Jubel von Noah Okafor (Salzburg)
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Champions League

Salzburg schafft historischen Aufstieg

Der FC Salzburg hat es geschafft: Österreichs Fußballserienmeister gewann am Mittwoch das alles entscheidende sechste und letzte Gruppenspiel der UEFA Champions League gegen den FC Sevilla mit 1:0 (0:0) und erreichte als erster heimischer Club das Achtelfinale in der Königsklasse. Ausschlaggebend waren eine kämpferische Leistung im leeren Stadion sowie ein perfekt vorgetragener Angriff vollendet von Noah Okafor (50.).

Der Schweizer Nationalteamspieler, der nach Verletzungspause in die Startelf zurückgekehrt war, traf nach Zuspiel seines Sturmpartners Karim Adeyemi. Die Salzburger, die als Mannschaft eine defensiv herausragende Leistung boten, hatten das Glück der Tüchtigen: Vor dem 1:0 war Munir El-Haddadis Kopfball an die Latte gesprungen (48.).

Den „Bullen“ hätte im Endspiel um den Aufstieg schon ein Remis gereicht, sie folgten nun als Zweiter der Gruppe G mit zehn Punkten Lille (11), das mit 3:1 bei Schlusslicht VfL Wolfsburg (5) gewann. Sevilla (6) steigt als Dritter in die Europa League um, den Bewerb kennt der Club nur zu gut, haben ihn die Andalusier doch schon viermal gewonnen.

Salzburg-Spieler jubeln
APA/Krugfoto
Okafor kam, sah und Salzburg siegte – die junge Mannschaft fixierte erstmals den Aufstieg ins Achtelfinale

Salzburg hat als erster österreichischer Verein seit Sturm Graz eine CL-Gruppenphase überstanden, die Steirer spielten 2000/01 noch eine zweite, in der das Aus kam. Salzburg erfährt am Montag seinen Gegner im Achtelfinale und spielt im Februar/März um den nächsten Aufstieg. Allein der Einzug in die Top 16 Europas spülte 9,6 Millionen Euro in die Kassen.

Drittes „Finale“ – wieder ohne Zuschauer

Wenn Salzburg in der Gruppenphase der Champions League spielt, hat es mittlerweile Tradition, dass es bis zur sechsten Partie spannend bleibt. 2019 verhinderte der FC Liverpool und 2020 Atletico Madrid erst am letzten Spieltag mit jeweils einem 2:0-Sieg ein Weiterkommen der Gastgeber. Damals hätten die „Bullen“ jeweils einen Sieg benötigt, dieses Mal reichte ein Remis für den Aufstieg in die K.-o.-Phase.

Das Momentum war allerdings nach zwei vergebenen Matchbällen dahin, zumal der jüngsten Mannschaft in der Königsklasse nach einer schon langen Herbstsaison etwas die Luft ausgegangen war – auch in der Liga.

„Wir wollen alles raushauen“, versprach Trainer Matthias Jaissle im Vorfeld des „Alles-oder-nichts-Spiels“. Von Rang eins bis vier war noch alles möglich, „die Konstellation ist ein Wahnsinn“, sagte Jaissle. Die schlechte Nachricht des Abends: Der Lockdown ließ wie schon 2020 keine Zuschauer zu.

Banner mit der Aufschrift „Unsere Stadt ist weltbekannt und ihr habt sie zur Fußballhauptstadt ernannt“ im Stadion
ORF.at/Bernhard Kastler
Die Fans waren wie 2020 beim „Finale“ nicht dabei, hatten aber eine Botschaft für ihre Mannschaft parat

Okafor kehrt rechtzeitig zurück

Die gute Nachricht des Abends: Okafor kehrte in die Startelf der Salzburger zurück. Der Schweizer Nationalspieler, der zwei Wochen wegen Oberschenkelproblemen pausieren musste, stand wieder in der Startelf. Erstmals nicht dabei war dafür Verteidiger Maximilian Wöber, der verletzt passen musste. An seiner Stelle verteidigte Oumar Solet.

