Karim Adeyemi mit Ball
GEPA/David Geieregger
Champions League

Adeyemis Aktie schnellt in die Höhe

Es ist keineswegs überraschend, die Art und Weise dennoch bemerkenswert: Mit seinem Durchbruch bei Österreichs Fußballserienmeister FC Salzburg hat Karim Adeyemi auch die internationale Fußballwelt verzückt. Die Aktie des 19-jährigen Deutschen, der in diesem Herbst sein Länderspieldebüt gab, schoss in den vergangenen Wochen in ganz neue Höhen. Damit schickt sich Adeyemi, der über den Umweg Unterhaching die große Bühne eroberte, an, seinem aktuellen Club spätestens im Sommer zig Millionen Euro in die Kassen zu spülen.

Bereits Mitte Oktober haben die Transferspekulationen um Adeyemi ordentlich Fahrt aufgenommen. Der Plan sieht vor, dass er noch bis Sommer das Salzburg-Trikot überstreift, was angesichts von bereits 15 Scorerpunkten in insgesamt 19 Pflichtspielen – drei DFB-Länderspiele inklusive – vielleicht schon überholt scheint. Zumal Vater und Manager bereits bei Bayern München zu Gespräche waren. Sein Vertrag läuft noch bis 2024, was die Ablösesumme steigen lässt: 30 bis 40 Millionen Euro an Ablöse werden gehandelt, die Bayern scheinen in der „Pole“.

Doch auch Borussia Dortmund oder – traditionell – RB Leipzig gehören zu den Interessenten, in England auch der FC Liverpool mit dem deutschen Startrainer Jürgen Klopp. Das nächste Karriereziel des pfeilschnellen Stürmers scheint aber die Bundesliga in der Heimat zu sein, am Mittwoch kann sich Adeyemi gegen einen Vertreter aus dem deutschen Oberhaus weiter empfehlen: Am dritten Spieltag der UEFA Champions League gastiert der VfL Wolfsburg in Wals-Siezenheim.

Einträge in die Geschichtsbücher

Adeyemi, der Sohn einer Rumänin und eines Nigerianers, hat bei den bisherigen beiden Partien in der Königsklasse beim FC Sevilla (1:1) und daheim gegen OSC Lille (2:1) dem Salzburger Spiel den Stempel in historische Art und Weise aufgedrückt. Der Jungstar holte nicht weniger als vier der insgesamt fünf Salzburger Elfmeter heraus und verwandelte zuletzt zwei Strafstöße zum Sieg gegen die Franzosen.

Sven Botman (Lille) und Karim Adeyemi (RBS) im Zweikampf
GEPA/Mathias Mandl
Zu schnell für viele Verteidiger: Auch so holte Adeyemi in dieser CL-Saison bereits vier Elfmeter heraus

Die Aufmerksamkeit des deutschen Bundestrainers Hansi Flick, der Adeyemi als ersten Spieler aus der österreichischen Bundesliga für das deutsche Nationalteam in der Nachkriegszeit nominiert hatte, war ihm aber auch schon davor zuteil geworden. Es ist nämlich das Ergebnis der konsequenten Weiterentwicklung innerhalb des deutschen Verbandes, ist Adeyemi doch Träger der Fritz-Walter-Medaille als bester Nachwuchspieler 2019 und seit Sommer U21-Europameister.

Kritik von Marsch beflügelte Adeyemi

Die Bundesliga-Torschützenliste führt Adeyemi mit acht Treffern an, wie erwartet stieg der Youngster in die Fußstapfen seines Vorgängers Patson Daka, der im Sommer Salzburg als Torschützenkönig Richtung England zu Leicester City verließ. Dessen Vorgänger war ein gewisser Erling Haaland, mit dessen Aufstieg Adeyemis gerne verglichen wird.

Doch während die norwegische Naturgewalt nach einem stillen halben Jahr in Salzburg die gesamte Fußballwelt im Sturm eroberte, empfahl sich Adeyemi in der vergangenen Spielzeit über Kurzeinsätze bei den Profis und zahlte dabei auch Lehrgeld. Ende Februar nahm ihn der damalige Trainer Jesse Marsch beim 1:2 gegen Sturm Graz noch vor der Halbzeit vom Platz und kritisierte ihn danach ungewohnt scharf („Er war nicht bereit, er hat jeden Ball und jedes Duell verloren.“).

