Marcel Hirscher auf der Streiff
GEPA/Wolfgang Grebien
Ski alpin

Für Superstar Hirscher schloss sich ein Kreis

Für Marcel Hirscher ist in den vergangenen Tagen ein Traum in Erfüllung gegangen. Erstmals durfte der Salzburger im Renntempo die berüchtigte Streif-Abfahrt absolvieren – wenn auch als Vorläufer und nur im ersten Training auf der Originalstrecke von ganz oben. Glücklich war er nach dem Kraftakt trotzdem. „Die gefährlichste Abfahrt zu fahren hat mir noch gefehlt. Es war supercool“, sagte Hirscher, für den sich der Kreis nun endlich geschlossen hat.

Viermal in seiner aktiven Karriere mit Platz 24 als bestem Ergebnis war er im Kitz-Super-G gestartet, in der Abfahrt betrat er Neuland. Der nun 32-Jährige gab sich zweieinhalb Jahre nach dem Ende seiner Profilaufbahn auf Abfahrtslatten keine Blöße, beeindruckte wie einst mit aggressiver Fahrweise. Optisch war zu den Spezialisten kaum ein Unterschied zu erkennen. Der Rückstand von ein paar Sekunden fiel da nicht ins Gewicht.

Als achtfacher Weltcup-Gesamtsieger hatte Hirscher auch vor dem Streif-Abenteuer nichts dem Zufall überlassen, sich akribisch vorbereitet. Der Entschluss, in Kitzbühel als Vorläufer zu starten, sei im Sommer nach der ersten Besichtigung und langer Überlegung gefallen. Langsam habe er sich im Winter ans Limit herangetastet. Wie? „Erste Fahrt Schneepflug, zweite weniger Schneepflug bis hin zu solider, kontrollierter Fahrt.“

„Hut ab vor jedem Abfahrer“

„Es ging nicht darum, schnell zu sein, sondern einfach nur darum, wirklich Spaß zu haben“, sagte Hirscher nach seinem „letzten großen Abenteuer auf Skiern“. „Dieses Erlebnis, die Erfahrung Streif, fehlte mir noch. Und für mich war klar, wenn ich jemals die Chance haben sollte, hier mitzufahren, muss ich sie nützen. Es ist ein riesiges Privileg. Hut ab vor jedem Abfahrer. Es ist schon eine wahnsinnige Herausforderung, was den Mut betrifft.“

Hirscher auf der Streif

Als Vorläufer in den Trainings und bei der ersten Streif-Abfahrt erfüllte sich Hirscher einen langjährigen Traum

Einziger Fehler seiner Karriere

In Slalom und Riesentorlauf entscheide jedes Tor über Ausfall oder Durchkommen. Aber auf der Streif habe er, wie er sagte, zum ersten Mal das Gefühl gehabt, im Einklang mit der Strecke zu sein. „Die Tore sind nur noch dazu da, um irgendeine Richtung zu weisen. Schlussendlich gibt aber die Strecke selbst deinen Rhythmus vor. Dieses Gefühl, Teil der Strecke zu sein, ist megaschön.“

Genießen konnte er die Fahrt, weil es eben für ihn nicht um Hundertstel und Sekunden ging. „Hut ab vor jedem, der hier alles rausquetschen muss, was möglich ist – beeindruckend. Jetzt verstehe ich den Abfahrtssport mehr denn je und kann ihn nachvollziehen. Es macht Spaß. Wenn ich in meiner Karriere vielleicht einen Fehler gemacht habe, dann den, zu wenige Abfahrten gefahren zu sein. Ich hätte viel weniger Rennen gewonnen, aber mehr erlebt. Jetzt kann ich ein bisschen mitreden.“

Marcel Hirscher im Zielbereich
GEPA/Thomas Bachun
Freude und Erleichterung waren Hirscher im Ziel anzusehen

Wichtige Erfahrungswerte

Die Kitzbühel-Abfahrt sei sich einst wegen des dichten Jänner-Rennplans nie ausgegangen. Schon den Super-G ohne spezielles Training zu fahren sei wild gewesen. „Jetzt aber mit dem Training davor und dem offiziellen Training war es anders. Man gewöhnt sich ja daran. Und dann macht es Spaß.“ Und wichtige Erfahrungswerte für seine Van-Deer-Speed-Skimodelle, die sich demnächst im Weltcup etablieren sollen, sammelten er und seine Crew außerdem.

Ein Weltcup-Comeback als Aktiver schloss Hirscher trotz der positiven Erfahrung aus. „Ich habe keinen Bock mehr, wieder auf Druck performen zu müssen. Es war so schön, weil es um nichts ging. Für diese Chance bin ich dem Kitzbüheler Skiclub, der das erst möglich gemacht hat, wirklich dankbar. Echt geil, ich bin richtig glücklich“, so Hirscher, der auf die Frage nach den Ursachen für seinen Rückstand lachend antwortete: „Es gibt eben diese und schnelle Beläge.“