Karim Adeyemi und Nicolas Seiwald (RBS)
GEPA/Mathias Mandl
Champions League

Salzburgs Jugend sorgt für Aufsehen

Der FC Salzburg ist am Mittwoch dem erstmaligen Aufstieg ins Achtelfinale der UEFA Champions League einen großen Schritt näher gekommen. Nach dem 3:1-Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg könnte Österreichs Serienmeister das Weiterkommen bereits in zwei Wochen in Deutschland bewerkstelligen. Die jüngste Mannschaft im Bewerb sorgt für Aufsehen in der Königsklasse, auch weil Matthias Jaissle sie erfolgreich anführt.

Der Trainer selbst ist erst 33 Jahre alt, seine Startelf brachte es im Schnitt auf 22,5 Lenze. Gemeinsam haben sie sich zur Halbzeit der Gruppenphase die klare Tabellenführung in Pool G erarbeitet. Mit sieben Punkten führt Salzburg vor Sevilla (3) sowie Lille und Wolfsburg (je zwei). Nach dem ersten Triumph gegen ein Team aus einer der Top-Five-Ligen (2:1 gegen Lille) folgte der erste Sieg eines österreichischen Teams in der Champions League gegen eines aus dem Nachbarland.

„Wir haben fast über 90 Minuten unsere Art und Weise von Fußball auf den Platz gebracht. Das war auch in der Höhe ein verdienter Sieg, und ich bin extrem stolz auf die Mannschaft, wie sie es gemacht hat“, sagte Jaissle, den die Cleverness seines Teams faszinierte. „Die reife Leistung nach dem Ausgleichstor, da nicht zurückzustecken, sondern in der zweiten Hälfte auch noch ein paar PS mehr auf die Straße zu bringen – das war ein richtig geiler Champions-League-Abend.“

Champions League: Salzburg auf Achtelfinal-Kurs

Nach dem 3:1-Sieg gegen den VfL Wolfsburg ist der FC Salzburg dem Champions-League-Achtelfinale einen großen Schritt näher gekommen. Bereits in zwei Wochen könnte Österreichs Serienmeister mit einem Sieg fix in die K.-o.-Phase aufsteigen.

Achtelfinale noch kein Thema

Der Blick auf die Tabelle ist für alle naturgemäß schön, doch das Thema Achtelfinale wird zumindest offiziell beiseitegeschoben. „Wir haben uns schon vor der Saison darüber definiert, dass wir unseren Fußball zeigen wollen. Wir definieren uns weniger über die Tabelle. Damit fahren wir ganz gut, und aktuell sieht es richtig gut aus. Weil wir heute auch nahe an dem waren, wie ich mir das vorstelle“, so Jaissle, der sich nicht an Rechenspielen beteiligt. „Mathe war ein schlechtes Schulfach bei mir. Wir gehen das in aller Bescheidenheit an und wollen auch in Wolfsburg mutig und frech auf den Platz gehen.“

Matthias Jaissle (RBS)
GEPA/Mathias Mandl
Salzburgs junger Erfolgstrainer Matthias Jaissle hat Spaß an der Arbeit mit seinen ebenfalls jungen Spielern

So wie beim „Hinspiel“ in Salzburg, dem 29.520 verzückte Zuschauer im ausverkauften Stadion Wals-Siezenheim beiwohnten und die nach 124 Sekunden Grund zum Jubeln hatten. Der deutsche Jungteamspieler Karim Adeyemi vollendete dabei jenen Angriff, der den Salzburger Weg eindrucksvoll unterstreicht. Nach einer Balleroberung von Brenden Aaronson (20) in der eigenen Hälfte gelang über Mohamed Camara (21) und Nicolas Seiwald (20) das Leder zum pfeilschnellen Adeyemi (19), der alleine vor Klassetormann Koen Casteels die Nerven behielt.

Detailarbeit macht sich bezahlt

Vom Anlaufen Aaronsons bis zu Adeyemis Abschluss steckte alleine in diesem Angriff viel Detailarbeit, die sich offenkundig bezahlt machte, wie Jaissle hervorhob. „Wenn wir unsere Spielidee im Detail richtig auf den Platz bringen, wird das auch international belohnt“, antwortete der Deutsche auf die Frage, was seine Mannschaft nach so einem Sieg mitnehmen würde – abgesehen von „viel, viel Selbstvertrauen“. Jaissle freute sich auch für die Spieler, die schon länger dabei sind. „Salzburg hatte in der Vergangenheit hie und da Pech, nun ist es an der Zeit, solche Spiele genießen zu können, weil auch die Ergebnisse stimmen.“

Klar ist auch, dass Salzburg heuer nicht vom Lospech verfolgt wurde und zum ersten Mal nicht gegen den Titelverteidiger antreten muss, sondern es mit teils kriselnden Teams aus den Topligen zu tun bekommt. Wolfsburg verlängerte seine Serie ohne Sieg auf sieben Partien, Frankreichs Meister Lille ist nur Ligaelfter.

