Tennisspieler Novak Djokovic im Auto am Weg zum Park Hotel in Melbourne
AP/Channel 9
Australian Open

Djokovic bis Anhörung wieder in Gewahrsam

Der von der Abschiebung aus Australien bedrohte serbische Tennisprofi Novak Djokovic ist erneut in Gewahrsam. Das teilten seine Anwälte am Samstag (Ortszeit) mit, nachdem die australische Regierung das Visum des Weltranglistenersten am Freitag ein zweites Mal für ungültig erklärt hatte. Für Sonntag 9.30 Uhr Ortszeit (Samstag, 23.30 Uhr MEZ) ist eine weitere Anhörung vor Gericht geplant. Ein Einspruch gegen dessen Entscheidung sei nicht mehr möglich.

Nach dem angekündigten Einspruch seiner Anwälte gegen die erneute Annullierung seines Visums für Australien soll dann vor dem Bundesgericht am Sonntag Klarheit über eine Teilnahme des Serben bei den am Montag beginnenden Australian Open bringen. Das entschied Richter Anthony Kelly bei einer Anhörung am Freitag. Wie australische Medien berichten, werde Djokovic bis dahin in dem Abschiebehotel verbringen, in dem er bereits nach seiner Einreise wohnen musste.

Das Bundesgericht unter dem Vorsitzenden Richter James Allsop sowie dessen Kollegen Anthony Besanko und David O’Callaghan soll nun Klarheit schaffen, ob Djokovic an den am Montag beginnenden Australian Open teilnehmen darf oder ausreisen muss. Einem Bericht der australischen Nachrichtenagentur AAP zufolge können nach der Entscheidung durch die drei Richter keine Rechtsmittel mehr gegen das Urteil eingelegt werden.

Causa Djokovic: Spieler äußern sich

Am Montag soll es eine endgültige Entscheidung geben, ob der Tennis-Weltranglisten-Erste in Melbourne spielen darf oder nicht. Während alle Augen darauf gerichtet sind, rückt das Sportliche vor dem ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres in den Hintergrund.

Das Visum des ungeimpften Djokovic war zuvor in einer persönlichen Entscheidung von Einwanderungsminister Alex Hawke ein zweites Mal für ungültig erklärt worden. Das sei gut begründet und „im öffentlichen Interesse“, hatte der Minister mitgeteilt. Djokovic ist nicht gegen das Coronavirus geimpft und deswegen eine umstrittene Person in dem Land, das seit Beginn der Pandemie harte Regeln aufgestellt hat.

Djokovic-Fans vor dem Park Hotel in Melbourne
Reuters/Loren Elliott
Auch in Australien demontrieren serbische Fans seit der Ankunft von Djokovic für dessen Einreiseerlaubnis

„Jede Minute, bevor das Turnier beginnt, ist kostbar“

Djokovics Anwalt Nicholas Wood kündigte umgehend einen Einspruch gegen die Entscheidung an und drängte darauf, keine Zeit zu verlieren. „Jede Minute, bevor das Turnier am Montag beginnt, ist kostbar“, sagte Wood bei der Anhörung vor Richter Anthony Kelly. Zugleich kritisierte der Jurist, dass die Entscheidung „irrational“ und unverhältnismäßig gewesen sei.

Richter Kelly war bereits mit dem Fall befasst und hatte am Montag wegen eines Formfehlers der Behörden zugunsten von Djokovic entschieden, nachdem dem 34-Jährigen zunächst die Einreise in Melbourne verweigert worden war.

Zuvor hatte der Immigrationsminister Hawke nach vier Tagen seine Entscheidung verlautbart. „Heute habe ich von meinem Recht, das Visum von Herrn Novak Djokovic für ungültig zu erklären, Gebrauch gemacht“, so Hawke in einer Erklärung, „und zwar auf der Basis, dass es im öffentlichen Interesse ist, so zu handeln.“ Er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und sorgfältig alle Unterlagen geprüft, die ihm die Immigrationsbehörden, der australische Grenzschutz und Djokovic vorlegten.

