Israels Teamchef Willi Ruttensteiner
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WM-Qualifikation

Ruttensteiner sieht Österreich als Favoriten

Israels Teamchef Willi Ruttensteiner sieht Österreich am Freitag (20.45 Uhr, live in ORF1) in Klagenfurt trotz der Tabellensituation in der WM-Qualifikation in der Favoritenrolle. Die Israelis haben Österreich im September in Haifa mit 5:2 abgefertigt und bei drei Punkten und sechs Toren Vorsprung gute Chancen, die Gruppe vor dem ÖFB-Team abzuschließen. Ein Erfolg in Österreich sei aber laut Ruttensteiner viel schwieriger zu bewerkstelligen.

„Man sieht schon, dass auswärts die Trauben höher hängen“, betonte Ruttensteiner mit Blick auf die vorletzte Partie in der WM-Qualifikation. Vor zwei Jahren in der EM-Quali sei man nach einem 4:2 in Haifa unter Andreas Herzog beim 1:3 in Wien ohne Chance gewesen. „Wir werden schauen, ob wir näher gekommen sind, ob wir vielleicht Paroli bieten können“, sagte Ruttensteiner. „Aber von der Papierform her wird Österreich dieses Spiel gewinnen.“

Über die Favoritenrolle müsse man nicht diskutieren. „Für uns ist ein Punkt gegen Österreich, ein gutes Match oder auf Augenhöhe zu sein, schon ein gewaltiger Erfolg.“ Österreichs Kader sei in der Qualität deutlich über den israelischen zu stellen. „Es ist immer eine große Herausforderung für uns, gegen solche Topmannschaften zu spielen. Gegen Österreich ist es umso spannender.“ Das 5:2 vor zwei Monaten war für Ruttensteiner, der 2017 nach 18 Jahren als sportlicher Verantwortlicher im Unfrieden vom ÖFB geschieden war, einer der größten Erfolge seiner Trainerkarriere.

Willi Ruttensteiner jubelt mit Spieler
Reuters/Ammar Awad
Im Heimspiel gab es für den Israel-Coach viel Grund zur Freude

„Hausaufgaben erfüllen“

Ein Sieg in Österreich wäre laut dem Oberösterreicher aber noch wertvoller. Zudem würden die Israelis damit ihre „Minichance“ auf Gruppenplatz zwei und die Play-off-Teilnahme wahren, falls Schottland in der Republik Moldau Punkte liegen lässt. Ruttensteiner, der am Spieltag in Klagenfurt seinen 59. Geburtstag feiert: „Wir sollten schauen, dass wir unsere Hausaufgaben erfüllen und alles probieren. Nicht, dass man sich am Ende irgendeinen Vorwurf machen muss.“

Die Schotten nehmen vier Punkte Vorsprung in die letzten beiden Partien mit, sie treten in der letzten Runde aber noch gegen Gruppensieger Dänemark an. Israel bekommt es daheim mit den Färöern zu tun. Eine bessere Ausgangsposition vergaben die Israelis im Oktober mit einer 2:3-Niederlage in Schottland. Der entscheidende Fehler passierte in der 94. Minute nach einem Corner. Ruttensteiner: „Letztendlich ist das Qualität. Das ist schon noch ein großer Unterschied, dass man da zur Spitze aufschließt.“

Er sei mit seinen eineinhalb Jahren als Teamchef aber „nicht unzufrieden“, sagte Ruttensteiner. Der Glücklichste sei er mit einem Aus im Elferschießen im EM-Play-off 2020 und dem nun späten Gegentor in Schottland zwar nicht. „Auf der anderen Seite sieht jeder, dass etwas weitergegangen ist.“ Bei einem Remis in Klagenfurt würden sein Team die Gruppe als Dritter fast sicher vor Österreich beenden.

„Grundsätzlich taugt mir das Trainersein“

Ruttensteiners Vertrag in Israel läuft bis Mai 2022. „Wir sind uns relativ einig, dass man Ende des Jahres eine Entscheidung treffen muss – beendet man, oder geht es weiter?“ Gespräche sollen nach Abschluss der WM-Quali folgen. Ruttensteiner will seine eigenen Möglichkeiten prüfen. „Grundsätzlich taugt mir das Trainersein jetzt“, sagte der frühere ÖFB-Sportdirektor. „Ich kann mir durchaus vorstellen, einen Club zu trainieren, aber auch in Israel weiterzumachen oder in ein anderes Land zu gehen. Da bin ich sehr offen.“

Eine Rückkehr zum ÖFB ist eher auszuschließen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gerhard Milletich oder Peter Schöttel Interesse haben, den Willi Ruttensteiner zurückzubringen.“ Der neue Verbandschef Milletich hatte im Herbst 2017 als Präsidiumsmitglied für Ruttensteiners Abschied vom ÖFB gestimmt. Davor, als Milletich Vorsitzender der ÖFB-Trainerausbildung war, habe er gut mit dem Burgenländer zusammengearbeitet. „Aber letztendlich hat er auch gewollt, dass ich beim ÖFB ausscheide.“

Gute Entwicklung bei ÖFB-Legionären

Um den österreichischen Fußball macht sich Ruttensteiner wenig Sorgen. „Man hat so viele internationale Spieler wie noch nie, Spieler bei Real Madrid, Barcelona oder Bayern München – das hätte ich mir im Jahr 2000 nicht einmal zu träumen gewagt. Es ist unglaublich, wie viele Legionäre in den letzten 20 Jahren produziert worden sind. Das war ein Meilenstein.“ Ziel müsse es sein, dass es wie in Ländern wie der Schweiz, Belgien und Kroatien gelinge, diese Generation mit der nächsten zu ersetzen. „Mit guter Spielerentwicklung ist das möglich, nur ist es nicht leicht.“

Die jüngste Ergebniskrise des ÖFB-Teams will Ruttensteiner nicht überbewerten. „Man hat eine super EM gespielt, große Werbung gemacht im internationalen Fußball.“ Seither habe Österreich unglücklich agiert. „Zufrieden kann man natürlich nicht sein mit der Nicht-Qualifikation. Auf der anderen Seite ist es eine hervorragende Mannschaft. Ich hätte nicht so große Sorgen, wenn ich am Freitag Spieler zur Verfügung hätte von Hinteregger über Alaba und Sabitzer bis hin zu Arnautovic.“