Vincent Kriechmayr in Alberta, Kanada
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Ski alpin

Speed-Asse stellen sich Mammutprogramm

Das Programm der Speed-Spezialisten in Nordamerika kippt von einem Extrem ins andere. Nachdem wetterbedingt im kanadischen Lake Louise nur die Abfahrt am Samstag über die Bühne gehen konnte, bleibt an der nächsten Station in Beaver Creek laut Zeitplan kaum ein Moment zum Durchschnaufen. Vier Rennen auf der anspruchsvollen „Birds of Prey“ gilt es bei dem Mammutprogramm zu absolvieren. Bei den Österreichern herrschte eine Mischung aus Wehmut über die jüngsten Absagen und Vorfreude auf Beaver Creek vor.

Das Wetter in den kanadischen Rocky Mountains war Kriechmayr und Co. beim Comeback der Rennen in Übersee nach der pandemiebedingten Absage vor einem Jahr nicht gewogen. Sowohl die erste Abfahrt am Freitag als auch der Super-G am Sonntag mussten aufgrund großer Neuschneemengen in der Nacht davor und einer bescheidenen Prognose für den Renntag abgesagt werden. In Beaver Creek stehen daher ab Donnerstag vier Bewerbe in vier Tagen auf dem Programm. Los geht es aber bereits am Mittwoch mit dem einzigen Abfahrtstraining auf der anspruchsvollen „Raubvogel“-Piste.

„Das ist nicht gerade die Ausbeute, die wir uns erhofft haben“, meinte Kriechmayr, nachdem die Absage des Super-G-Bewerbes in Lake Louise Gewissheit wurde. „Schade, ganz klar. Ich hoffe, dass das nächste Woche mit den vier Rennen halbwegs hinhaut“, pflichtete ihm Mayer bei. Der Kärntner hatte sich am Samstag in der einzigen Abfahrt im kanadischen Banff-Nationalpark vor seinem Teamkollegen aus Oberösterreich durchgesetzt.

Vincent Kriechmayr, Matthias Mayer und Beat Feuz auf dem Siegerpodest jubelnd
GEPA/Mathias Mandl
Im einzigen Rennen in Lake Louise feierten die Österreicher dank Mayer (M.) und Kriechmayr (l.) einen Doppelsieg

Mayer wäre auch im Super-G als heißer Kandidat auf den Sieg ins Rennen gegangen. „Beaver Creek ist natürlich wieder was anderes als Lake Louise, lieber wäre ich da noch einmal gefahren. Aber ich werde natürlich dort schauen, dass ich an die Leistungen anknüpfen kann“, betonte Mayer. Auch Max Franz wäre noch lieber zumindest ein weiteres Rennen in Lake Louise gefahren. Der Kärntner zeigte nicht nur in den Trainings, sondern auch im Rennen mit Platz fünf, dass ihm die Strecke in Kanada liegt. „Ich bin ganz gut drauf, es funktioniert gerade alles. Da möchte man natürlich Rennen fahren, wenn es passt. Aber es müssen schon auch faire Rennen sein“, sagte Franz.

Zähes, aber reizvolles Programm

Der Blick der Österreicher war daher schnell wieder nach vorne gerichtet. Denn in Beaver Creek wartet auf einer der selektivsten Strecken des Kalenders ein dicht gedrängtes Programm. Mayer bezeichnete die vier Rennen – Donnerstag (19.45 Uhr) und Freitag (18.45 Uhr) ein Super-G sowie Samstag (19.00 Uhr) und Sonntag (20.00 Uhr, alles live in ORF1) die Abfahrten – an vier Tagen als „zäh“. Immerhin sollten die Akkus bei den Fahrern vergleichsweise voll sein, nachdem man sich die Kräfte in Lake Louise unfreiwillig sparen konnte. „Die körperliche Belastung ist nicht das Thema, weil es eher eine kürzere Abfahrt ist und ein kürzerer Super-G“, sagte Kriechmayr.

Der Oberösterreicher freut sich speziell auf die Rückkehr in die USA, wo es im Vorjahr wie in Kanada pandemiebedingt keine Rennen gegeben hatte. „Es ist auch eine sehr schnelle Strecke, aber ein ganz anderer Charakter. Sehr steiler Steilhang, weite Sprünge im Normalfall, das haben wir da nicht gehabt“, erklärte der Doppelweltmeister von Cortina d’Ampezzo. „Für mich ist es eine der schönsten Abfahrten, aber um da vorne mitzufahren, braucht es wieder sehr viel Engagement und Risiko von oben bis unten.“

Matthias Mayer bei der Abfahrt in Beaver Creek, Colorado in 2019
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Die „Birds of Prey“, hier Mayer beim bis dato letzten Rennen 2019, muss heuer gleich viermal bezwungen werden

Der Charakter der Piste „Birds of Prey“ sei ein anderer, „auf das muss man sich einstellen“, sagte auch Mayer. Im Gegensatz zu Franz und Kriechmayr, der 2017 mit dem Super-G dort sein erstes Weltcup-Rennen gewonnen hatte, fehlt ihm Beaver Creek noch auf der Habenseite. Franz holte im Jahr darauf den Super-G. Es wäre keine Sensation, wenn heuer bei dem einen oder anderen ein weiterer Sieg dazukäme, denn Lake Louise „war eine Bestätigung, dass einfach das Team wirklich stark ist“, sagte Franz. „Es tut schon sehr gut, auch jedem Einzelnen. Da fällt alles ein bisschen leichter.“

Schrecksekunde am Sonntagabend

Auch Herren-Rennsportchef Andreas Puelacher blickte zuversichtlich auf die kommenden Rennen. „Wir können mit breiter Brust dorthin gehen. Wir können selbstbewusst sein, wir können überzeugt Ski fahren. Das sind schon Attribute, die uns bei den nächsten Rennen helfen werden.“ Beim Veranstalter in Lake Louise ortete der Tiroler Aufholbedarf in Sachen Professionalität: „Da haben wir zum Beispiel Rutscher gehabt, das waren Kinder. Dass Kinder den Schnee nicht rausbringen, ist auch klar.“ FIS-Renndirektor Markus Waldner hatte schon am Freitag nach der Absage die fehlenden Gerätschaften in Kanada zur schnellen Präparierung der Piste kritisiert.

Puelacher und seine Fahrer hatten aber nicht nur mit der ausbaufähigen Infrastruktur in Kanada zu kämpfen, sondern mussten am Sonntagabend auch um die Weiterreise in die USA zittern. Denn die obligaten PCR-Tests auf das Coronavirus am Samstag hatten in der „Roten Blase“ der Speed-Spezialisten gleich zehn positive Ergebnisse geliefert. Zwar war kein österreichischer Fahrer darunter, aber dennoch stand der Flug nach Colorado auf der Kippe. Am Ende stellten sich neun der zehn Tests als falsch positiv heraus. Nach Isolierung der betroffenen Person und negativen Nachtests bei allen anderen Fahrern durfte der Tross am Montag in die USA aufbrechen.