Die Kritik zeigte Wirkung, bereits zwei Wochen später gab es für ihn Sonderlob. Der Youngster nahm im Frühjahr mit sechs Toren und fünf Assists in der Liga Fahrt auf und den Schwung mit in die neue Saison, in der er unter seinem neuen Trainer Matthias Jaissle die nächsten große Entwicklungsschritte setzt. Nicht umsonst befindet sich Adeyemi auch unter den 20 Finalisten der Wahl zum „Golden Boy“ als bester Nachwuchsfußballer der Welt, durchgeführt von „Tuttosport“.

„Das habe ich noch nicht oft gesehen“

„Man muss kein Fachmann sein, um zu erkennen, dass er mit seiner Dynamik und Schnelligkeit eine unglaubliche Stärke mitbringt. Das habe ich in der Form so noch nicht oft gesehen“, sagte Jaissle der dpa.

RedBull Salzburg Spieler Karim Adeyemi und Trainer Matthias Jaissle.
FC Red Bull Salzburg/Andreas Schaad
Zwei, die sich verstehen: Trainer Matthias Jaissle und Stürmer Karim Adeyemi

„Karim ist noch jung, aber er ist bereit, sich ständig zu verbessern. Er ist wissbegierig. Das sind gute Voraussetzungen, dass seine Reise noch weitergeht“, so der 33-Jährige. „Ich wünsche mir, dass er so bleibt wie wir als Team: bescheiden und demütig. Er hat noch viel Potenzial, das noch nicht ausgeschöpft ist. Ich traue ihm eine große Karriere zu.“

Unterhaching statt Bayern, Salzburg statt Barcelona

Sollte Adeyemi zu den Bayern wechseln, wäre es eine Rückkehr. Der Linksfuß spielte in der Jugend für den deutschen Rekordmeister. Doch dort wurde er auch wegen Disziplinlosigkeiten aussortiert, die Trennung habe ihn letztlich motiviert. („Das gab mir einen ‚Push‘“).

Er fasste 2012 im Jugendbereich bei der SpVgg Unterhaching Fuß, wurde vom Präsidenten und dem ehemaligen FC-Tirol-Profi Manfred „Manni“ Schwabl unter die Fittiche genommen und Anfang 2018 als 16-Jähriger um kolportierte 3,35 Millionen Euro von Salzburg verpflichtet. Die benachbarten „Bullen“ stachen dabei einmal mehr namhafte Konkurrenz aus, darunter den FC Chelsea oder auch die Bayern.

Später kam der FC Barcelona auf die Salzburger zu, die angebotenen 15 Millionen Euro kratzten Sportchef Christoph Freund wegen des Potenzials seines Spielers aber nicht. Adeyemi, der sich wie die meisten Talente beim Farmteam in Liefering seine Sporen verdiente, verlängerte indes und entwickelte sich auf und abseits des Platzes.

Dabei gibt er sich bodenständig und zielstrebig, zuletzt auch nach dem 2:1-Sieg gegen Lille, der die Tabellenführung in der Champions League bedeutete: „Es ist zwar unglaublich, etwas Schönes, aber im Prinzip haben wir noch nichts gewonnen“, meinte der Stürmer, der in beiden bisherigen CL-Partien als „Man of the Match“ gewählt wurde.

Jaissle hofft auf Verbleib

Sein aktueller Trainer Jaissle hofft, mit Adeyemi zumindest in dieser Saison noch einiges zu gewinnen, und damit auf einen Verbleib seines Schützlings. „Ich glaube, unser Dress steht ihm sehr gut. Er hat noch so viel Potenzial, und ich hoffe, dass er das noch eine Zeit lang bei uns weiterentwickelt“, sagte Adeyemis Landsmann zuletzt dem „kicker“.

Auch er erkennt keinen Anflug von Überheblichkeit. „Er macht auf jeden Fall diesen Eindruck, was nicht selbstverständlich ist, auf ihn prasselt gerade sehr viel ein“, sagte der 33-Jährige über seinen Schützling, der „vor allem in den Details“ auch noch lernen müsse. Zum Beispiel „individualtaktisch, ich wünsche mir, dass er noch mehr Aktionen hat im Spiel“, sagte Jaissle. Bereits am Mittwoch bietet sich die nächste Chance für Adeyemi, seine Aktie weiter zu steigern.