Die Damen verpassten am Samstag zwar um neun Hundertstelsekunden den ersten Podestplatz in Sölden seit 2014, Liensberger untermauerte aber wie schon bei WM-Bronze in Cortina d’Ampezzo ihr Potenzial im RTL. Die Vorarlbergerin, aber auch die letztlich nur auf Platz 17 gelandete Halbzeitdritte Stephanie Brunner waren im ersten Saisonrennen gut für einen Stockerlplatz gewesen.
„Die Präsentation war eine gute“, lobte Chefcoach Christian Mitter. Auch wenn bis auf die hinter Mikaela Shiffrin (USA), Lara Gut-Behrami (SUI) und Petra Vlhova (SVK) viertplatzierte Liensberger wieder keine seiner Läuferinnen zwei konstant gute Läufe schaffte. So verbesserte sich Ramona Siebenhofer zwar vom 20. auf den zehnten Platz, dafür fiel Ricarda Haaser vom zehnten auf den 15. Rang zurück. Und Brunner stürzte sogar von der dritten auf die 17. Stelle ab. Die nach einer Verletzung noch nicht ganz fitte Katharina Truppe, im Vorjahr als 15. beste ÖSV-Dame in Sölden, holte als 27. immerhin Weltcup-Punkte.
Leitinger schrammt an Sölden-Sieg vorbei
Roland Leitinger hat die große Sensation zum Weltcup-Auftakt der Herren in Sölden knapp verpasst. Der 30-Jährige muss sich Marco Odermatt nur um sieben Hundertstelsekunden geschlagen geben und wird Zweiter.
Brunner für Risiko nicht belohnt
Etwas bitter bilanzieren musste Brunner. Die trotz dreier Kreuzbandrisse und einer neuerlichen Operation im März unverwüstliche Tirolerin war auf aussichtsreichem Weg zu ihrem zweiten Weltcup-Podium nach Platz drei 2018 in Killington. Trotz drittbester Laufzeit habe sie das Gefühl gehabt, im Steilhang noch zulegen zu können. „Ich war sicher, dass da noch Reserven drin sind und wollte das im zweiten zeigen. Ich habe es aber übertrieben und überpaced. So ist das erhoffte Happy End ausgeblieben.“
Sie wisse aber, wo sie die Zeit liegen gelassen habe. „Daran werde ich arbeiten“, ließ sich Brunner nicht runterziehen. „Im ersten Durchgang habe ich gezeigt, dass ich gut Ski fahren kann. Das heißt es jetzt in zwei Läufen zu zeigen.“ Insgesamt stimme sie das erste Saisonrennen aber zuversichtlich, meinte die 27-Jährige. „Es geht in die richtige Richtung, und die nächsten Rennen können kommen.“
Liensberger sieht noch Steigerungspotenzial
Auch bei Liensberger fiel die Bilanz etwas bittersüß aus, denn die zehnte Laufzeit im Finale genügte nicht für eine Verbesserung. „Es hat nicht ganz gereicht. Ich hoffe, das kommt zurück, die Saison ist ja lang“, so die 24-Jährige, die das Verpassen des Podiums bedauerte. Gleichzeitig habe sie aber gute Schwünge zeigen können. „Es war wirklich ein Spaß zu fahren“, sagte Liensberger.
Platz vier sei vor allem die Bestätigung, dass sie in die richtige Richtung gearbeitet habe, betonte Liensberger. „Es ist immer gut, wenn man die Ergebnisse der Vorsaison bestätigen kann. Das ist echt erleichternd.“ Davor war Liensberger in Sölden nicht über Platz 16 hinausgekommen. „Auf dem kann man also aufbauen. Es ist schön, wenn die Ergebnisse in die richtige Richtung gehen.“ Das verpasste Podium sei leicht erklärt. „Mika und Lara haben wirklich was vorgelegt. So habe ich was, woran ich arbeiten kann.“
Shiffrin triumphiert in Sölden
Mikaela Shiffrin fährt beim Auftakt in die neue Skisaison im Riesentorlauf in Sölden zum Sieg. Beste Österreicherin wird Katharina Liensberger, die als Vierte das Podium knapp verpasst.
Ähnlich bilanzierte Siebenhofer. „Das nächste Mal muss ich halt zwei zweite Durchgänge fahren“, scherzte die Steirerin, ärgerte sich aber gleichzeitig. „Die Top Ten waren zwar irgendwie mein Ziel, aber ich weiß, es wäre mehr gegangen.“
Mitter will Ergebnis nicht überbewerten
Mitter registrierte erfreut, dass sein Team weit besser abgeschnitten hatte als 2020. „Leider gab’s zwar kein Podium, aber alle haben Gott sei Dank gezeigt, dass sie weiter nach vorne wollen. Stellenweise war es sogar sehr gut. Es war alles drin.“ Man dürfe das Ergebnis aber auch nicht überbewerten, so Mitter. „Denn wir haben uns schon ganz speziell auf diesen Hang, der nicht unser Lieblingshang ist, vorbereitet. Andere Riesentorläufe sind wieder ganz anders.“
Mit dem Resultat sei er aber sehr zuversichtlich für die nächsten Rennen. „Es ist erfreulich zu sehen, dass wir noch zwei oben haben, wenn es um die Wurst geht.“ Brunner machte er Mut. „Ihr Speed ist gut. Mit Startnummer 17 zur Halbzeit Dritte zu sein, das passt.“
Auch ÖSV-Herren fehlt nur noch Konstanz
Die ÖSV-Riesentorläufer verschafften sich am Sonntag mit starken Leistungen Ruhe für den weiteren Saisonverlauf. Vor einem Jahr war in Sölden nach Platz 17 durch Stefan Brennsteiner die Debatte um die „Problemdisziplin“ entfacht, erst im Saisonfinish hatte sich ein Aufwärtstrend abgezeichnet. Leitinger als Zweiter hinter dem Schweizer Marco Odermatt führte dieses Mal ein kompaktes Team an – der Speed ist zurück, die Konstanz fehlt allerdings noch.
