Dennis Novak beim Return
APA/AFP/Laurie Dieffembacq
Davis-Cup

Österreich gefällt sich als Underdog

Eigentlich hatte sich der Österreichische Tennisverband (ÖTV) auf ein großes Tennisfest in Innsbruck gefreut. Als Teil des Davis-Cup-Finalturniers wollte man mit den Fans im Rücken um den Aufstieg kämpfen. Nun treten Dennis Novak und Co. gegen Serbien (Freitag) sowie Deutschland (Sonntag, jeweils ab 16.00 Uhr) ohne den verletzten Dominic Thiem nicht nur als Underdog, sondern wegen der Coronavirus-Krise auch vor leeren Rängen an. Dennoch glauben die Österreicher an eine Überraschung und beschwören den „Geist von Moskau“.

In Gruppe F geht es in der eigentlich für 7.000 Fans ausgerichteten Olympiaworld nun vor leeren Rängen um den Gruppensieg. Das große Publikumsfest, gegen Novak Djokovic und Co. einerseits, andererseits das traditionell aufgeheizte Duell mit Deutschland, fällt damit aus. Dass man ohne aktuellen Top-100-Spieler im Einzel antritt, macht die Aufgabe nicht leichter, der Modus mit nur zwei statt vier Einzel und einem Doppel eröffnet jedoch mehr Chancen.

In der zweiten Innsbruck-Gruppe (C) treffen Frankreich, Tschechien und Großbritannien aufeinander. Die jeweiligen Gruppensieger spielen am Dienstag (16.00 Uhr) ein Viertelfinale, zudem haben die zwei besten Gruppenzweiten aus allen Pools (je zwei weitere in Madrid und Turin) die Chance auf ein weiteres Viertelfinale dann in Madrid. Davon kann Österreich aufgrund der Ausgangssituation aber nur träumen, doch natürlich wird die Truppe von Stefan Koubek alles versuchen, diesen Traum wahrzumachen.

Vorfreude auf Kräftemessen mit Djokovic

„Sie sind alle gut drauf. Dennis kann im Match noch ein Scheibchen dazulegen, die anderen zwei sind ziemlich gleichauf“, meinte Koubek bei einem Zoom-Pressetermin gemeinsam mit dem deutschen Kapitän Michael Kohlmann. Mit den anderen beiden meint der Kärntner Gerald Melzer und Jurij Rodionov. „Man sieht, dass Gerald Selbstvertrauen hat von den letzten Wochen. Das hat der Jurij vielleicht nicht so, aber der hat den Ball super am Schläger“, berichtete Koubek, der sich erst kurzfristig entscheiden will, wer neben Novak der zweite Einzel-Mann ist. "Die Spieler wissen Bescheid. Wir wollen einfach nur dem Gegner so spät wie möglich bekanntgeben.

Fest steht unterdessen, dass es am Freitag im zweiten Spiel nach 16.00 Uhr das Duell „Novak gegen Novak“ geben wird: Dennis Novak gegen Novak Djokovic – die Nummer 118 der Welt gegen die Nummer eins. Der 28-jährige Niederösterreicher ist gegen den 20-fachen Major-Sieger im ersten Aufeinandertreffen mit dem Serben natürlich klarer Außenseiter. „Es ist wahrscheinlich das größte Match in meiner Karriere, auch die schwierigste Aufgabe, die es zurzeit auf dem Platz gibt. Ich bin gut vorbereitet, fühle mich gut und freue mich sehr aufs Match morgen“, sagte Novak.

„Kann ihn am falschen Fuß erwischen“

"Man weiß als Spieler, dass man wirklich eine sehr gute Leistung auf den Platz bringen muss. Man ist von Anfang an konzentriert, da gibt es kein Einspielen, vor allem nicht gegen Nole“, blickt Koubek auf dieses Match. Die volle Konzentration sei ohnehin automatisch gegeben. „Du weißt, du spielst gegen den absolut Besten der Welt.“ Seine Nummer eins sei ein Spieler, der im Davis-Cup immer sehr gute Leistungen gebracht habe. Und über Djokovic: „Man kann ihn schon am falschen Fuß erwischen. Das kann auch hier passieren. Wenn Dennis gut drauf ist, kann er ihn zumindest richtig ärgern.“ Geärgert hat man sich natürlich auch darüber, dass der Heimvorteil fast ganz weggefallen ist, ohne Fans im Rücken.

„Das mit Dominic wissen wir schon lange, dass er nicht dabei sein wird, aber das fehlende Publikum ist für uns ziemlich hart – speziell gegen die ‚Deitschen‘“, meinte er lächelnd mit Blick auf sein Pendant der DTB-Truppe Michael Kohlmann. „Da wäre das schon interessant gewesen. Das Publikum damals in Garmisch war auch ein Wahnsinn, da gibt es immer eine spezielle Atmosphäre, und das ist schade.“ Doch alles Jammern nütze nichts. „Wir werden alles geben, dass wir unsere Chance wahren und nutzen.“

Laut Novak gilt es, ein bisschen den „Geist von Moskau“ zu beschwören: „Ich glaube, das ist ein Beispiel, das wir sehr gerne erwähnen, weil wir dort eine unglaubliche Leistung gezeigt haben, obwohl wir die Underdogs waren“, erinnerte sich 28-Jährige an den sensationellen 3:1-Auswärtssieg über die Russen im April 2018. „Wir haben ein super Doppel und drei gute Einzel-Spieler, da ist alles möglich, das werden wir an dem Wochenende auch versuchen.“

0:5-Bilanz gegen Deutschland

Gegen Deutschland hält Österreich trotz manch historischer Begegnungen, allen voran jene in Unterpremstätten (2:3 1994), bei einer 0:5-Bilanz. Auch Kohlmann, der ohne Olympiasieger, Wien-Gewinner und ATP-Finals-Triumphator Alexander Zverev auskommen muss, bedauert das Fehlen der Fans. „Innsbruck ist nicht weit von München entfernt, wir hätten auch relativ viele Leute hier vor Ort gehabt. Klar ist der Heimvorteil mit Sicherheit nicht wegzudiskutieren und wäre auch für uns eine besondere tolle Atmosphäre gewesen. Sowohl gegen Österreich als auch gegen Novak Djokovic und Serbien wäre das Stadion mit Sicherheit sehr gut gefüllt gewesen“, meinte Kohlmann.

Er hofft, dass sein von Jan-Lennard Struff angeführtes Team die Leistung auf den Platz bringt. „Und wir die Serie (gegen Österreich, Anm.) auf 6:0 ausbauen.“ Auch Kohlmann sieht Serbien als absoluten Favoriten. Sowohl Österreich als auch Deutschland spielen in der Dreiergruppe zunächst gegen die Serben. „Es ist für uns beide ein wichtiges Spiel. Nach diesem Spiel wird sich entscheiden, ob wir überhaupt noch eine theoretische Chance haben oder nicht“, meinte der Deutsche. „Wir wollen nach Madrid, ob als Erster oder Zweiter ist uns egal“, gab er sich kämpferisch.