Sevilla-Coach Julen Lopetegui, einst kurz vor Beginn der WM 2018 als Spanien-Teamchef entlassen, musste gleich fünf Spieler vorgeben, darunter Kapitän Jesus Navas, der schon beim ersten Duell in Salzburg 2008 mit dabei war. In der Offensive gab er überraschend El-Haddadi den Vorzug gegenüber seinem Toptorschützen Rafa Mir.

Spürbare Spannung, zerfahrenes Spiel

Dass das kalte Wetter den Österreichern mehr als den Spaniern in die Karten spielen würde, widerlegte Lopetegui gleich einmal mit seinem Outfit – ein Pullover reichte. Im Übertreten der Coachingzone hatte Jaissle unterdessen ein würdiges Pendant – der Zweitmeterabstand zwischen den beiden wurde gerade noch eingehalten. Ohne Fans war das Coaching des Deutschen noch besser wahrzunehmen. „Go, go, go! Zupacken“, so lautete die Devise, Salzburg presste wie gewohnt.

Die erste Hälfte konnte allgemein als taktisch in der Idee und zerfahren in der Ausführung beschrieben werden. Die Spannung im Stadion war in jeder Minute zu spüren, es stand so viel auf dem Spiel. Salzburg kam gut in die Partie und konnte sich vor allem gegen den Ball Vorteile erarbeiten. Für Sevilla um den formstarken Lucas Ocampos war vorerst 20 Meter vor dem Tor Endstation. Beide Teams leisteten sich Fehler, Salzburg wie zuletzt im letzten Drittel beim finalen Pass, Sevillas Spiel war auch schon gepflegter. Dafür wurde jeder Zweikampf gelebt, auf dem Feld, auf den Bänken, auf der Tribüne – Salzburgs Delegation hatte mit Klatschpappen einen Heimvorteil.

Jerome Onguene (Salzburg), Munir El Maddadi (Sevilla) und Brenden Aaronson (Salzburg)
GEPA/Mathias Mandl
Kaltes Wetter, heiße Zweikämpfe: Beide Teams kämpften um jeden Zentimeter im „Endspiel“ um den Aufstieg

Auf dem grünen Rasen hatte Sevilla das Kommando über und auch die gefährlicheren Aktionen, wenngleich vor der Pause keine große Chance dabei war. Jules Kounde köpfelte nach Standards zweimal relativ knapp drüber (11., 45.), Ex-Barcelona-Legionär Ivan Rakitic schoss zweimal knapp vorbei (25., 35.) – das tat ihm auf der anderen Seite Luka Sucic gleich. Und Karim Adeyemi? Der 19-jährige Jungstar tat sich wie zuletzt schwer, seine Zuspiele kamen nicht an, und seine Körpersprache wirkte schon zuversichtlicher.

Sevilla trifft die Latte, Salzburg ins Tor

In einem „Finale“ braucht es auch Glück, das hatte Salzburg kurz nach der Pause. Der erste vielversprechende Angriff nach torlosen ersten 45 Minuten ging wieder auf das Konto von Sevilla und beinahe ins Tor. Nach einer Flanke von rechts köpfelte Rakitic den Ball weiter zu El-Haddadi, der nicht im Abseits stand und die Latte traf. Der an diesem Abend sichere Philipp Köhn hätte keine Chance gehabt (48.).

So viel Glück Salzburg in dieser Aktion hatte, so viel Klasse bewies diese Mannschaft in der besten Aktion des Abends. Das 36-jährige Urgestein Andreas Ulmer erkämpfte den Ball, über Nicolas Seiwald ging es zu Brenden Aaronson. Der US-Amerikaner hatte das Zuspiel auf Adeyemi perfekt getimt, der Deutsche entwischte links Ocampos und legte quer zu Okafor, der ins Eck traf (50.). Der Jubel kannte keine Grenzen, der gesamte Druck fiel in diesem Moment von Salzburg ab.

