Jubelnde Franzosen mit der Trophäe der Nations League.
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Nations League

Frankreich feiert seine Renaissance

In Frankreich ist die Niedergeschlagenheit dem Jubel gewichen. 104 Tage nach dem bitteren Ausscheiden im EM-Achtelfinale gegen die Schweiz feiern „Les Bleus“ mit dem Gewinn der UEFA Nations League ihre fußballerische Renaissance. Der 2:1-Finalerfolg gegen Spanien gibt dem Weltmeister vor allem eines: Zuversicht, dass 2022 eine Titelverteidigung möglich ist. Als einer der Hoffnungsträger gilt dabei der lange aussortierte Karim Benzema.

Obwohl gespickt mit einer Vielzahl an Stars darf sich Benzema als großer Gewinner in den französischen Reihen fühlen. 2016 und 2018 wurde der Ausnahmestürmer, der in ein Verfahren wegen versuchter Erpressung verwickelt war, von der Justiz aber entlastet wurde, nicht für die EM und WM nominiert. Das Verhältnis zu Didier Deschamps galt als zerrüttet, Benzema warf dem Teamchef sogar Rassismus vor. Über fünf Jahre lang wurde der 33-Jährige nicht nominiert. Im Mai 2021 kehrte Benzema aber zurück und überzeugte auf ganzer Linie.

Schon bei der EM war der Real-Star mit vier Treffern Frankreichs erfolgreichster Torschütze. Im Endspurt der Nations League steuerte er im Halbfinale gegen Belgien (3:2) und im Endspiel gegen Spanien einen Treffer bei. Der Lohn für den Torjäger war sein erster Titel mit Frankreichs Nationalteam. „Ich bin sehr stolz und überglücklich“, sagte Benzema. „Wir werden es genießen, uns gut auf die WM vorbereiten und versuchen, sie zu gewinnen“, sagte Benzema und skizzierte damit die Marschroute für die kommenden Monate.

Jubel in Frankreich nach Nations-League-Triumph

Obwohl das Tor für Frankreich gegen Spanien durch Mbappe beim 2:1 in Mailand für Diskussionen sorgt, ist der Jubel in Frankreich ungetrübt. Vor allem aufgrund des enttäuschenden Abschneidens bei der EM ist der Sieg für Fußballfans von großer Bedeutung.

Deschamps voll des Lobes für Benzema

Für Deschamps sind die Querelen der letzten Monate vergessen. Der 52-Jährige ist voll des Lobes für den Stürmer. „Karim ist ein unentbehrlicher Spieler, das hat er in den letzten beiden Spielen bewiesen“, sagte der Teamchef über Benzema, der seit seiner Rückkehr alle 127 Minute ein Tor erzielte. Mit seinen sechs Treffern seit Beginn der Vorbereitung auf die letztlich enttäuschend verlaufende EM in diesem Sommer kann nur Antoine Griezmann mithalten, der in diesem Zeitraum ebenfalls sechsmal getroffen hat.

Frankreich Spieler Karim Benzema.
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Karim Benzema ist im französischen Nationalteam wieder obenauf

Benzema mache im Nationalteam nun ähnlich gute Figur wie bei Real Madrid, meinte Deschamps. „Er ist extrem fit, viel fitter als früher, und er ist reifer“, sagte der Trainer und nannte den 33-Jährigen gar einen „wichtigen Spieler für die Zukunft“. „Neben seinem augenscheinlichen Talent hat er den Charakter und die mentale Stärke, die auf höchstem Level der Schlüssel sind. Und er hat diesen Eifer zu gewinnen, den auch die anderen Spieler spüren.“

„Ein wiedergefundener Teamgeist“

Wie beim Halbfinal-Sieg gegen Belgien drehte Frankreich im Finale gegen Spanien einen Rückstand. „Wir haben schlecht begonnen. Wir wurden von Spanien in der ersten Hälfte dominiert, wir mussten reagieren“, sagte Mittelfeldspieler Paul Pogba. „Aber wenn wir so gewinnen, warum nicht. Es ist immer gut, eine Trophäe zu holen. Wir sind immer hungrig nach Trophäen, sind nie zufrieden.“

Vollauf zufrieden zeigten sich indes die Medien, die nach dem EM-Scheitern trotz 3:1-Führung bis zur 81. Minute gegen die Schweiz noch von einer Ohrfeige, schweren Enttäuschung und gewaltigen Schlappe schrieben. „Spannung, Emotionen, ein wiedergefundener Teamgeist und Einzelleistungen auf dem Höhepunkt“, jubelte „Le Figaro“. „Das wird ohne Zweifel nicht der am meisten beachtete oder beneidete Titel sein, aber Frankreich wird die erste Nation bleiben, die die Weltmeisterschaft, die Europameisterschaft und die Nations League gewonnen hat“, stand in „L’Equipe“.

Auch Spanien präsentiert sich zukunftsfit

Auch die Spanier zeigten sich trotz der ersten verpassten Trophäe seit dem EM-Gewinn 2012 zufrieden. Im Halbfinale beendete das Team von Coach Luis Enrique die Weltrekordserie von Europameister Italien, im Endspiel wurde eine starke Vorstellung nicht belohnt. „Ohne Titel, aber mit Zukunft“, schrieb die spanische Zeitung „As“. Was Passsicherheit, hohes Pressing und Ballbesitzfußball angeht, macht Spaniens Mannschaft aktuell kaum jemand etwas vor. Neben Gavi (17) sind auch Yeremi Pino (18), Ferran Torres (21) oder die diesmal verletzt fehlenden Pedri und Ansu Fati (beide 18) Versprechen für die Zukunft.

Der Siegestreffer durch Kylian Mbappe sorgte aber für Unmut. Der französische Stürme wurde in Abseitsposition bedient, profitierte aber davon, dass Spaniens Eric Garcia den Ball im Rutschen noch leicht berührte und so eine neue Spielsituation schuf. Die Entscheidung des Schiedsrichterteams ist zwar regeltechnisch gedeckt, das änderte aber an der Entrüstung mancher nichts. Die Zeitung „Marca“ schrieb stellvertretend: „Sie machen den Fußball kaputt. Eine unverständliche Interpretation einer neuen und lächerlichen Abseitsregel seitens des Videoassistenten ruiniert Spanien.“

Mikel Oyarzabal (64.) hatte die Spanier in Führung gebracht, doch nur zwei Minuten später zeigte Benzema den Spaniern, was Effizienz bedeutet. „Das Unfaire am Fußball ist, dass wir die Chance hatten, das K. o. zu setzen, als wir 1:0 in Führung gegangen sind, aber Karim Benzema hat etwas Außerordentliches geschafft“, erklärte Enrique.