Valtteri Bottas
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Formel 1

Bottas lässt sich Sieg nicht nehmen

Valtteri Bottas hat am Sonntag den Grand Prix der Türkei in Istanbul gewonnen und dabei seine erste Startposition optimal im Rennen umgesetzt. Der finnische Mercedes-Pilot feierte seinen zehnten Grand-Prix-Sieg vor dem neuen WM-Leader Max Verstappen und dessen Red-Bull-Kollegen Sergio Perez. Auf der regennassen Strecke entwickelte sich ein Poker um die richtige Reifenwahl und den besten Zeitpunkt zum Wechseln. Ein Opfer dieses Vabanquespiels wurde Lewis Hamilton.

Der Brite kämpfte sich zwar von Startplatz zehn nach vorne und hatte die Chance auf das Podest, als ihn sein Team zurück an die Box rief, um kurz vor Schluss noch einmal auf frische Reifen zu wechseln. Der Poker ging nicht auf, Hamilton wurde Fünfter und ließ seinem Unmut darüber über den Boxenfunk freien Lauf.

In der WM-Wertung, die zuletzt laufend wechselte, liegt der Titelverteidiger somit sechs Rennen vor Schluss wieder sechs Zähler hinter seinem Rivalen Verstappen. Der nächste Grand Prix geht in zwei Wochen (24. Oktober, 21.00 Uhr MESZ, live in ORF1) in Austin (Texas) über die Bühne.

Erster Saisonsieg für Bottas in Istanbul

Beim Formel-1-Grand-Prix in Istanbul holte Valtteri Bottas seinen ersten Saisonsieg. Der Finne im Mercedes, der aus der Poleposition startete, setzte sich vor den Red-Bull-Piloten Max Verstappen und Sergio Perez durch.

„Eines meiner besten Rennen“

Bottas, der sich im letzten Abdruck auch noch einen Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde sicherte, war entsprechend glücklich über seine Leistung: „Es war eines der besten Rennen, die ich je gefahren war. Bis auf ein paar Rutscher war alles perfekt unter Kontrolle. Das Auto war sehr gut. Es ist nicht leicht, hier die richtige Strategie zu finden. Aber es lief recht reibungslos für mich.“

Verstappen bestätigte den Sieger in seiner Analyse: „Es war heute nicht einfach, die Strecke war sehr rutschig, und man musste ständig auf die Reifen achten. Valtteri hatte wohl die bessere Pace und konnte die Reifen besser schonen. Aber ich bin mit Platz zwei sehr zufrieden. Das Schwierigste war, wach zu bleiben. Ich freue mich aber, auf dem Podest zu sein.“

Seine erneute WM-Führung wollte der 24-jährige Niederländer nicht überbewerten: „Es ist schon das ganze Jahr über eng, und ich bin mir sicher, auch in Austin wird das wieder ein guter Kampf. Bis jetzt war die Saison schon eine sehr gute.“

Rutschige Angelegenheit

Die Piloten gingen mit Intermediate-Reifen ins Rennen, doch Polesitter Bottas setzte sich gleich ab. Verstappen konnte den Mercedes-Fahrer am Start nicht gefährden. Weiter hinten im Feld drehte sich Fernando Alonso im Alpine von der Piste. Sein Ausrutscher nach einer Berührung mit dem Alpha Tauri von Pierre Gasly blieb jedoch ohne Folgen.

Der Spanier war über seinen Platzverlust verärgert, fuhr aggressiv weiter und touchierte in der fünften Runde auch noch den Haas von Mick Schumacher. Beide Szenen wollten sich die Rennkommissäre noch einmal genau ansehen. Gasly erhielt dafür schließlich eine Fünfsekundenstrafe, ebenso wie Alonso für sein Manöver gegenüber Schumacher.

Hamilton arbeitet sich nach vorne

Hamilton fuhr zu diesem Zeitpunkt auf Platz neun über den Kurs im Istanbul-Park, nach dem er aufgrund des Austauschs von Motorenteilen in der Startaufstellung nach seiner Bestzeit im Qualifying auf Platz zehn versetzt worden war. In der achten von 58 Runden quetschte sich der Brite am Japaner Yuki Tsunoda vorbei und drehte in Anschluss auf der nach wie vor schmierigen Strecke Rundenbestzeiten.

Yuki Tsunoda und Lewis Hamilton
AP
Hamilton gab auf der Strecke alles, um seinen Nachteil vom Start wieder wettzumachen

Hamilton machte Rang für Rang gut, während an der Spitze Bottas den Zweiten Verstappen und den drittplatzierten Charles Leclerc auf Distanz hielt. Zur Halbzeit des Rennens war die Situation mehr oder weniger unverändert. Bottas führte das Feld an, Hamilton hatte sich auf Position fünf vorgekämpft, die Strecke war weiter nicht trocken und die Regenreifen mittlerweile bei den meisten Fahrern auf dem besten Weg, zu Slicks zu werden.