Causa Djokovic sorgt weltweit für Diskussionen

Bei ihrer Entscheidung weiß die Regierung allerdings die große Mehrheit der Australier hinter sich: Einer Umfrage der Mediengruppe News Corp zufolge befürworten 83 Prozent der Befragten den Versuch, Djokovic wieder des Landes zu verweisen. Die Impfquote in Australien liegt bei 91 Prozent, viele Menschen sind über Ausnahmen für Ungeimpfte empört. Sie hatten sich zudem in der Pandemie enorm einschränken müssen, als sie den weltweit längsten Lockdown über sich ergehen lassen mussten. Zuletzt stieg die Zahl der Neuinfizierten wieder stark an.

Djokovic bekämpft Visumsentzug erneut

Die Teilnahme von Novak Djokovic bei den Australian Open ist in weite Ferne gerückt. Die australische Regierung hat dem Serben das Visum entzogen. Zwar haben seine Anwälte Einspruch erhoben, die Entscheidung wird allerdings erst am Wochenende erwartet.

Ungeachtet dessen sorgt der Fall Djokovic weltweit für Diskussionen und sogar auch für diplomatische Spannungen zwischen Australien und Serbien. Zudem nahm die weltweite Debatte über Rechte für Ungeimpfte an Fahrt auf. Djokovic gilt als Impfskeptiker.

Die ersten Reaktionen von serbischen Medien spiegeln die aufgeheizte Stimmung wider. „Unglaublich, was der (australische) Minister als Begründung angibt: die öffentliche Gesundheit und das Gemeinwohl. Und das in einem Land, das täglich 150.000 Neuinfektionen hat!“, schrieb Telegraf.rs und befand: „Das ist verrückt!“. „Die Verfolgung des Novak“, schrieb Blic.rs, und Informer.rs sah eine Karikatur einer australischen Zeitung gar als Beleg für „Lynchstimmung“.

Rückendeckung aus Serbien

Rückendeckung bekam Djokovic auch vom serbischen Präsidenten. „Die Angriffe und der Druck auf Novak Djokovic, einen Bürger Serbiens, sind für mich unverständlich“, sagte Aleksandar Vucic in einer Ansprache, die er am Freitag auf Instagram veröffentlichte. Er beklagte dabei auch den „Druck, dem Serbien ausgesetzt“ sei. Doch den Serben habe man in ihrer Geschichte „Würde und Stolz nicht zu nehmen vermocht“. Seine Ansprache schloss der Präsident mit den Worten: „Es lebe Serbien! Novak, Serbien ist mit dir!“

Zu keiner Reaktion sahen sich bisher die Veranstalter der am Montag beginnenden Australian Open veranlasst. In der Auslosung auf der Website ist Titelverteidiger Djokovic auch nach wie vor als Nummer eins ganz oben angeführt. Man wird wohl zuwarten, bis Djokovic alle Rechtsmittel ausgeschöpft hat. Bleibt die Entscheidung aufrecht, dann wird der als Nummer fünf gesetzte Russe Andrej Rublew den Platz von Djokovic einnehmen und ein Lucky Loser aus der Qualifikation ins Feld aufrücken. In der Jagd nach dem Major-Rekord von 21 Titeln verbliebe somit nur noch Rafael Nadal im Feld.

Nummer-eins-Position wackelt

Ein Nichtantreten von Djokovic könnte aber auch nachhaltige Auswirkungen auf die Weltrangliste haben: Falls Daniil Medwedew oder Alexander Zverev das Turnier gewinnen, würde der „Djoker“ die Nummer-eins-Position im ATP-Ranking verlieren. Ganz unabhängig vom Ausgang der Melbourne-Saga wird auch der Rest des Tennisjahres für Djokovic zur Herausforderung, wenn er weiter ungeimpft bleibt. Es ist zumindest nicht unwahrscheinlich, dass auch andere Tennisveranstalter dem Beispiel Australiens folgen werden und nur geimpfte Spielerinnen und Spieler zulassen.