Am 9. Dezember werden in der VW-Zentrale in Wolfsburg in der Planungsrunde die milliardenschweren Ausgaben für die nächsten fünf Jahre festgelegt. Dabei wird beim deutschen Automobilgiganten hart um die Gelder für neue Anlagen und Investitionen gerungen. Am 15. Dezember wiederum tagen in Paris der Internationale Automobilverband (FIA) und dessen Motorsportweltrat. Das Gremium könnte dann schon das neue Motorenreglement ab 2026 festschreiben. Dieses gilt als große Chance für Audi oder Porsche bzw. für beide.
Die Formel 1 macht die Verabschiedung allerdings von einer verbindlichen und langfristigen Zusage abhängig – zumindest von einer der beiden VW-Töchter. Schließlich ist den beiden Marken die Rennserie auch mit einem Regelkompromiss entgegengekommen: Ab 2026 sollen die Hybridmotoren mit 100 Prozent nachhaltigem Kraftstoff betrieben werden. Der Verbrenner im Aggregat soll nur noch 50 Prozent der Leistung beitragen, der Rest ist elektrisch.
Vorfreude bei Mercedes
In Vorgespräche waren Vertreter von Audi und Porsche eingebunden, allen voran der frühere Porsche-Motorsportchef Fritz Enzinger. Der Steirer zog sich Ende September nach zehn Jahren an der Spitze von Porsches Motorsportabteilung auf seine Rolle als Gesamtleiter aller Motorsportaktivitäten des VW-Konzerns zurück – wohl um sich auf die Formel-1-Strategie des Konzerns zu konzentrieren. Auch die Kontakte zu F1-Geschäftsführer Stefano Domenicali, einst bei Audi tätig, sollen hilfreich gewesen sein.
Beim langjährigen „Platzhirschen“ in der Königsklasse blickt man bereits mit Freude auf ein Kräftemessen auf der Rennstrecke: „Es ist großartig, dass es starke Hersteller gibt, die Interesse an einem Einstieg in den Sport zeigen“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff vor einigen Wochen. Gewisse Zugeständnisse an mögliche Neulinge hält er für gerechtfertigt. „Auf der anderen Seite ist die Formel 1 die Champions League. Niemand kann erwarten, dass er zum ersten Mal an der Champions League teilnimmt, direkt ins Finale kommt und mit der großen Trophäe nach Hause geht“, so der Wiener.
Viele Fragen offen
Offene Fragen gibt es rund um den möglichen Einstieg genug. Allen voran jene, ob der Konzern den Plan wirklich in die Tat umsetzt. Dazu ist offen, mit welche Marke – Porsche oder Audi – man das kostspielige Engagment angehen würde. Dazu wird spekuliert, ob VW einen bestehenden Rennstall übernimmt oder nur als Partner einsteigt. Zuletzt stand eine Übernahme der McLaren-Gruppe durch Audi im Raum. McLaren wies diese aber lautstark zurück.
Auch vonseiten des Konzerns gab man sich zurückhaltend. „Zu Gerüchten und Wasserstandsmeldungen äußern wir uns nicht“, sagte ein Audi-Sprecher. Der Autobauer beschäftige sich „laufend mit Kooperationsideen mit verschiedenen Partnern“. Die verschärfte Budgetobergrenze in der Formel 1, die ab 2023 pro Rennstall auf 135 Millionen Dollar pro Jahr sinkt, macht ein Werksengagement jedenfalls nicht weniger interessant.
Porsche wiederum wurde nicht erst einmal mit Red Bull in Verbindung gebracht. Als Motorenpartner ist man allerdings nicht automatisch im Namen vertreten. Für den Schriftzug am Auto müsste man extra zahlen. Immerhin wäre die Wahrscheinlichkeit hoch, mit dem Team von Dietrich Mateschitz, für das Verstappen um den WM-Titel kämpft, schnell um Siege fahren zu können. Denn Audi und Porsche wollen bei einem Einstieg nicht nur mitfahren, sie wollen auch technische Überlegenheit zur Schau stellen.
Konzernchef angeschlagen
Für Ungewissheit sorgt vor allem die Personalsituation an der Konzernspitze. VW-Chef Herbert Diess ist angeschlagen. Auch die Frage seiner Zukunft auf dem Topposten könnte eine Rolle bei der Richtungsentscheidung zur Formel 1 spielen. Diess wurde zuletzt scharf kritisiert, nachdem er bei der Transformation des Konzerns zur Elektromobilität eine Zahl von möglicherweise bis zu 30.000 überflüssigen Jobs ins Spiel gebracht hatte. Man wolle „in der neuen Welt“ wettbewerbsfähig sein, sagte er nun. Allerdings steht das im Widerspruch zu einem Hunderte Millionen Euro teuren Engagment in der Formel 1.