Dartspieler Gerwyn Price
GEPA/David Geieregger
Darts

Alle gegen Price bei der WM

Die Wiener Stadthalle liegt im Norden Londons und heißt Alexandra Palace. Was vor vielen Jahren für Sportfans in Österreich das legendäre Hallenfußballturnier war, ist heute zur Weihnachtszeit das Spektakel der Darts-WM. Ein Jahr des Wartens hat am Mittwoch sein Ende, wenn die Aufforderung „Game on“ ertönt und die Fans darauf lauern, ob Gerwyn Price seinen Titel verteidigen kann. Auf dem Weg dorthin könnte er auch auf Darts-„Queen“ Fallon Sherrock treffen. Drei Österreicher sind ebenfalls mit von der Partie.

„Gebt mir noch zwei oder drei Jahre mehr, dann werde ich noch viel dominanter sein. Auch wenn ich jetzt schon Weltmeister und Ranglistenerster bin.“ Dieser und ähnliche Sprüche haben dazu beigetragen, dass der Waliser, früher semiprofessioneller Rugby-Spieler, einen schweren Stand bei den Darts-Fans hat. Nicht überall, wo Price auftaucht, fliegen ihm die Herzen der Fans zu.

Oft muss er sich, der aufgrund seines aggressiven Auftretens auf der Darts-Bühne polarisiert, auch Buhrufe anhören und sich auspfeifen lassen. Price gilt unter den 96 Teilnehmern aus 30 Nationen trotzdem als der aussichtsreichste Anwärter auf das Siegespreisgeld von 500.000 Pfund (etwa 585.000 Euro) und die 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy, die im Finale am 3. Jänner vergeben wird. Am Mittwoch feierte er zum Auftakt gegen Ritchie Edhouse einen 3:1-Sieg.

Alphatiere auf der großen Bühne

Vor diesmal im Gegensatz zum Vorjahr vollen Rängen und der dartsüblichen Partykulisse gelten neben Price wie immer der Niederländer Michael van Gerwen, der ehemalige Weltmeister Peter Wright und der Jahresbeste Jonny Clayton als stärkste Konkurrenten von Price. Vor allem Price’ walisischer Landsmann Clayton überzeugte heuer mit fünf Turniersiegen im TV, der höchsten Kategorie bei Darts-Turnieren.

Dartspieler Jonny Clayton
GEPA/Christian Walgram
Der Waliser Jonny Clayton könnte nach einem erfolgreichen Jahr seinem Landsmann Price gefährlich werden

Doch Price macht sich darüber keine Gedanken. „Ich mache mir keine Sorgen über Michael, über Peter oder über irgendjemanden. Ich versuche einfach, gut Darts zu spielen, und wenn das gelingt, gewinne ich 95 Prozent der Spiele“, sagte Price. Van Gerwen lässt solche Attacken natürlich nicht unkommentiert. „Wenn ich mein A-Game spiele, kann mir niemand gefährlich werden“, sagte der Niederländer dem Fachportal „Checkout – Der Darts-Podcast“.

Sherrock ist „keine Kuriosität“

Price hat auf seinem Weg zur neuerlichen Thronbesteigung einige Hürden zu nehmen, die zweifellos schlagzeilenträchtigste ist das mögliche Drittrundenduell mit Fallon Sherrock, die als beste Spielerin bei großen Turnieren gilt: bester Mann gegen beste Frau.

Die 27-jährige Engländerin ist es aber leid, auf diese Rolle reduziert zu werden, wie es nach den jüngsten Erfolgen beim Grand Slam geschehen ist. „Ich bin eine professionelle Darts-Spielerin und keine Kuriosität. Letztlich nehme ich an Darts-Veranstaltungen teil, die für alle offen sind, und nicht als Frau in einem Männer-Event“, sagte Sherrock der dpa. Vor zwei Jahren hatte sie als erste Frau einen Mann besiegt und nach einem Erfolg über den Österreicher Mensur Suljovic die dritte WM-Runde erreicht.

Verschmähte Liebe: Österreicher und die WM

Österreich ist bei dieser WM gleich durch drei Akteure vertreten. Neben dem 49-jährigen Suljovic, in Darts-Kreisen „The Gentle“ genannt, sind auch erst als viertes Brüderpaar der WM-Geschichte Rowby-John und Rusty-Jake Rodriguez am Start. Der Wiener Suljovic, der heuer wegen einer nicht näher genannten Erkrankung monatelang pausieren musste, ist als Nummer 26 der Rangliste für die zweite Runde gesetzt und trifft dort am letzten Spieltag vor Weihnachten auf den Sieger der Partie des gefährlichen Außenseiters Alan Soutar (SCO) gegen Diogo Portela (BRA).

