Filip Stojkovic (Rapid) gegen Arthur Masuaku (West Ham)
APA/Hans Punz
Europa League

West Ham stellt Rapid erneut kalt

Der Traum von Rapid Wien von der K.-o.-Runde in der UEFA Europa League ist am fünften Spieltag endgültig geplatzt. Die Hütteldorfer wurden am Donnerstag in Gruppe H vom Vierten der englischen Premier League, West Ham United, mit 0:2 (0:2) kaltgestellt und haben daher keine Chance mehr auf einen Platz unter den besten zwei. Aber Rapid hat dank eines Remis im Parallelspiel zwischen Dinamo Zagreb und KRC Genk noch die Chance auf Platz drei und den Umstieg in die Conference League.

Bei frostigen Temperaturen und im aufgrund des Lockdowns in Österreich fanlosen Weststadion lief nur der Offensivmotor der Gäste auf Betriebstemperatur. Andrej Jarmolenko (39.) und Mark Noble per Elfmeter (45+2) sorgten bereits vor der Pause für klare Verhältnisse. Rapid konnte in seinem 300. Spiel auf der europäischen Bühne am Ende froh sein, nicht noch schlimmer unter die Räder zu kommen und kassierte im fünften Gruppenspiel die vierte Niederlage.

Trotzdem haben die Hütteldorfer weiterhin die Chance, im Europacup zu überwintern. Denn nach dem 1:1 zwischen Zagreb und Genk hat Rapid vor dem abschließenden direkten Duell mit Genk am 9. Dezember zwei Punkte Rückstand auf die Belgier. Mit einem Auswärtssieg würden die Wiener noch Platz drei und damit den Umstieg in die K.-o.-Phase der neuen Conference League schaffen. West Ham darf hingegen bereits für das Achtelfinale planen. Die Londoner stehen vorzeitig als Sieger der Gruppe H fest.

Rapid mit Überraschungen

Wären wie ursprünglich geplant Zuschauer zugelassen gewesen, hätte so mancher Rapid-Fan wohl zweimal auf die Aufstellung schauen müssen, um seinen Augen zu trauen. Denn Clublegende und Interimstrainer Steffen Hofmann hatte doch einige so nicht erwartete Personalrochaden parat. Mit Maximilian Ullmann, Marco Grüll und Ercan Kara fehlten drei Spieler der gewohnten Einsergarnitur. Der 20-jährige Martin Moormann, Kelvin Arase und Koya Kitagawa als Solospitze sollten bei den Verantwortlichen der „Hammers“ einen Überraschungseffekt auslösen.

Aber auch die Engländer schickten – von der Papierform her – ihre stärkste Elf auf das Feld. Nachdem Einsergoalie Lukasz Fabianski und Stürmer Michail Antonio gleich daheim in London geblieben waren, durfte sich auch Jungstar Declan Rice, etatmäßiger Kapitän und Torschütze beim 2:0-Sieg im ersten Spiel, vorerst auf der Bank in eine Decke kuscheln. Mit einem der UEFA weitergeleiteten 4-3-3-System machte Trainer David Moyes aber immerhin keinen Hehl daraus, dass es West Ham auch in Wien offensiv angehen wollte.

West Ham drückt aufs Tempo

Nachdem die Rapidler mit den Gästen per Kniefall ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt hatten, mussten sie in den ersten Minuten vor allem zuschauen, wie die Londoner den Ball in ihren Reihen zirkulieren ließen. Ein grün-weißes Bein berührte die Kugel vorerst nur bei Abwehraktionen, denn West Ham machte ordentlich Druck. Vladimir Cufal hatte auch das schnelle 1:0 auf dem Fuß, doch der Tscheche spitzelte den Ball nach einem Stanglpass nur knapp vorbei (7.). Nur wenige Minuten später schlenzte Nikola Vlasic den Ball knapp über die Querlatte (11.).

Kelvin Arase (Rapid) gegen Andriy Yarmolenko (West Ham)
GEPA/Philipp Brem
Rapid (l. Arase) hatte gegen West Ham von der ersten Spielminute an das Nachsehen

Rapid hatte aufgrund des aggressiven Auftretens der Gäste große Mühe, den Ball kontrolliert Richtung gegnerisches Tor zu bringen. „Hammers“-Torhüter Alphones Areola nahm nur mit lautstarken Kommandos an die Vorderleute am Spiel teil. Immerhin zerbrach Rapid nicht am Druck der Londoner. In der 21. Minute durfte auch der erste Hütteldorfer Torschuss verzeichnet werden – und der war gar nicht schlecht. Moormann setzte nach einem schönen Angriff über rechts Taxiarchis Fountas in der Mitte ein, doch der Schuss des Griechen ging knapp drüber.

Doppelschlag sorgt für Vorentscheidung

West Ham war zwar weiter einem Tor näher, so köpfelte Maximilian Hofmann einen Kopfball von Jarmolenko gerade noch vor der Linie weg (24.), doch Rapid sah nun nicht mehr so hilflos aus. Bester Beweis Arase, dessen Schuss nach einer schönen Einzelaktion aber dann doch zu schwach und zentral für Areola ausfiel (28.). Es folgte die beste Phase der Hütteldorfer in den ersten 45 Minuten. Jetzt schaute es fast so aus, als ob der Rasen im Weststadion doch keine schiefe Ebene sei. Rapid war endlich im Spiel drinnen, auch weil Arases Chance für die Engländer zumindest ein Warnschuss gewesen war und sie ihre Angriffswucht bewusst etwas abschwächten.

