF1) noch im Spiel um Platz drei auf Italien trifft, die richtigen Lehren ziehen werde. „Was du mitnehmen musst, sind die Hingabe und der Wille, dort zu sein. Wir sind in den richtigen Phasen der Wettbewerbe. Nun müssen wir sicherstellen, dass wir daraus lernen“, sagte der Coach, der die Belgier seit 2016 betreut. Und er blickte der WM 2022 in Katar entgegen. „Wir alle als Nation fühlen den Schmerz, aber schon in zwölf Monaten haben wir ein Großereignis.“

Italien nimmt Ende der Rekordserie locker

Bei einem solchen Turnier zugeschlagen haben erst im Sommer die Italiener. Die erste Niederlage nach mehr als drei Jahren war für den Europameister deshalb leichter zu verkraften. Das 1:2 gegen Spanien im Halbfinale der Nations League in Mailand ordnete Teamchef Roberto Mancini ebenso wie die Öffentlichkeit als den Begleitumständen geschuldet ein. „Die Champions bleiben wir“, titelte die Sporttageszeitung „Gazzetta dello Sport“ am Donnerstag fast trotzig.

37 Spiele ohne Niederlage hatten die „Azzurri“ seit einem 0:1 gegen Portugal im September 2018 absolviert und damit einen Rekord aufgestellt. Genau drei Monate ist es her, als das 4:2 der Italiener gegen Spanien im Elferschießen in London den vorletzten Schritt zum EM-Titel bedeutete. Beim Wiedersehen im San Siro war die sportliche Relevanz nicht annähernd so hoch, und doch ging es neben einem Platz im Finale am Sonntag (20.45 Uhr, live in ORF1) an selber Stelle auch ums Prestige.

Kritik nach Italiens Niederlage

Im Halbfinale der Nations League gegen Spanien hat Italien erstmals nach 37 Spielen wieder verloren. Trainer und Spieler sparen nicht an Kritik.

Mancini sah den Ausschluss von Leonardo Bonucci kurz vor der Pause (42.) als spielentscheidend. Der 35-jährige Verteidiger attackierte mit dem Ellenbogen voraus ungeschickt und fing sich damit zum zweiten Mal Gelb ein. „Ich will niemandem die Schuld geben, aber der Ausschluss hat die Partie beeinflusst“, sagte Mancini. Die Niederlage gegen starke Spanier würde sein Team aber „nur stärker machen“, hielt er fest. „Es ist besser, heute Abend zu verlieren als in einem EM- oder WM-Finale“, meinte Mancini zum Ende der Rekordserie.

Spanien fordert Weltmeister heraus

Um den nächsten Titel spielen jetzt die Spanier, die den ersten großen Pokal seit dem EM-Gewinn 2012 holen könnten. Im Finale wollen die Spanier auch Weltmeister Frankreich aus dem Weg räumen. Was Passsicherheit, hohes Pressing und Ballbesitzfußball angeht, macht Spaniens Mannschaft aktuell kaum jemand was vor. Neben Jungstar Gavi (17) sind auch der eingewechselte Yeremi Pino (18), Doppeltorschütze Ferran Torres (21) und die dieses Mal verletzt fehlenden Pedri und Ansu Fati (je 18) Versprechen für die Zukunft. Dazu kommen einige Akteure, die im besten Fußballalter sind.

Das Finale verspricht jedenfalls Spannung, meldete sich Frankreich 101 Tage nach der EM-Schmach gegen die Schweiz – als die Franzosen bis zur 81. Minute mit 3:1 führten und im Elfmeterschießen verloren – eindrucksvoll wieder zurück. „Das ist der Fußball, den wir lieben“, sagte Trainer Didier Deschamps nach der furiosen Aufholjagd gegen Belgien. „Wenn du auf der guten Seite des Wahnsinns bist, ist es großartig. Im Sommer waren wir auf der schlechten Seite.“

Frankreichs Stars hielten sich nach dem Kraftakt gegen die „Roten Teufel“ in den sozialen Netzwerken jedenfalls nicht zurück. „Ein Comeback, das bleiben wird, und ein Platz im Finale. Tolle Arbeit vom ganzen Team. Bis Sonntag“, schrieb Superstar Mbappe. Auch Antoine Griezmann, Paul Pogba und Karim Benzema posteten Jubelfotos auf Instagram, nachdem das Team ein 0:2 noch gedreht und den Weltranglistenersten ausgeschaltet hatte.