Der österreichische Skifahrer Otmar Striedinger beim Abfahrtstraining
GEPA/Mario Buehner
Ski alpin

Abfahrer fiebern Wengen entgegen

Nach einem Jahr Pause wegen der Covid-19-Pandemie finden heuer wieder Skiabfahrtsläufe in Wengen statt. Die eigentliche Lauberhorn-Abfahrt steigt am Samstag, am Freitag (jeweils 12.30 Uhr, live in ORF1) geht eine Zusatzabfahrt auf einer verkürzten Strecke über die Bühne. „Es ist eine einzigartige Abfahrt. Den Klassiker will sicher jeder einmal gewinnen“, sagte Otmar Striedinger. Fans dürfen dem Spektakel entlang der Strecke und im Ziel beiwohnen.

„Wenn man so eine Abfahrtspiste heute bauen würde, würde das nie mehr genehmigt werden. Für uns ist es spektakulär. Wir freuen uns das ganze Jahr auf Wengen und Kitzbühel. Mit Zuschauern und der Begeisterung der Fans ist es für uns natürlich ganz etwas Spezielles“, sagte der Kärntner, der in Gröden bereits Abfahrtszweiter war und sich berechtigte Hoffnungen machen darf, der olympischen Speed-Truppe des ÖSV anzugehören.

Bis zu sechs Spezialisten für Abfahrt und Super-G wollen die Trainer nach China mitnehmen, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Wer mit in den Flieger darf, der Ende Jänner Richtung Peking abhebt, entscheidet sich in den kommenden zehn Tagen in Wengen und Kitzbühel. Da wie dort sind zwei Abfahrten angesetzt. „Ich finde es gut, dass wir mehr Abfahrten haben grundsätzlich, und irgendwo muss man sie unterbringen. Von dem her ist das Programm ganz okay, aber natürlich sehr anstrengend“, urteilte Matthias Mayer. Am Donnerstag absolvierten die Athleten ja auch noch einen Super-G, bei dem Marco Odermatt für einen Schweizer Heimsieg sorgte.

Skifahrer Otmar Striedinger
APA/EXPA/Johann Groder
Mit einer guten Leistung darf Striedinger auf das Olympiaticket hoffen

„Das nimmt man gerne in Kauf“

„Wir sind froh, dass es Rennen gibt, dass wir das Privileg haben als Spitzensportler, unseren Beruf ausüben zu können, auch wenn es mit gewissen Auflagen verbunden ist. Das nimmt man gerne in Kauf“, spielte Striedinger auf die Begleiterscheinungen inmitten der aktuellen, wegen Omikron wohl bisher schwersten Coronavirus-Welle an. Das Virus war bereits im vergangenen Jahr schuld daran, dass in Wengen keine Rennen stattfanden, da in dem engen, autofreien Skiort mehrere Infektionen auftraten. Die Publikumsnähe, die Wengen gerade auszeichnet, wird von den Sportlern heuer aber eher mit Sorgen und Skepsis beäugt.

Mit dabei ist auch Vincent Kriechmayr: Der Doppelweltmeister, der am Donnerstag im Super-G Neunter wurde, erhielt am Nachmittag eine Sondergenehmigung der Jury. Der 30-Jährige war nach Absitzen seiner Coronavirus-Quarantäne erst am späten Mittwochabend in Wengen angekommen und hatte deswegen die Abfahrtstrainingsläufe am Dienstag und Mittwoch verpasst. Wie sich Kriechmayr, 2019 bisher letzter österreichischer Abfahrtssieger in Wengen, ohne Training schlagen wird, ist daher offen.

Franz kämpft noch mit Abstimmung

Auf einen Spitzenplatz hofft noch Max Franz, damit seine dritten Olympischen Spiele wahr werden. Vom fünften Rang in Lake Louise abgesehen ist dem Kärntner resultatstechnisch in diesem Winter bisher nicht das gelungen, was er sich vorgestellt hat. „Heuer ist bei mir der Schuh neu. Mit dem ist mir möglich, richtig geil Ski zu fahren. Aber wenn eine neue Komponente dazukommt, macht das die ganze Abstimmung dann wieder ein bisschen schwieriger“, so der Trainingsbeste vom Mittwoch. „Wir probieren sehr viel, aber in Bormio haben wir keine Lösung parat gehabt. In Beaver Creek bin auch nicht so ins Fahren gekommen.“

Hemetsberger hält sich bedeckt

Daniel Hemetsberger möchte auch mit nach China. Wengen sei „ein legendäres Rennen“, betonte er. „Ich finde es richtig cool da. Nur bin ich normalerweise nicht der Typ, der im Flachen der Schnellste ist. Deswegen werden wir schauen, was im Rennen rauskommt“, so Hemetsberger, der sich im Vorfeld nicht weit aus dem Fenster lehnen wollte. „Mein Ziel ist beim Rennen Top 15“, sagte der Bormio-Vierte, für den die größte Schwierigkeit die Distanz der längsten Abfahrt im Weltcup ist – ca. 4.480 Meter.

Lauberhorn-Sieg auf Mayers Wunschliste

Größere Ambitionen hat Mayer, der 2020 überraschend die Lauberhorn-Kombination gewann. „Es ist auf jeden Fall auf der Liste. Wengen ist eine extrem lässige Stimmung, man ist mitten im Bergmassiv“, sagte der zweifache Olympiasieger über seinen Wunsch, einmal auch die Abfahrt zu gewinnen. Lauberhorn-Titelverteidiger ist offiziell Beat Feuz. Denn auch wenn voriges Jahr nicht in Wengen gefahren wurde, die durchgeführten Ersatzrennen firmieren als Lauberhornrennen. In Kitzbühel setzte sich der Schweizer vor Mayer und dem Südtiroler Dominik Paris durch.

Auch ein Jahr zuvor, als der Weltcup zuletzt in Wengen Station machte, gewann Feuz die Abfahrt. Ein weiterer Sieg wäre sein vierter Erfolg im Berner Oberland, womit der 34-jährige Wahltiroler alleiniger Rekordhalter in der Weltcup-Ära vor Franz Klammer wäre. Zumindest beim Auftakt am Freitag gilt aber spätestens nach seinem Super-G-Triumph am Vortag auch Weltcup-Leader Odermatt als Mitfavorit. „Das wird man sehen. Fahren tut er wie ein Wilder“, meinte der Super-G-Dritte Mayer. Odermatt wartet noch auf seinen ersten Abfahrtssieg.