Während Suljovic auf der WM-Bühne nach einigen enttäuschenden Auftritten endlich sein Potenzial ausspielen will, haben die Rodriguez-Brüder unterschiedliche Ziele. Für den 27-jährigen Rowby-John, der heuer als Finalist bei der Team-WM gemeinsam mit Suljovic und als Achtelfinalist beim Grand Slam „sein bestes Jahr“ hatte, geht es um die Sicherung der Spielberechtigung für die Profitour der Professional Darts Coporation (PDC).

Der walisische Qualifikant Nick Kenny ist dabei am Samstag seine erste Hürde. „Ich werde Kenny natürlich nicht unterschätzen, aber das Ziel lautet ganz klar zweite Runde. Ich weiß, dass meine WM-Bilanz nicht die beste ist, und möchte da auf jeden Fall ein bisschen was gutmachen“, so Rodriguez bei Dartn.de. Von sechs WM-Matches konnte der Wiener erst eines gewinnen. In der zweiten Runde am 22. Dezember würde Luke Humphries (ENG/19) warten.

Toptalent „kann weit kommen“

Sein erst 20-jähriger Bruder gilt dafür im Darts-Zirkus als Toptalent, das heuer auf Nebenschauplätzen überzeugen konnte, jedoch bei der WM im sechsten Anlauf endlich sein erstes Spiel vor TV-Kameras gewinnen will. Die Auslosung scheint das zu ermöglichen. Am 20. Dezember ist der Neuseeländer Ben Robb sein Gegner, bei einem Sieg wartet am 23. Dezember Chris „Hollywood“ Dobey (ENG/30). Die Tourkarte hat er bereits sicher.

Dartspieler Rowby-John Rodriguez
AP/PA/John Walton
Rowby-John Rodriguez ist mit seinem jüngeren Bruder Rusty-Jake erst das vierte Brüderpaar bei einer WM

„Ich will erst einmal genießen und von Spiel zu Spiel schauen. Ich kann schon weit kommen. Ich werde das Turnier wohl nicht gewinnen, aber ich kann vieles schaffen, wenn ich mein Spiel ans Board bringe“, wird Rusty-Jake von Dartn.de zitiert. 333-mal hat er heuer bereits das Maximum von 180 Punkten geworfen und zählt damit zu den Top Zwölf im PDC-Ranking.

Von ziemlich jung bis ganz schön alt

Neben dem für Darts-Verhältnisse noch jungen Rusty-Jake sind im „Ally Pally“ weitere Spieler im Fokus, einer davon noch jünger als „RJR3“. So ist der Deutsche Fabian Schmutzler mit 16 Jahren und 58 Tagen der zweitjüngste Spieler der WM-Geschichte nach dem Australier Mitchell Clegg, der bei der WM 2007 ein paar Tage jünger war (16 Jahre, 37 Tage).

Für seinen Einsatz im „Ally Pally“ hat Schmutzler, der im dartsverrückten Deutschland besonders unter Beobachtung steht, drei Tage schulfrei bekommen. Im Gegensatz dazu stehen drei ältere Herren, die bei den Fans ebenfalls immer gut ankommen. Der 54-jährige Raymond „Barney“ van Barneveld, Weltmeister von 2007, gibt nach einem Jahr Pause sein WM-Comeback.

Der „Singapore Slinger“ und der „Bronzed Adonis“

Im Vergleich zu Publikumsliebling Paul „The Singapore Slinger“ Lim ist Barneveld noch jung. Der Mann aus Singapur ist mit 67 Jahren und 326 Tagen der älteste Spieler der WM-Geschichte und war schon 1982 bei einer WM. Da waren 63 Spieler aus dem aktuellen Feld noch gar nicht geboren. Nicht so Steve „The Bronzed Adonis“ Beaton, der seine 31. Darts-Weltmeisterschaft in Folge spielt – auch das ein Rekord.

Dartspieler Paul Lim
Reuters/Steven Paston
Der fast 68-jährige Paul Lim zählt zu den absoluten Publikumslieblingen bei der Darts-WM

Der beim Publikum beliebte 57-jährige Engländer trifft zum Auftakt auf Sherrock. Die zu erwartende lautstarke Unterstützung für seine Gegnerin nimmt der erfahrene Beaton locker: „Für mich ist es ein Spiel wie jedes andere. Fallon spielt auf der Bühne immer gut. Ich gehe rauf, um zu gewinnen. Vielleicht werde ich ausgebuht, dann stecke ich mir Ohrenstöpsel rein.“ Mit dabei ist mit den Australiern Raymond und Ky Smith auch erstmals ein Vater-Sohn-Gespann. Das ist die Darts-WM. Alt gegen Jung, Frau gegen Mann, Vater und Sohn, laut gegen leise, Partystimmung gegen höchste Konzentration: Hauptsache, die Pfeile fliegen.

