Jubelnde Salzburg Spieler.
APA/AFP/Joe Klamar
Champions League

Sternstunde krönt Salzburger Erfolgsweg

Was noch im Sommer niemand für möglich gehalten hatte, hat der FC Salzburg am Mittwoch geschafft. Als erster österreichischer Club steht Österreichs Serienmeister im Achtelfinale der UEFA Champions League – mit der jüngsten Mannschaft im Bewerb und dem jüngsten Trainer. Der 1:0-Sieg gegen den FC Sevilla geht als heimische Sternstunde in die Fußballgeschichte ein und krönt damit vorerst auch den Salzburger Erfolgsweg.

„Es ist extrem emotional, der größte Tag in unserer Vereinsgeschichte. Vorher haben wir so lange gebraucht, um überhaupt reinzukommen, und jetzt haben wir die Gruppenphase überstanden gegen einen starken Gegner. Das ist phänomenal“, jubelte Sportdirektor Christoph Freund, der die elf gescheiterten Qualifikationen in der Königsklasse ansprach. Neuneinhalb Jahre nach dem blamablen Aus gegen F91 Düdelingen wird Salzburg im Februar 2022 als erste österreichische Mannschaft nun ein Achtelfinale im Konzert der Großen bestreiten.

Dabei könnten die „Bullen“ auf Manchester United mit Interimscoach Ralf Rangnick treffen, der einst als Salzburger Sportdirektor infolge der Düdelingen-Partie die Philosophie umkrempelte und fortan den Club als Talenteschmiede etablierte. Mit Matthias Jaissle ist einer seiner Entdeckungen nun jener Trainer in Salzburg, der sein junges Team in die Top 16 Europas führte. „Es ist pure Freude, es war sehr emotional nach dem Schlusspfiff. Es freut mich, dass sich die Jungs für diese Herbstsaison so gekrönt haben“, jubelte auch der 33-Jährige.

Salzburg steht im Achtelfinale

Der FC Salzburg hat am Mittwoch ein Stück rot-weiß-rote Fußballgeschichte geschrieben. Nach einem 1:0-Erfolg gegen Sevilla schafften die „Bullen“ als erster österreichischer Club den Aufstieg ins Achtelfinale der Champions League.

Jaissle als Schlüssel zum Aufstieg

Mit der Bestellung des Deutschen zum Nachfolger von Jesse Marsch, der mittlerweile als Coach von RB Leipzig schon wieder abgelöst wurde, tätigte Salzburg einen Goldgriff. Der Debütant auf Profiniveau formte mit seinem Betreuerteam aus vielen unerfahrenen Spielern in wenigen Monaten eine funktionierende Einheit, formierte sie defensiv neu und hob sie auch individuell auf ein höheres Level.

Trainer Matthisa Jaissle beim jubeln.
GEPA/Mathias Mandl
Angeführt von Jungcoach Matthias Jaissle schaffte Salzburg erstmals den Sprung in die Top 16 Europas

Bestes Beispiel: Noah Okafor, der mit kolportierten 11,2 Millionen Euro teuerste Einkauf der Clubära, wurde nach seinen Auftritten bereits als Fehlkauf abgestempelt. Mit seinen insgesamt drei Treffern hatte er einen wesentlichen Anteil am Aufstieg, der Salzburg alleine eine Prämie der UEFA in der Höhe von 9,6 Millionen Euro bringt. In dieser Herbstsaison traf Okafor nicht nur in der Champions League, sondern schoss die Schweiz auch mit einem Tor zur Weltmeisterschaft. „Ich wurde belohnt für die harte Arbeit in den letzten Monaten“, sagte der 21-Jährige, der in der zuletzt schwierigen Phase verletzungsbedingt gefehlt hatte.

Nachdem die jungen Salzburger nach einem Traumstart mit zwei Siegen und einem Remis auf nachvollziehbare Weise Nerven zeigten und die beiden Auswärtsspiele in Wolfsburg (1:2) und Lille (0:1) verloren, kam es zum dritten Mal infolge zu einem „Finale dahoam“, wie 2020 gegen Atletico CoV-bedingt ohne Zuschauer.

Defensive über Offensive

Dieses Mal reichte allerdings ein Remis, und Jaissle stellte anders als viele seiner Vorgänger die Defensive über die Offensive. „Wir wussten, dass ein 0:0 für das Weiterkommen reichen würde. Wir haben gewusst, wie wichtig die Defensive sein würde“, erklärte der Coach, dessen Team gegenüber der Vorsaison um elf Gegentore weniger bekam (6).