Noah Okafor (Salzburg) schießt ein Tor Gegen Sevilla
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Okafor vollendete einen herrlichen Angriff ins rechte Eck

Danach ging Sevilla-Coach Lopetegui volles Risiko und brachte auch seinen Topstürmer Rafa Mir. Doch Salzburg wurde von der Führung sichtlich beflügelt, das Selbstvertrauen stieg mit jeder Minute.

Sevilla schwächt sich, Salzburg spielt es nach Hause

Auf der anderen Seite schwächte Joan Jordan seine eigene Mannschaft mit einem Foulspiel an Adeyemi im Mittelfeld und sah die Gelb-Rote Karte (64.). Schon im Hinspiel (1:1) hatte Sevilla 40 Minuten in Unterzahl gespielt. Die „Bullen“ nahmen dieses Mal das Geschenk vollends an und spielten die Führung samt Aufstieg nach Hause. Von Sevilla kam nichts mehr, „Joker“ Benjamin Sesko verzog knapp (72.).

Es blieb dabei, angeführt von einer emotionalen Delegation verwertete Salzburg den dritten Matchball. Und im 18. Pflichtspiel in der Champions League blieb Salzburg erstmals ohne Gegentor – auch deswegen waren im dritten „Endspiel“ aller guten Dinge drei.

Stimmen zum Spiel:

Noah Okafor (Salzburg-Torschütze): „Ich bin sprachlos, extrem stolz auf die ganze Mannschaft, wir genießen jetzt den Moment. Ich freue mich über mein Tor, aber noch mehr über die drei Punkte und den Einzug ins Achtelfinale. Ich bin unglaublich glücklich und stolz.“

Karim Adeyemi (Salzburg-Spieler): „Ich bin glücklich, mit so einer geilen Mannschaft ins Achtelfinale zu kommen. Ich kann an nichts anderes denken, als mit den Jungs bis Samstag zu feiern. Wir haben abgewartet, wir haben gewusst, die Null bringt uns auch etwas. Dann haben wir das Tor gemacht.“ Zu seiner Auswechslung: „Ich hatte nur einen Krampf, alles gut.“ Über seine Zukunft: „Ich werde das Achtelfinale mit Salzburg spielen.“

Andreas Ulmer (Salzburg-Kapitän): „Dieses Spiel werde ich sicher nicht vergessen, unglaublich, was wir heute über 90 Minuten geleistet haben. Wir haben super dagegengehalten und die Null gehalten. Jeder hat jeden unterstützt, auch die eingewechselten Spieler waren sehr wichtig. Für den österreichischen Fußball ist das ein ganz großes Ausrufezeichen.“

Rasmus Kristensen (Salzburg-Spieler): „Es war sicher der schönste Abend meiner Karriere, ein super Gefühl. Wir haben das so verdient.“

Champions-League, Gruppe G, sechster Spieltag

Mittwoch:

Salzburg – FC Sevilla 1:0 (0:0)

Wals-Siezenheim, Red Bull Arena, SR Vincic (SLO)

Tor: Okafor (50.)

Salzburg: Köhn – Kristensen, Onguene, Solet, Ulmer – Sucic (75./Capaldo), Camara, Aaronson, N. Seiwald – Adeyemi (66./Sesko), Okafor (84./Adamu)

Sevilla: Bono – Montiel (68./Rekik), Kounde, Diego Carlos, Augustinsson (53./Rafa Mir) – Jordan, Fernando, Rakitic (68./Oliver Torres) – Ocampos, Munir, Papu Gomez (68./Oscar Rodriguez)

Gelb-Rote karte: Jordan (64./wiederholtes Foulspiel)

Gelbe Karten: Onguene, Ulmer bzw. Augustinsson, Ocampos