Dennoch müssen auch solche Spiele erst gewonnen werden. Die Salzburger Qualität ist dabei unbestritten. Auch deutschen Medien war das nach der Partie zu entnehmen, „Turbofußballer“ (dpa) und ein „sehr ansprechender, phasenweise gar mitreißender Auftritt“ („kicker“) wurden hier gesichtet.

„Wissbegier“ als erfolgreiche Tugend

Nach dem Ausgleich aus dem Nichts durch Lukas Nmecha (15.) fanden die zuvor abgemeldeten „Wölfe“ aber besser ins Spiel. „Es ist nicht möglich, so ein Spiel über 90 Minuten komplett zu dominieren, weil ein Gegner dabei ist, der auch zu Recht Champions League spielt. Das ist eine Mannschaft mit absoluter Topqualität“, merkte Jaissle an. Sein Club kassierte zwar zum 25. Mal in Folge im Europacup ein Gegentor, präsentiert sich aber 2021 in der Defensive stabiler. Zur Halbzeit der Gruppenphase 2020 hatte Salzburg schon elf Tore kassiert – nun drei.

Noch bemerkenswerter ist aber, wie abgeklärt sich diese Salzburger Mannschaft in dieser Spielzeit gibt. Von 18 Pflichtspielen in der aktuellen Saison wurden nur zwei nicht gewonnen und die auch nicht verloren. Vor allem die Reife überrascht. Jaissle kennt einen Grund dafür. „Eine Tugend, die sie aktuell auszeichnet, ist die Wissbegier. Wir haben uns vorgenommen, aus jeder Situation, jeder Halbzeit, jedem Spiel bestmöglich zu lernen. Das machen wir extrem schnell und effektiv.“

Okafor blüht unter Jaissle auf

Ein anderer ist er selbst. Jaissle coacht seine Spieler in quasi jeder Minute des Spiels und natürlich auch dazwischen. „Wir haben in der Halbzeit noch ein paar Sachen justiert, was wir im Anlaufen machen, welches Muster wir mit dem Ball spielen wollen, das ist der übliche Ablauf bei uns“, verriet der Trainer, der mit seinem Betreuerteam die Mannschaft strukturell und die Spieler individuell verbessern konnte.

Bestes Beispiel dafür ist Noah Okafor, der schon als Fehleinkauf abgestempelt worden war und nun unter Jaissle nicht nur wegen seiner Tore aufblüht. Mit seinen Treffern gegen Wolfsburg spülte er einen Teil der an den FC Basel überwiesenen Rekordablösesumme von 11,2 Millionen Euro zurück in die Salzburger Kassen. „Ich bin sehr glücklich über meine Tore, noch mehr über die drei Punkte“, freute sich der 21-jährige Schweizer, der als „Man of the Match“ ausgezeichnet wurde.

Die ihm gewidmeten Sprechchöre taten dem U21-Nationalspieler sichtlich gut. „Es ist für einen jungen Spieler immer wichtig, dranzubleiben und sich Tag für Tag zu verbessern, dann wird man auch belohnt“, meinte Okafor, der in Salzburg viel Kritik einstecken musste.

Noah Okafor (RBS)
GEPA/Mathias Mandl
Nach fast zwei Jahren scheint Rekordeinkauf Noah Okafor in Salzburg angekommen zu sein

„Ich hatte es nicht immer einfach, ich bin mit einem gewissen Druck hierhergekommen und hatte Pech mit Verletzungen“, sagte Okafor, der im Jänner 2020 in Österreich angeheuert hatte. Jaissles Coaching („Er pusht mich täglich“) half dem Stürmer. „Der Trainerwechsel war auch gut für mich, was den Austausch betrifft, egal ob positiv oder negativ. Das braucht man als junger Spieler, um zu wissen, wo man steht.“

Historischer Aufstieg zum Greifen nah

Salzburg weiß, wo es in dieser Champions-League-Saison steht – kurz vor dem historischen Aufstieg ins Achtelfinale. Sturm Graz war zwar 2000/01 in der Königsklasse schon einmal weitergekommen, damals gab es allerdings eine zweite Gruppenphase. In einem Achtelfinale der Champions League, die im Jahr 1992 den Europacup der Landesmeister abgelöst hatte, stand bisher noch keine österreichische Mannschaft.

Während sich Jaissle noch nicht aus dem Fenster lehnen will („In den nächsten drei Spielen kann noch alles passieren“), geht sein Schützling Okafor nach dem zweiten Heimsieg in Folge etwas weiter: „Es gilt so weiterzumachen, dann sehe ich große Chancen weiterzukommen.“ Die Statistik macht Hoffnung: Sechs Clubs hatten 2020 zur Halbzeit sieben Punkte oder mehr – alle schafften auch den Sprung in die K.-o.-Runde.