Salzburg betrieb Pressing, wenn es angebracht war, überließ Sevilla den Ball, wenn es sich anbot und verteidigte im Verbund. „Wie die Stürmer heute auch gegen den Ball gearbeitet haben, war schon ein Schlüssel. Jeder auf dem Platz war sich seiner Verantwortung bewusst, die Null zu halten“, so Jaissle, den die Ausführung erfreute. „Wir haben Sevilla dazu gebracht, dass sie nicht ihre Muster spielen konnten.“

Offensiv war zuletzt der Wurm im Salzburger Spiel, auch gegen Sevilla führten viele Umschaltmomente nicht zum gewünschten Ergebnis – mit einer Ausnahme. „Das 1:0 war eine große Erlösung, es war ein super herausgespieltes Tor“, freute sich Jaissle, der mit seinem Torschützen am Spielfeld jubelte und mit der gesamten Mannschaft eine große Jubeltraube bildete. Ähnliches trug sich nach dem Schlusspfiff zu, ehe Jaissle in die Kabine verschwand. „Es war sehr emotional, mir ist ein Stein vom Herzen gefallen. Der Druck war spürbar, ich habe mir den auch selbst auferlegt, deswegen war und bin ich überglücklich.“

Spieler in Feierlaune, Sevilla gratuliert

Ähnlich erging es den Spielern, die ihrer Freude großen Ausdruck verliehen. „Dieses Spiel werde ich sicher nicht vergessen, unglaublich, was wir heute über 90 Minuten geleistet haben. Wir haben super dagegengehalten und die Null gehalten. Jeder hat jeden unterstützt, auch die eingewechselten Spieler waren sehr wichtig. Für den österreichischen Fußball ist das ein ganz großes Ausrufezeichen“, sagte Routinier Andreas Ulmer, der mit 36 Jahren ein weiteres Highlight erlebte. Der zwölf Jahre jüngere Rasmus Kristensen hielt fest: „Es war der schönste Abend meiner Karriere. Wir haben das so verdient.“

Jubelnde Salzburg Spieler.
GEPA/Mathias Mandl
Die Salzburger belohnten sich für eine reife Herbstsaison

Sevilla, immerhin Rekord-Europa-League-Sieger und Zweiter der Primera Division, gab sich als fairer Verlierer. „Es waren sehr viele Details, die dieses Spiel entschieden haben – die individuellen Fehler, die zum Gegentor geführt haben, die Rote Karte. Bis zum Gegentor waren wir sehr gut, wir hatten bis dahin das Spiel unter Kontrolle, hatten Chancen und Möglichkeiten aus Standards. Aber es ist fair und gerecht, dass wir ausgeschieden sind“, sagte Trainer Jolen Lopetegui.

Für den früheren Barcelona-Legionär Ivan Rakitic ist es „ein bitteres Gefühl, wir hatten eine große Chance. Wir haben es bis zum Gegentor gut gemacht, hatten auch mehrere Möglichkeiten. Aber so ist es, wenn man die Chancen nicht macht. Doch Salzburg hat den Aufstieg auf jeden Fall verdient.“ Während Sevilla in die Europa League umsteigt, geht es für Salzburg am Montag mit der CL-Auslosung weiter.

„Brutaler Kracher“ wartet im Achtelfinale

Neben Manchester United könnte Salzburg im Achtelfinale auch auf Liverpool, Ajax Amsterdam, Bayern München, Manchester City, Real Madrid oder Juventus Turin treffen – also auf einen Gruppensieger, außer auf jenen aus dem eigenen Pool G, OSC Lille. Klar ist bisher nur, dass Salzburg als ungesetztes Team zunächst daheim antritt.

Freund hofft auf ein Wiedersehen mit Rangnick. „Ich wünsche mir ManUnited als Achtelfinal-Gegner, zum dortigen Trainer haben wir eine spezielle Beziehung.“ Jaissle („Jetzt gibt es nur noch brutale Kracher“) stimmte seinem Vorgesetzten zu, „das wäre eine coole Geschichte, da gibt es eine Verbindung“, aber ist freilich für alles offen. Und auch Okafors Wunschlos wären die „Red Devils“, aber „wir fokussieren uns auf uns, egal wie der Gegner heißt“. Auf diese Weise schaffte man es schließlich auch als erste heimische Mannschaft in ein CL-Achtelfinale.