Marco Schwarz und Manuel Feller landeten auf den Plätzen 13 bzw. 15. Der zur Halbzeit elftplatzierte Brennsteiner fiel im Finale ebenso aus wie Speed-Spezialist Matthias Mayer, der überraschende 13. nach dem ersten Lauf. Sie vergaben mögliche Plätze in den Top Fünf bzw. Top Ten. „Ich bin mit der ganzen Mannschaft zufrieden. Vom Speed her sind wir voll dabei, jetzt müssen wir nur noch das Ganze ins Ziel bringen, dann haben wir mehr unter den zehn“, sagte Herren-Rennsportleiter Andreas Puelacher. Vor allem Mayer habe ihn „brutal überrascht“.
Anerkennung für Leitingers Nervenstärke
Lob gab es auch dafür, wie der erstmals zur Halbzeit führende Tiroler Leitinger mit der Drucksituation umging. „Das hat er sehr gut gemacht. Das Podium habe ich ihm zugetraut, zum Gewinnen muss alles zusammenpassen. Er fährt zurzeit sehr gut Ski.“ Die dominante Figur im Training sei Brennsteiner gewesen, Leitinger habe es noch an Konstanz gefehlt. „Da waren Topläufe und weniger gute Läufe.“
Nach der überraschenden WM-Bronzemedaille durch Schwarz hatte Brennsteiner am 27. Februar als Dritter in Bansko Österreichs RTL-Podestplatzflaute im Weltcup beendet. Es war der erste ÖSV-Stockerlplatz in dieser Disziplin seit dem zweiten Platz von Marcel Hirscher im Februar 2019 ebenfalls in Bansko gewesen.
Wie vor Jahren im Slalom war nun auch im Riesentorlauf Geduld gefragt gewesen. „Wir arbeiten daran, die Athleten arbeiten daran. Man muss den Athleten Vertrauen geben und Bedingungen schaffen. Wir hatten immer das Problem mit Verletzungen. Jetzt sind wir schon länger verletzungsfrei und bleiben das hoffentlich. Die Athleten haben Vertrauen in den Körper“, erklärte Puelacher.
Mit Hirscher-Betreuern zurück in der Erfolgsspur
Mit Gruppentrainer Michael Pircher und Ferdinand Hirscher aus dem einstigen Marcel-Hirscher-Erfolgsgespann ist von Trainerseite viel Know-how verfügbar, angesetzt wurde vor allem auch bei der Skitechnik. „Das mit Brennsteiner tut weh, sonst sieht das Ergebnis noch besser aus. Es wünscht sich natürlich jeder, dass wieder mehrere vorne reinfahren“, sagte Pircher.
Leitinger fand auf dem Weg zu seinem ersten RTL-Podestplatz die richtige Mischung aus „Aggressivität und Dosierung“. Der ebenfalls 30-jährige Brennsteiner hatte nach Lauf eins für den zweiten Durchgang „die richtigen Schlüsse“ getroffen, es dann aber „selbst verhaut“. „Schlimmer kannst nicht anfangen. Aber das Skifahren passt“, meinte der Salzburger.
Auch Mayer, Olympiasieger 2014 in der Abfahrt und 2018 im Super-G, hatte „ein sehr gutes Set-up gefunden und ein super Gefühl auf Ski“, als im letzten Drittel des Steilhangs das Aus kam. „Mit dem Skifahren bin ich sehr zufrieden, das Ergebnis ist natürlich sehr bitter.“
Schwarz und Feller wollen Auftrieb mitnehmen
Sein Kärntner Landsmann Schwarz hatte schon im Vorfeld erklärt, dass im Riesentorlauf noch Hausaufgaben auf ihn warten, sprach daher von einem guten Auftakt. „Das ist mein bestes Sölden-Ergebnis, ich habe mir hier immer sehr schwergetan.“ Angesichts des guten Niveaus dürfe man sich „halt nicht viel erlauben“.
Feller bezeichnete sein Ergebnis als „nicht Fisch, nicht Fleisch“. Im Steilhang habe er zu wenig Platz zu den Toren gelassen, es sei nicht ganz rund gelaufen. Der Tiroler hob daher die Teamleistung hervor. „Wir wussten, dass wir noch einmal einen guten Schritt gemacht haben, wir pushen uns gegenseitig. Der Roli ist der, der es auf den Punkt gebracht hat. Ich hoffe, dass die ganze Mannschaft den Auftrieb mitnimmt.“
Freude über Rückkehr der Zuschauer
Auftrieb gab auch die Rückkehr der Fans nach einer CoV-bedingten Saison ohne Zuschauer an der Rennstrecke. „Es geht nicht immer darum, welche Nation gewinnt oder wer ganz vorne ist. Wir lieben alle den Sport und feiern den Sport, da gehören Emotionen dazu. Ich glaube, das war ein super Auftakt“, sagte Feller.
Auch die ÖSV-Damen waren angetan vom Comeback der Zuschauer. „Es war genial. Ich merke richtig, wie sie einen beflügeln, wenn man ins Ziel fährt. Da kriegst einen richtigen Schub“, sagte Liensberger. Brunner meinte: „Das war sehr cool. Es ist schon was anders, wenn die Fans dabei sind.“