Darts-WM 2022 in London

Zweite Runde ("Best of five"-Sätze):
Gerwyn Price (WAL/1) Ritchie Edhouse (ENG) 3:1
Kim Huybrechts (BEL/32) Steve Beaton (ENG) 3:1
Ross Smith (ENG) Stephen Bunting (ENG/16) 3:2
Dirk van Duijvenbode (NED/17) Boris Kolzow (RUS) 3:2
Jonny Clayton (WAL/8) Keane Barry (IRL) 3:2
Gabriel Clemens (GER/25) Lewy Williams (WAL) 3:0
Michael Smith (ENG/9) Ron Meulenkamp (NED) 3:0
William O'Connor (IRL) Glen Durrant (ENG/24) 3:0
James Wade (ENG/4) Maik Kuivenhoven (NED) 3:1
Vincent van der Voort (NED/29) Adam Hunt (ENG) 3:0
Joe Cullen (ENG/13) Jim Williams (WAL) 3:2
Martijn Kleermaker (NED) Simon Whitlock (AUS/20) 3:1
Florian Hempel (GER) Dimitri Van den Bergh (BEL/5) 3:1
Raymond Smith (AUS) Devon Petersen (RSA/28) 3:0
Steve Lennon (IRL) Krzysztof Ratajski (POL/12) 3:1
Mervyn King (ENG/21) Ryan Joyce (ENG) 3:2
Peter Wright (SCO/2) Ryan Meikle (ENG) 3:0
Damon Heta (AUS/31) Luke Woodhouse (ENG) 3:1
Ryan Searle (ENG/15) William Borland (SCO) 3:0
Danny Noppert (NED/18) Jason Heaver (ENG) 3:1
Jose de Sousa (POR/7) Jason Lowe (ENG) 3:2
Alan Soutar (SCO) Mensur Suljovic (AUT/26) 3:2
Nathan Aspinall (ENG/10) Joe Murnan (ENG) 3:2
Callan Rydz (ENG) Brendan Dolan (NIR/23) 3:0
Michael van Gerwen (NED/3) Chas Barstow (ENG) 3:1
Chris Dobey (ENG/30) Rusty-Jake Rodriguez (AUT) 3:2
Dave Chisnall (ENG/14) Mike de Decker (BEL) 3:0
Luke Humphries (ENG/19) Rowby-John Rodriguez (AUT) 3:0
Gary Anderson (SCO/6) Adrian Lewis (ENG) 3:1
Ian White (ENG/27) Chris Landman (NED) 3:1
Rob Cross (ENG/11) Raymond van Barneveld (NED) 3:1
Daryl Gurney (NIR/22) Ricky Evans (ENG) 3:1
Erste Runde ("Best of five"-Sätze):
Ritchie Edhouse (ENG) Peter Hudson (ENG) 3:2
Ricky Evans (ENG) Nitin Kumar (IND) 3:0
Adrian Lewis (ENG) Matt Campbell (CAN) 3:1
Steve Lennon (IRL) Madars Razma (LAT) 3:1
Chris Landman (NED) Scott Mitchell (ENG) 3:0
Chas Barstow (ENG) John Norman Jr. (CAN) 3:1
William O'Connor (IRL) Danny Lauby (USA) 3:2
Ryan Meikle (ENG) Fabian Schmutzler (GER) 3:0
Ron Meulenkamp (NED) Lisa Ashton (ENG) 3:0
Ryan Joyce (ENG) Roman Benecky (CZE) 3:2
Keane Barry (IRL) Royden Lam (HKG) 3:2
Boris Kolzow (RUS) Jermaine Wattimena (NED) 3:0
Joe Murnan (ENG) Paul Lim (SGP) 3:2
William Borland (SCO) Bradley Brooks (ENG) 3:2
Ross Smith (ENG) Jeff Smith (CAN) 3:0
Raymond Smith (AUS) Jamie Hughes (ENG) 3:1
Callan Rydz (ENG) Yuki Yamada (JPN) 3:0
Mike de Decker (BEL) Darius Labanauskas (LTU) 3:1
Adam Hunt (ENG) Boris Krcmar (CRO) 3:0
Jim Williams (WAL) Ted Evetts (ENG) 3:1
Rowby-John Rodriguez (AUT) Nick Kenny (WAL) 3:0
Maik Kuivenhoven (NED) Ky Smith (AUS) 3:1
Jason Heaver (ENG) Gordon Mathers (AUS) 3:1
Alan Soutar (SCO) Diogo Portela (BRA) 3:2
Martijn Kleermaker (NED) John Michael (GRE) 3:1
Florian Hempel (GER) Martin Schindler (GER) 3:0
Steve Beaton (ENG) Fallon Sherrock (ENG) 3:2
Luke Woodhouse (ENG) James Wilson (ENG) 3:1
Rusty-Jake Rodriguez (AUT) Ben Robb (NZL) 3:1
Raymond van Barneveld (NED) Lourence Ilagan (PHI) 3:0
Lewy Williams (WAL) Toyokazu Shibata (JPN) 3:0
Jason Lowe (ENG) Daniel Larsson (SWE) 3:0