Drei Hundertstelsekunden Vorsprung hatte Goggia am Freitag bei erneut perfekten Bedingungen auf die vor den Olympischen Spielen immer stärker werdende „Snowboarderin“ Ester Ledecka aus Tschechien. Die Schweizerin Lara Gut-Behrami lag als Dritte schon 0,70 Sekunden zurück.
Beste ÖSV-Dame war wie am Donnerstag als erneut Fünfte Christine Scheyer (+0,93). Die Siegerin von 2017 ist damit wohl die größte ÖSV-Podesthoffnung. Zwar überraschte Nadine Fest als Sechste und unterstrich Mirjam Puchner als Siebente, dass sie ihre gute Dezember-Form ins neue Jahr gerettet hat. Fest wollte ihr bisher bestes Ergebnis aber nicht überbewertet wissen. „Ich habe versucht, alles zu geben. Die rund um mich haben aber sicher noch nicht alle Karten aufgedeckt.“
Goggia mit Trainingsbestzeit
Die Italienerin Sofia Goggia war die Schnellste im Abschlusstraining für die Abfahrt der Damen in Altenmarkt-Zauchensee. Christine Scheyer war erneut beste Österreicherin.
Goggia Favoritin, aber nicht unschlagbar
Puchner, mit drei Podestplätzen bisher beste Speed-Österreicherin im Olympiawinter, rätselte über ihren Rückstand. „Mir gibt vor allem zu denken, dass ich oben schon so viel verliere“, wunderte sich die Salzburgerin. Sie sei aber guter Dinge. „Wenn ich einen guten Plan habe und noch ein Schäuferl nachlege, wird es schon passen.“ Dass Goggia die Favoritin sei, liege auf der Hand. „Sie zeigt seit Langem, wo es langgeht. Aber alle anderen sind willig, sie irgendwann zu biegen.“
Für die italienische Abfahrtsolympiasiegerin sprechen neben Leidenschaft auch die puren Zahlen. Goggia hat vor einem Jahr zwar die Heim-WM in Cortina d’Ampezzo verpasst, aber die letzten sieben von ihr bestrittenen Abfahrten gewonnen. Sie führt auch im Super-G-Weltcup und fährt seit Langem in Überform. Erstaunlich ist allerdings, dass ihr in Zauchensee noch ein Podestplatz fehlt.
„Heute und gestern habe ich mir mal die Piste angeschaut. Aber Samstag ist der wichtige Tag“, sagte sie und wollte ihre Trainingsergebnisse nicht überbewerten. Angesichts der Tatsache, dass bei ihr Weltcup-Trainings zumindest teilweise die normalen Speed-Übungseinheiten ersetzen, kann sich die Konkurrenz aber warm anziehen.
Besonders freut Goggia, dass erstmals seit 2014 in Zauchensee hoffentlich vom supersteilen Gamskogel aus gefahren wird. Dort beschleunigen die Frauen in vier Sekunden auf 115 km/h. „Das ist ein echter Bussistart. Super. 80 km/h wie in Val d’Isere sind viel zu langsam“, meinte die 29-Jährige.
Vorfreude bei Scheyer
Scheyer strahlte mit der Sonne über Zauchensee um die Wette. Dass sie die Strecke liebt, weiß sie seit dem Europacup 2016. Ein Jahr später hatte sie bei ihrem erst vierten Weltcup-Start erstmals gewonnen, es ist nach wie vor der bisher letzte Heimsieg der ÖSV-Frauen.
„Es ist für mich eine Instinktpiste. Ich fahre wahnsinnig gerne hier“, sagte die Vorarlbergerin. „Wenn ich Gas gebe und fehlerfrei runterkomme, ist viel drin. Die Top Fünf oder ein Podest wären dann schon das Ziel.“ Goggia zu schlagen werde natürlich schwer. „Sie ist im Moment in Hochform. Aber wenn man stresst, macht auch sie Fehler.“
Einen Fehler machte auch ÖSV-Läuferin Sabrina Maier, die nach einem heftigen Sturz aber unverletzt blieb. Am Tag der Namensneunennungen wies die pausierende Nicole Schmidhofer im Ziel schmunzelnd darauf hin, dass man intern diese Passage in Anlehnung an ein früheres Werbebanner „Blödmann-Kurve“ getauft habe.
Schmidhofer, Johnson und Shiffrin passen
Neben Schmidhofer („Den Super-G habe ich nach wie vor am Plan“) fehlen am Samstag auch die US-Amerikanerinnen Breezy Johnson und Mikaela Shiffrin. Johnson, in bisher allen drei Saisonabfahrten Zweite hinter Goggia, passt nach einer im Training erlittenen Knieverletzung.
Und während die Slowakin Petra Vlhova nach dem vorzeitigen Gewinn der Slalom-Weltcup-Kugel in Zauchensee wegen Olympia ihre Speed-Gewöhnung startet, geht Shiffrin den umgekehrten Weg. Nach ihrem Rekordsieg im Schladming-Slalom wird sie nun bis Peking offenbar keine Speed-Rennen mehr fahren.
Viel zu gewinnen hat am Sonntag im Super-G (11.30 Uhr, live in ORF1) Tippler. Die Steirerin ist mit sieben Podestplätzen in dieser Disziplin ohne Sieg „Rekordhalterin“. Österreichs letzte Super-G-Siegerin war Nina Ortlieb im Februar 2020 in La Thuile. Für den letzten Heimsieg sorgte Renate Götschl im Dezember 2006 auf der Reiteralm.