Trotzdem ging West Ham mit einer 1:0-Führung zum Pausentee. Fünf Minuten vor dem Ende der ersten Hälfte schraubte sich Jarmolenko nach Flanke von Vlasic deutlich höher als Youngster Moormann und köpfelte den Ball gegen die Laufrichtung von Goalie Paul Gartler in die Maschen (39.). In der Nachspielzeit froren die Gesichter auf der Rapid-Bank noch mehr ein, nachdem sich ausgerechnet Kapitän Hofmann „patschert“ angestellt und Jarmolenko im Strafraum eindeutig umgerempelt hatte. West-Ham-Routinier Noble ließ sich nicht zweimal bitten und verwertete den Elfmeter souverän (45.+2).

Mark Noble (West Ham) bezwingt Paul Gartler (Rapid)
GEPA/David Bitzan
Noble brachte West Ham kurz vor der Pause endgültig auf die Siegerstraße

Rapid-Aufholjagd bleibt aus

Trotz des Rückstandes wollte man bei den Rapid-Betreuern nichts überstürzen und verzichtete zumindest in der Pause auf personelle Veränderungen. Am Spiel änderte sich insofern nur der Umstand, dass die Gäste aus London nun nicht mehr allzu viel Stress hatten, das Tempo hochzuhalten. Es galt vor allem, den Sieg und damit den Gruppensieg und die Fixqualifikation für das Achtelfinale über die Zeit zu bringen. Rapid hielt dadurch optisch besser mit, stand sich in der Vorwärtsbewegung aber meist selbst im Weg. Dafür hatte Jarrod Bowen nach einem Tänzchen durch die Rapid-Abwehr das 3:0 auf dem Fuß, doch Gartler konnte sich auszeichnen (56.).

Die letzte halbe Stunde spielte Rapids Interimstrainer Hofmann mit Grüll und Kara dann doch noch seine stärksten Offensivtrümpfe aus, die Sensation im „Geisterspiel“ blieb aber trotzdem aus. Im Gegenteil: Gartler und dann Filip Stojokovic auf der Linie verhinderten bei einer Doppelchance der Engländer durch Soucek und Bowen – die der letztliche „Retter“ Stojkovic mit einem fürchterlichen Fehlpass eingeleitet hatte – Schlimmeres (60.).

Filip Stojkovic (Rapid) rettet auf der Linie
GEPA/David Bitzan
Stojkovic (l.) bügelte auf der Linie seinen Fehlpass aus und verhinderte ein sicheres Tor

Immerhin hatte auch Rapid doch noch die Chance auf den Anschlusstreffer, doch Fountas zirkelte den Ball von der Strafraumgrenze vorbei (73.). Einen abschließenden Szenenapplaus hätte sich aber auch Gartler verdient. Denn der Rapid-Schlussmann drehte rund zehn Minuten vor Schluss einen Kopfball von Sonny Perkins mit einem spektakulären Reflex über die Latte (79.). Gartler verhinderte damit auch, dass der erst 17-jährige Perkins ein Traumdebüt in der Kampfmannschaft von West Ham feierte.

Stimmen zum Spiel:

Steffen Hofmann (Rapid-Trainer): „Man hat gesehen, dass sie uns in allen Belangen überlegen sind. Aber es waren Sachen dabei, die in Ordnung waren, wir waren mutig. In der zweiten Halbzeit hatten wir einen guten Tormann. Die Gegentore waren zu billig. Wir werden morgen die Dinge ansprechen, die wir besser machen müssen. Aber nicht nur von heute, sondern schon seit geraumer Zeit. Wir hatten die eine oder andere Möglichkeit, die wir besser zu Ende spielen können oder mit etwas Glück ein Tor machen können. In Genk wissen wir, worum es geht. Wir müssen versuchen, das Spiel zu gewinnen und alles geben, dass wir im Frühjahr international noch dabei sind.“

David Moyes (West-Ham-Trainer): „Wir haben unseren Job erledigt, die Spieler waren sehr professionell. Wir könnten noch besser sein. Ich bin nicht hundertprozentig zufrieden, aber es geht in die richtige Richtung. Es ist ein großer Erfolg für uns, auch im März noch im Europacup dabei zu sein.“

UEFA Europa League, Gruppe H, fünfter Spieltag

Donnerstag:

Rapid – West Ham 0:2 (0:2)

Wien, Weststadion, SR Iwanow (RUS)

Torfolge:
0:1 Jarmolenko (39.)
0:2 Noble (45.+2)

Rapid: Gartler – Stojkovic, Aiwu, Hofmann, Moormann – Petrovic, Ljubicic (91./Grahovac) – Arase (75./Ballo), Knasmüllner (59./Grüll), Kitagawa (59./Kara) – Fountas (91./Strunz)

West Ham: Areola – Coufal, Dawson, Diop, Masuaku (77./Fredericks) – Noble, Soucek (65./Benrahma), Lanzini (65./Fornals) – Bowen (65./Kral), Jarmolenko, Vlasic (78./Perkins)