Reifenmanagement als Knackpunkt

Hamilton versuchte weiter, um im WM-Kampf so wenige Punkte wie möglich zu verlieren. Mit Vehemenz duellierte er sich mit Perez um den vierten Rang. Kurz darauf entschieden sich die Spitzenfahrer Bottas und Verstappen zum Reifenwechsel, Hamilton lehnte diesen jedoch ab. „Ich rutsche herum, aber es ist okay“, meinte er zum Status seiner Reifen. Aus gutem Grund, denn die neuen Pneus hatten nicht die erhoffte Wirkung.

Max Verstappen
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Alle Fahrer waren auf der schmierigen Strecke in Istanbul permanent gefordert

Bottas und Verstappen fuhren 15 Runden vor Schluss dieselben Zeiten wie der neue Leader Leclerc auf den alten Reifen. Ferrari schien „all in“ zu gehen und wollte ohne Reifenwechsel, was bei Regenrennen erlaubt ist, durchkommen. Doch zu Beginn der 47. Runde musste der Monegasse seine Führung am Ende der Start-Ziel-Geraden wieder an Bottas abgeben.

Ärger bei Hamilton

Leclerc entschloss sich daher doch zu einem Boxenstopp und kam als Vierter wieder ins Rennen zurück. Bottas vor Verstappen und Hamilton: So lautete das Klassement zehn Runden vor der Zielflagge. Doch Mercedes wollte offenbar nicht riskieren, auf den schlechter werdenden Reifen am Ende wertvolle Punkte zu verspielen. So wechselte auch der siebenfache Weltmeister sieben Runden vor Schluss noch einmal die Reifen.

Hamilton reagierte im Boxenfunk mit Unverständnis auf diese Entscheidung. „Warum haben wir diesen Platz hergegeben?“, reagierte er gereizt. Später raunzte er: „Wir hätten draußen bleiben sollen.“ So beendete Mercedes den Renntag mit gemischten Gefühlen: Jubel über den Sieg von Bottas, aber Ärger über die vergebene Chance bei Hamilton im engen WM-Kampf.

Mercedes-Boss Toto Wolff erklärte die Teamtaktik so: „Lewis war dann eineinhalb Sekunden langsamer bei zehn Runden noch zu fahren. Damit hätten wir gegen Perez mit Sicherheit verloren.“ Mit Blick auf die WM meinte der Österreicher: „Sechs Punkte machen nichts aus. Sie können am Ende was ausmachen, aber im Moment ist es der Unterschied zwischen einem ersten und einem zweiten Platz. Man muss das Rennen für Rennen nehmen und den bestmöglichen Job abliefern.“

Red Bull muss weiter kämpfen

Für Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko war es hingegen „das Optimum, was wir herausholen konnten. Die WM-Führung ist auch wieder bei uns, also wir sind sehr zufrieden“, sagte der Steirer, der sich dennoch auf eine harten Kampf mit Mercedes um den WM-Titel einstellt.

„Ich fürchte, es wird ähnlich eng weitergehen. Wir müssen uns was einfallen lassen“, wagte der Steirer einen Ausblick. „Mercedes ist auf den Geraden derartig schnell, die sind hier 15 km/h schneller gewesen. Seit Silverstone, und das nimmt immer mehr zu, haben sie diese Motorenüberlegenheit. Wir müssen einfach unser Chassis noch mehr optimieren, dass wir das zumindest ansatzweise ausgleichen können.“

GP der Türkei in Istanbul

Endstand nach 58 Runden:
1. Valtteri Bottas FIN Mercedes 1:31:04,103
2. Max Verstappen NED Red Bull + 14,584
3. Sergio Perez MEX Red Bull 33,471
4. Charles Leclerc MON Ferrari 37,814
5. Lewis Hamilton GBR Mercedes 41,812
6. Pierre Gasly FRA Alpha Tauri 44,292
7. Lando Norris GBR McLaren 47,213
8. Carlos Sainz ESP Ferrari 51,526
9. Lance Stroll CAN Aston Martin 1:22,018
10. Esteban Ocon FRA Alpine 1 Runde
11. Antonio Giovinazzi ITA Alfa Romeo 1 Runde
12. Kimi Räikkönen FIN Alfa Romeo 1 Runde
13. Daniel Ricciardo AUS McLaren 1 Runde
14. Yuki Tsunoda JPN Alpha Tauri 1 Runde
15. George Russell GBR Williams 1 Runde
16. Fernando Alonso ESP Alpine 1 Runde
17. Nicolas Latifi CAN Williams 1 Runde
18. Sebastian Vettel GER Aston Martin 1 Runde
19. Mick Schumacher GER Haas 2 Runden
20. Nikita Mazepin RUS Haas 2 Runden
Schnellste Runde: Bottas 1:30,432 (58.)